Silent Hill: Origins
Can I play with madness?
Nachdem Survival-Horror zuvor bevorzugt in alten Herrenhäusern stattfanden, verlegte Silent Hill das Szenario 1999 in eine komplette Kleinstadt. Trotz - nach heutigen Gesichtspunkten - gruseliger Grafik und einer Nebelsuppe, die damals wohl eher auf fehlende Hardware-Power als absichtlichen Atmosphärengewinn zurückzuführen war, verzücken die Spiele seitdem ihre Fans mit knisternder Spannung und schaurigen Storys. So, als wären die Meister des japanischen Horrors mit David Lynch und John Carpenter einen trinken gegangen und hätten im Anschluss bei Konami durchgeklingelt.
In Silent Hill: Origins geht es nun also zurück zum Anfang, um der Wurzel alles Bösen auf die Schliche zu kommen. Für die Umsetzung des ursprünglich PSP-exklusiven Serien-Prequels auf die stationäre Schwester hat man sich nicht gerade ein Bein ausgerissen: Das albtraumhafte Abenteuer von Trucker Travis, der einem mysteriösen Mädchen folgt und im scheinbar ausgestorbenen Städtchen landet, ist quasi eine 1:1-Portierung. Inklusive aller Stärken und Schwächen.
Doch sobald im interaktiven Vorspann die Gänsehaut erzeugende Musik von Stammkomponist Akira Yamaoka einsetzt, kann man sich sicher sein, als Silent-Hill-Fan das zu bekommen, was man an der Reihe so schätzt - ein wohliges und subtiles Schaudern, das sonst nur ein guter Horror-Film erzeugen kann.
Das ist auch gut so. Denn seien wir ehrlich: Aus spielmechanischer Sicht zieht Silent Hill: Origins heutzutage keine Wurst mehr vom Teller. Die Optik ist angestaubt. Die Steuerung schwerfällig wie eh und je. Und das "Finde A und benutze es bei B"-Schema kommt einem ebenfalls sattsam bekannt vor.
Travis' Jackentaschen sind zudem ein Traum für jeden Physiker, denn wie in einem Schwarzen Loch verstaut er dort mühelos Toaster, Vorschlaghämmer und Fernsehgeräte. Alles Gegenstände übrigens, mit denen man sich vorzugsweise gegen die grässlichen Gegner-Geschöpfe zur Wehr setzen sollte. Manchmal will allerdings auch ein Quick-Time-Event (wie kreativ) erfolgreich bestanden werden.
Abgerundet wird das klassische Gebräu mit den üblichen Rätseln, deren Lösung man meist in Dokumenten sowie durch gründliches Absuchen der Umgebung findet. Aufgrund der trotz Taschenlampe durchdringenden Dunkelheit, starrer Kameraperspektiven und nicht allzu hoher Texturqualität ist es leider oft schwer, wichtige Gegenstände oder Heiltränke zu erspähen. So hämmert man mitunter einfach nur manisch auf den X-Button. In der Hoffnung, dass Travis auch auf jeden Fall alles von Bedeutung einsammelt.
Ein Silent Hill definiert sich über seine Atmosphäre - Origins ist da keine Ausnahme. Wenn entstellte Kreaturen ihre Klagegesänge quäken, die Umgebung wie Meister Proppers persönliche Hölle aussieht und sich die disharmonische Musik ins Hirn frisst, bekommt auch der hartgesottenste Spieler weiche Knie. Der von Martin im Test der PSP-Version angesprochene Kritikpunkt gilt aber logischerweise auch hier: Durch den fixen, kontrollierbaren Übertritt in die Dimension des Wahnsinns fehlt das Überraschungsmoment. Nie landet Ihr unvorbereitet im Land, wo Blut und Eiter fließen.
Habt Ihr Origins bereits auf der PSP gespielt, könnt Ihr Euch das Geld für das kommende Silent Hill: Homecoming aufsparen, denn beide Versionen gleichen sich wie eine Zombie-Krankenschwester der anderen. So entscheidet letztendlich der persönliche Geschmack, auf welcher Plattform Ihr der idyllischen Ortschaft einen Besuch abstattet. Die PS2-Variante profitiert vom größeren Bildschirm, lässt sich dafür aber nicht unter der Bettdecke spielen (oder in Bus und Bahn, was aber sowieso jegliche Atmosphäre killt).
Unterm Strich bleibt ein Spiel für Fans, mit dem sich Neulinge aufgrund der angesprochenen Punkte schwer tun könnten. Denn so gut Story und Ambiente in Origins auch sind, ewig wird sich die Reihe damit nicht über Wasser halten können.
Silent Hill: Origins steht bereits in den Händlerregalen.