Silent Hill: Shattered Memories

Wie beantwortet ihr die Fragen des immer wieder auftauchenden Psychiaters? Betrachtet ihr euch ausführlich ein Pin-Up, das an der Wand hängt? Gebt ihr an, mal bei einem Gläschen Alkohol besser entspannen zu können? All das wird vom Spiel berücksichtigt. Dabei kommt ihm sein relativ überschaubarer Umfang von ca. sechs bis sieben Stunden sogar zugute: Der Wiederspielwert ist durch all diese Feinheiten enorm hoch und so ziemlich jeder Spieler wird Silent Hill: Shattered Memories etwas anders erleben.

Darüber hinaus wurde Shattered Memories spielerisch perfekt auf die Wii zugeschnitten. die Steuerung mit WiiMote und Nunchuck fühlt sich vom ersten Moment an absolut intuitiv und natürlich an. Die Pointer-Funktion dient zum Beispiel, wie der rechte Stick bei vielen PS3- und Xbox-360-Spielen, der Kamerakontrolle, gleichzeitig bewegt ihr so aber auch Harrys Taschenlampe, ohne die ihr in den meisten Szenarien aufgeschmissen seid. Die Schattenwürfe füllen die oft bewusst trostlosen 3D-Szenarien mit Leben. Da klassische Kampffunktionen entfallen, ist die Steuerung angenehm unkompliziert. Nur wenn euch auf der Flucht doch mal ein Monster zu fassen kriegt. wird die Wegstoß-Bewegung nicht immer sofort erkannt. Ein Beinbruch ist das aber nicht.

Besonders gut wurden die Menüfunktionen gelöst: Sämtliche Auswahlmöglichkeiten – Karte, Optionen, Speichern, bedient Harry mit seinem iPhone-artigen Handy. Das nutzt die WiiMote-Eigenschaften auf vorzügliche Weise: Wenn es klingelt, kommt der Klingelton direkt aus den WiiMote-Lautsprecher und ihr haltet das Gerät wie ein echtes Mobiltelefon ans Ohr. Auch Fotos macht ihr per Handy. An manchen Stellen weist euch das altbekannte Statik-Geräusch auf besonders starke übernatürliche Schwingungen hin: Ein kurzer Knipser und ihr könnt die Ursache lokalisieren, erfahrt wieder einen weiteren Happen über euch selbst, Silent Hill und seine Bewohner.

Die Stimmung von Silent Hill: Shattered Memories unterscheidet sich stark von den Vorgängern. Die legten es stets darauf an, euch mit verstörenden Bildern und Klängen zu ängstigen und euch mit bizarren Kreaturen zu verstören. Shattered Memories setzt dagegen eher auf eine unterschwellige Anspannung. Das Spiel konfrontiert euch immer wieder mit überraschenden Elementen. Mit manchem Foto, mancher SMS und manchem Anruf könnt ihr zunächst wenig anfangen, erst im Gesamtkontext ergibt alles auf einmal einen Sinn. Dabei wird euch die Lösung nicht auf dem Silbertablett serviert... Shattered Memories ist ein Spiel, das Aufmerksamkeit und Mitdenken seitens des Spielers erwartet.

Kontraproduktiv ist dabei nur die ziemlich strikte Trennung zwischen Adventure- und Fluchtsegmenten. Erforscht ihr eure Umgebung, könnt ihr das in aller Ruhe tun und sicher sein, dass ihr nicht angegriffen werdet. Erst wenn sich das Eis über Silent Hill legt, wird es gefährlich. Diese Berechenbarkeit nimmt dem Spiel leider einen Teil seiner Spannung, auch wenn die dieses Mal nicht im Zentrum des Geschehens steht.

Keine Frage, Silent Hill: Shattered Memories wird zunächst nicht jedermanns Sache sein. Der veränderte spielerische Fokus und der Verzicht auf den klassischen Rost-Look könnte manchem Veteranen zunächst sauer aufstoßen. Doch gerade hier lohnt es sich, wenn man dranbleibt. Mit der Zeit entfaltet das Spiel seine wahren Qualitäten und fesselt euch mehr und mehr vor den Bildschirm.

Das neue Silent Hill ist mutig, ehrgeizig und ziemlich durchdacht. Und für mich persönlich hat sich das Risiko ausgezahlt, das Konami eingegangen ist. Shattered Memories haucht der stagnierenden Serie auf faszinierende Art neues Leben ein. Natürlich ist auch bei diesem Neuansatz nicht alles perfekt, trotzdem sollten anspruchsvolle Spieler dieses faszinierende Abenteuer auf alle Fälle gespielt haben – bei einem Preis von etwa 30 Euro gibt es da eigentlich keine Ausreden. Ähnlich wie Quantic Dreams Heavy Rain erweitert auch Silent Hill: Shattered Memories spielerisch und thematisch das klassische Bild des Videospiels. Lasst es euch nicht entgehen!