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Silent Hill: Shattered Memories

Die Vergangenheit ist relativ

Die Idee geht über den Fragebogen hinaus. Auch Aktionen werden euren Aufenthalt in der Kleinstadt verändern. Beispiel: Ihr betretet eine Bar. Dort gibt es Zeitschriften, ein paar Baseball-Bilder an der Wand und ein Poster mit einer halbnackten Frau. Jetzt checkt das Spiel genau, was ihr zuerst betrachtet. Ist es das Poster mit der Frau, wird ein anderes Geschäft, auf das ihr später trefft, vielleicht ein Strip-Club. Oder eben ein Sportgeschäft, wenn ihr die Baseball-Fotos der nackten Frau vorzieht. Eure Handlungen werden das Spielerlebnis so maßgeblich verändern.

Neben der Taschenlampe ist Harrys zweiter wichtiger Ausrüstungsgegenstand sein Mobiltelefon. Es bietet neben einer Karte der Stadt natürlich auch die Möglichkeit, Leute anzurufen. Im fertigen Spiel soll dann jede erkennbare Telefonnummer, die man in der Stadt findet, auch wählbar sein. Ruft man tatsächlich jemanden an, kommt der Sound des Telefons nicht aus den Boxen eures Flatscreens, sondern aus dem Mikro der Wiimote. Um wirklich alles zu verstehen, muss man sie sich nah ans Ohr halten. Passt zur Atmosphäre, sieht eventuell etwas albern aus. Aber zum Glück spielt man ja Silent Hill meistens alleine und im Dunkeln.

Deutlich unheimlicher funktioniert der eingebaute Fotoapparat. Immer wieder stößt Harry auf Orte, die scheinbar eine metaphysische Präsenz besitzen oder sonst wie mit negativer Energie beladen sind. Hier kann man dann mit der Kamera Sachen, wie zum Beispiel eine Schaukel, fotografieren.

Zum Glück ist das kein iPhone, sonst wär der Akku nach ein paar Stunden leer.

Auf dem fertigen Foto ist dann plötzlich der vorher nur schemenhaft erkennbare Geist eines Kindes jetzt deutlich zu sehen. Zusätzlich hat man noch eine neue Nachricht auf seiner Mailbox. Und zwar von genau jenem Kind. Durch diese sammelbaren Hinweise setzt sich langsam die Hintergrundgeschichte der Stadt und ihrer unangenehmen Einwohner zusammen.

Aber die Wii-spezifische Steuerung kommt auch klassischer zum Einsatz, ohne dabei zu nerven. Ist eine Tür mit einem Bolzen verschlossen, müsst ihr den schon selber anheben und entfernen. Nichts, was wirklich den Spielfluss stört, da sich diese Einlagen bisher in Grenzen halten. Ein Rätsel, auf das ich während meiner kurzen Probespielzeit gestoßen bin, zeigte auch andere, klassischere Wii-Adventure-Mechaniken. Ich stehe vor einer verschlossenen Tür und ein paar Meter weiter sind drei leere Bierdosen. Nachdem ich vergeblich versuche, sie zu stapeln, in der Hoffnung, dass das die Lösung des Rätsels sei, höre ich plötzlich aus einer Dose ein klapperndes Geräusch. Also hochgenommen und Wiimote umgedreht und schon fällt ein Schlüssel raus und die Tür ist geöffnet.

Keine Frage, die Innovationen liegen deutlich im Gameplay und so ist Silent Hill: Shattered Memories grafisch immer noch ein Wii-Game. Allerdings ist der so ikonische Nebel diesmal einem Schneesturm gewichen, so dass jetzt Schneeberge des Öfteren euren Weg versperren. Durch diese visuelle Begrenzungen wird die Sichtweite beschränkt und die Wii kann die Framerate locker halten.

Die Angst vor dem Blut schafft Angst für das Fleisch. Auch im Schnee.

Ansonsten waren die gesehenen Locations sehr detailverliebt, atmosphärisch dicht und auch das Voice Acting bewegt sich wieder locker auf Kinoniveau. Also so, wie man es gewöhnt ist. Zu guter Letzt ist obendrein auch der Soudtrack wieder von Akira Yamaoka und begleitet das Drama musikalisch mit der erprobten, aber perfiden Mischung aus Angst, Geheimnis und Verlust.

Die Skepsis war groß. Und als Fan der Serie weiß ich, wovon ich spreche. Doch abgesehen von der bislang leicht schwammigen Steuerung, scheint die Neuinterpretation von Silent Hill 1 auf einem guten Weg zu sein. Zwar entfernt sich die Serie langsam aus der Hardcore-Survival-Ecke und bewegt sich in Richtung interaktive Horror-Geschichte, aber eigentlich, so scheint es, konzentriert man sich dabei nur auf seine Stärken. Ob der Wechsel wirklich funktioniert, ist genau so schwer zu einzuschätzen wie die Reaktion der Fans auf die Neuerungen. Merkt der Spieler wirklich, ob die Welt sich durch seine Entscheidungen verändert? Und wenn nicht, macht es dann überhaupt einen Unterschied?

Trotzdem, auf keinen Fall handelt es sich hier um einen weiteren unterdurchschnittlichen Wii-Port einer bekannten Lizenz. Und wenn die digitale Profilerstellung funktioniert, und die Flucht vor den Monstern in Kombination mit der Steuerung einigermaßen frustfrei ist, könnte Silent Hill über zehn Jahre nach seiner Erfindung das Genre endlich wieder grundlegend beeinflussen.

Silent Hill: Shattered Memories erscheint für Nintendo Wii voraussichtlich im November 2009. Leicht abgewandelte PSP- und PS2-Versionen folgen.

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