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SimCity: Fünf kuriose Städte in fünf furiosen Stunden

Von dystopisch-dysfunktional und Kornkreis-konzentrisch bis fantastisch-fragmentiert und werbetechnisch-wirksam.

Ihr baut bereits Städte? Dann schaut doch in unsere Sim City Tipps.

Ob ich das zweite Beta-Event von SimCity übernehmen will? Ist der Papst ... ähm ... zurückgetreten? Jedenfalls eine rhetorische Frage. Natürlich will ich. Doch nach der wiederholten Lektüre von Alex' Bericht zum ersten Beta-Event hatte ich ein schlechtes Gewissen.

Meine zu erwartenden 24 Stunden im Sim-City-Reboot nähmen sich ja direkt großzügig aus angesichts der einstündigen Probespiele, die Maxis und EA den Testern beim ersten Event zumuteten. Aber zu früh gefreut, beziehungsweise etwas falsch verstanden: Mehr als 60 Minuten blieben auch mir nicht, ein Dorf zur Metropole auszubauen, bevor es im Nirvana verschwand und ich neu starten musste. Da war eine kreative Lösung gefragt, wenn der Artikel nicht völlig für den Schredder sein sollte. Also präsentiere ich euch im Folgenden fünf Städte aus meiner Beta-Bürgermeisterei, von total bekloppt bis überraschend erfolgreich.

Doch vorher ein paar Worte zu den Bedenken, die man seitens der Sim-City-Community in letzter Zeit häufiger gehört und gelesen hat. Die sind nicht aus der Luft gegriffen - so jedenfalls mein Eindruck nach dem Probespiel. Die Kartengröße pro Stadt wirkt zum Beispiel mickrig, vergleicht man sie mit den Vorgängern. Das habe unter anderem technische Gründe, wie die Macher in aktuellen Interviews versichern. Da jetzt jedes kleine Detail, ob Mensch, Auto oder Gebäude, in Echtzeit simuliert wird, habe man die Kartengröße reduzieren müssen - schließlich solle das Spiel auch auf durchschnittlichen Rechnern laufen. Außerdem will man sich mit SimCity sowieso vom Prinzip der gigantischen Mega-Metropolen verabschieden. An deren Stelle tritt ein Nachbarschafts-Netzwerk kleinerer spezialisierter Städte, die ein Bürgermeister alleine oder gemeinsam mit anderen Spielern aufbaut.

Als Verwalter zweier Städte kümmere ich mich zwar weiterhin nur um eine Metropole, doch die derweil schlummernde City bleibt als Einfluss-Faktor aktiv. Nach dem Motto: Stadt A hat die Müllabfuhr und die Industrie, Stadt B die Krankenhäuser und die prallen Wohngebiete. Dazwischen wird gependelt. Bei mehreren Spielern lässt sich durch derartige Synergien gutes Geld verdienen: "Meine Müllwagen sollen deine Tonnen leeren? Das kostet was. Und ich will etwas Kohle aus deiner Mine für mein Kraftwerk oben drauf." Dabei soll es übrigens keine Rolle spielen, ob die Nachbarn gerade offline sind - Stichwort "Asynchronität". Bei Browserspielen funktioniert das System, also warum nicht auch bei SimCity? Soweit die Theorie.

Skeptische Bürgermeister, Cash-Shops und Online-Zwänge

In den Foren zweifeln trotzdem viele Fans, dass dieses Konzept der kleinen Städte in der Praxis aufgeht. Auf das Mehrspieler-Gedöns würden wohl viele zugunsten von Millionen-Metropolen der alten Schule pfeifen. Die kurze Beta hat meine eigenen Bedenken in der Hinsicht ebenfalls nicht zerstreut. Bei mehreren Anläufen wurde ich unsanft von der Kartengrenze gestoppt - und das bei nur einer Stunde Spielzeit. Außerdem fand ich es wenig sexy, zwischen meinen Städten wie zwischen Speicherständen hin- und her zu wechseln. Ich bleibe also vorerst skeptisch, lasse mich aber gern eines Besseren belehren.

Die kleinen Maps sind freilich nicht das einzige Problem, das die Fans derzeit umtreibt. Der offenbar von Maxis geplante In-Game-Shop ist noch so ein Aufreger. Ans Licht kam er durch ein mysteriöses Handbuch zum Spiel, das im Internet aufgetaucht war. Eine offizielle Ankündigung der Macher steht noch aus. Bestritten wurde der Plan jedoch auch nicht. Somit droht ein weiteres Haar in der Suppe, das noch für reichlich Diskussionsstoff sorgen dürfte. Ganz zu schweigen von der obligatorischen Online-Verbindung. Damit macht sich sowieso kein Publisher Freunde. Ich hatte während der zweiten Testphase auch diverse Probleme damit. Offenbar gingen die Server unter dem Ansturm der Beta-Bürgermeister binnen Minuten in die Knie - nach meiner ersten Stadt konnte ich mich nicht erneut einloggen. Erst am nächsten Morgen kam ich wieder ins Spiel. Und laut Forum stand ich damit nicht alleine da. Bitte, Maxis und EA, lernt daraus und macht es zur Veröffentlichung besser.

Bei mehreren Anläufen wurde ich unsanft von der Kartengrenze gestoppt - und das bei nur einer Stunde Spielzeit.

Hält Sim City 5, was es verspricht?

Aber genug Stirnrunzeln für heute. Jetzt wird es Zeit für städteplanerische Meisterwerke und Beton-gewordene Katastrophen. Naja, fast. Denn so wirklich zugrunde richten konnte ich keines meiner Projekte, selbst wenn ich es wirklich mit Herzblut darauf angelegt habe.

Straßenhausen

Oder: Es ist gar nicht so einfach, eine Stadt an die Wand zu fahren

Für dieses Experiment in praktischem Sadismus mied ich jeden Funken Kreativität und bepflasterte die Karte mit einem rechteckigen Raster aus Straßen, ohne das Kurven-Tool auch nur eines Blickes zu würdigen. Vor allem schnell sollte es gehen. Ich wollte möglichst viele Einwohner nach Schema-F anlocken (Wohngebiete im Osten, Gewerbe-Gebiete in der Nähe, Industrie im Westen), um sie dann in den neunten Kreis der Hölle zu stürzen. Gotham und Sin City sollten Kinderspielplätze sein, verglichen mit meinem Straßenhausen.

Mein diabolischer Plan: Zuerst ein paar Klärwerke und die Industrie im Grundwasser-Gebiet auf Hochtouren laufen lassen, bis das nahgelegene Wasser-Reservoir nur noch braune Brühe pumpt. Dann die Kläranlagen abschalten, bis die Suppe in der ganzen Stadt aus den Gullies sprudelt. Zu guter Letzt die Krankenhäuser einstampfen, um die Bevölkerung mit Seuchen zu malträtieren. Feuerwehren, Polizei, Müllabfuhr - machte ich genauso dicht. Das Ziel: eine Stadt, die in ihrem eigenen Kot erstickt. Eine Stadt, deren Straßen nachts von Zombies und Mördern heimgesucht werden. Eine Stadt, die spätestens nach 50 Minuten keine Einwohner mehr übrig hat, die vor dem Rathaus demonstrieren könnten.

Für dieses Experiment in praktischem Sadismus mied ich jeden Funken Kreativität und bepflasterte die Karte mit einem rechteckigen Raster aus Straßen.

Quadratisch, praktisch, grottenschlecht - das war jedenfalls mein Plan für Straßenhausen. Nicht einmal eine Alien-Invasion schaffte es, diese Stadt in den Ruin zu treiben.

Doch wie sich zeigen sollte, sind die Sims hart im Nehmen. Das Wasser und die Böden in der Stadt wurden immer toxischer und es gab tatsächlich ein paar Todesfälle mehr zu beklagen, doch die erhoffte Apokalypse blieb aus. Demonstranten belagerten das Rathaus, doch die Zufriedenheit der Bevölkerung blieb überraschend hoch. Zombieseuche? Gab es genau eine Nacht lang. Danach war sie vorbei. Dystopische Zustände? Ein paar Gebäude brannten aus. Wow. Als plötzlich die Aliens landeten, schöpfte ich Hoffnung, doch auch die grauen Männchen sprengten nur ein paar Häuser, bevor sie wieder ins All verschwanden. Nicht einmal auf Aliens kann man sich mehr verlassen. Dann war die Stunde auch schon rum und ich des Misswirtschaftens müde. Den nächsten Höllenpfuhl verschiebe ich auf die Zeit nach dem Release.

Snipertown

Oder: Kornkreise locken doch keine Aliens an

Die Außerirdischen ließen mir keine Ruhe. Also griff ich für mein nächstes Projekt exzessiv zum Kreis-Straßen-Tool. Ein bisschen kreativ den Zirkel geschwungen, und im Nu entstand diese Stadt, deren Aufbau jeden Kornkreis-Fan verzücken sollte. Oder jeden Scharfschützen. Ursprünglich wollte ich die Industriegebiete rund um den belebten Kern aus Wohn- und Gewerbegebieten drapieren, um die Bevölkerung mit Luftverschmutzung zu quälen - so ganz hatte ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, eine Stadt ins Verderben zu führen. Doch die Zufriedenheit der Bewohner dieser Kreisstadt entpuppte sich als unerschütterlich.

Jeder Außerirdische wäre stolz auf solche Kornkreise. Obwohl die Industrie-Anlagen nahe an den Wohngebieten lagen, beschwerte sich kaum jemand über die Luftverschmutzung.

Abgase schienen die Sims in Snipertown kein bisschen zu stören. Nonstop riefen die Bürger nach mehr Wohnraum. Also baute ich kleine Satelliten-Siedlungen um den zentralen Kreis herum. Ich sorgte sogar für ausreichend Parkanlagen, Spiel- und Grillplätze, um ein ausgewogenes Verhältnis der verschiedenen Einkommensschichten zu erhalten. Trotzdem es gelang mir nicht, den Bedarf an Wohnraum zu decken. Dafür ging mir irgendwann das Straßen-Tool mächtig auf den Zeiger. Das versucht ständig, sich automatisch an Hilfs-Linien zu orientieren, was manchmal hervorragend klappt, bei konzentrischen Kreisen jedoch häufig versagt. Vielleicht fehlt mir auch einfach noch die Übung. Jedenfalls blieb Snipertown von Katastrophen verschont und ging in die Geschichte ein als spannend anzusehen, doch im Grunde stinklangweilig.

Kleinteiltopolis

Oder: Schornsteine brauchen Platz

Eine alte Weisheit aus den vorangegangenen Sim-City-Teilen lautet, dass es immer auf die richtige Mischung der verschiedenen Zonen ankommt. Was aber, wenn man sie wild drauflos mischt? Ich probierte also, möglichst mit jedem Klick ein anderes Gebiet zu platzieren. Immer abwechselnd Wohn-, Gewerbe und Industriegebiete zu setzen. Selten wurde mein Zeigefinger von einem Aufbauspiel derart strapaziert. Doch es sollte sich lohnen. Die Wohn- und Gewerbegebiete florierten wie in kaum einer anderen Stadt. Die Zufriedenheit der Bürger war beispiellos. Nach einem etwas schleppendem Anfang mutierte Kleinteiltopolis zu einer echten Vorzeige-Metropole. Allein, die Industrie wollte nicht wachsen. Kein einziges der gelben Felder wurde richtig genutzt.

Eine alte Weisheit aus den vorangegangenen Sim-City-Teilen lautet, dass es immer auf die richtige Mischung der verschiedenen Zonen ankommt.

Der reinste Flickenteppich. Trotzdem waren Gewerbe- und Wohngebiete der Renner. Ich weiß leider nicht, ob die Burger-Bude nach dem Bau der Schule aufmachte oder schon da war.

Beim Zoomen erkannte man haufenweise leere Container, Gas-Tanks und Schuppen auf den Plätzen. Keine kleinen Manufakturen, keine Bastler in winzigen Garagen, einfach nur sinnlose Fläche. Nur eine Handvoll Industrie-Anlagen, die ich aus Faulheit nach regulärem Muster entlang der Verbindungsstraße zum Kraftwerk im Süden platziert hatte, gingen durch die Decke. Offenbar muss man bei Fabriken immer mehrere Felder nebeneinandersetzen, sonst hat es sich mit dem Wachstum. Sehr lehrreich. Um das zu würdigen, baute ich die Bildung in der Stadt massiv aus. Dass die Schule direkt gegenüber eines Fast-Food-Restaurants lag, störte die Eltern übrigens nicht. Ob Maxis auch adipöse Kinder simuliert? Um das herauszufinden, reichte die Zeit leider nicht.

Eurogameristan

Oder: Was heißt hier Schleichwerbung?

Zu meinem nächsten Projekt muss ich eigentlich nicht viel sagen. Es spricht in riesigen Lettern für sich selbst. Aber Spaß beiseite: Mit den Straßen-Tools kann man eine ganze Menge anstellen, sofern man die gelegentlichen Aussetzer sportlich nimmt, die durch Platzierungshilfen oder frickelige Handhabung passieren. Manchmal sind dem System die Winkel zu spitz oder die Kreuzungen zu dicht beieinander, ansonsten ist SimCity erfreulich flexibel.

Mit den Straßen-Tools kann man eine ganze Menge anstellen, sofern man die gelegentlichen Aussetzer sportlich nimmt, die durch Platzierungshilfen oder frickelige Handhabung passieren.

Irgendwie will mir dieses Screenshot etwas sagen. Nur was? Die Tools zur Straßenführung sind nicht immer perfekt, aber ermöglichen einige Kunstwerke.

Bei dieser Stadt fühlte ich den verschiedenen öffentlichen Einrichtungen ein wenig mehr auf den Zahn. Dass ein Polizeirevier, eine Feuerwehrzentrale oder ein Krankenhaus automatisch die ganze Stadt abdeckt, ist zwar praktisch, doch um die öffentliche Ordnung effektiv zu wahren, sollten es schon mehrere Zentralen mit genügend Fahrzeugen sein. Die verschiedenen Statistik-Ansichten helfen einem bei der richtigen Platzierung. Praktisch ist außerdem ein Busnetz. Bei jeder Haltestelle seht ihr dank grüner Flächen, wie viel von der Karte sie abdeckt. So lässt sich ein engmaschiges Netz aus Buslinien ohne großen Aufwand realisieren - die staugeplagten Sims werden es einem danken. Vor allem ins zentrale Gewerbegebiet pilgerten die Bewohner sehr gerne - wen wundert es bei einer derart attraktiven Straßenführung? Gegen Ende der Stunde kratzte meine Bevölkerung an der 37.000er Marke, bevor auch diese Beta-Runde erzwungenermaßen vorbei war.

Bergstadt

Oder: Wozu brauch ich das Kaff in der Beta noch mal?

Beim Blick auf die Übersichtskarte von Kap Trinitas fiel mir bald ein benachbartes Quadrat ins Auge. Als ich merkte, dass ich den Ort beanspruchen durfte und dass dort haufenweise Bodenschätze schlummerten, kannte ich kein Halten mehr. Sofort wurde der Flecken annektiert und "Bergstadt" getauft. Ich malte mir aus, wie ich in der ersten Stadt ein Kasino für die fleißigen Bergleute errichten würde, die wiederum Öl und Kohle aus dem Berg fördern würden. Flugs baute ich eine Zufahrtsstraße auf das Hochplateau, wo die Bodenschätze lagen. Jetzt hieß es warten, bis die Konzession für ein Bergwerk auf dem Bildschirm aufploppte - wie das schon zuvor beim Kasino der Fall war, um mich auf die mögliche Spezialisierung hinzuweisen. Und tatsächlich: Ich bekam die Erlaubnis zum Bergbau.

Erlaubnis hin oder her - in der Beta könnt ihr noch keine Bergwerke bauen. Synergien zwischen den Städten aufzubauen, wird in SimCity extrem wichtig.

Doch ätsch - in der Beta durfte man nur ein Kasino bauen. Andere Spezialisierungen waren nicht vorgesehen. Na toll. Damit wurde das Bergkaff überflüssig. Ich probierte zwar noch die Option aus, Hilfsfahrzeuge in die Nachbargemeinde zu entsenden, doch das war auch schon alles, was sich mit dem neuen Territorium anfangen lies. Wenigstens kann man grob erahnen, wie sich Maxis das Feature gedacht hat - Spezialisierungen sollen das Salz in SimCity werden. Ob das im fertigen Spiel die Massen von den Stühlen reißt, muss sich freilich erst zeigen. Lange dauert es nicht mehr. Ab 7. März soll das Spiel in den Regalen stehen.

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Frank Erik Walter Avatar
Frank Erik Walter: Tagsüber arbeitet Frank als freier Journalist. Nachts jagt er seit 2010 flüchtige MMOs für Eurogamer.de und die MMO PRO. Skittles und Tetris sind sein Kryptonit.
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