Siren: Blood Curse Chpt. 1-3
Lass' die Sirenen singen...
Schon bald offenbart Siren aber seine ganz eigenen Züge. Der Spieler ist kein schwer bewaffneter Commando, der mit schweren Kampfstiefeln reihenweise Zombiehintern breitknetet, sondern Otto Normal, der keine Ahnung hat, wie er in dieses Höllenloch hinein geraten ist. Diese Prämisse mag man schon von Silent Hill kennen, allerdings kommt sie in den ersten drei Kapiteln von Siren noch viel stärker zur Geltung.
Fast immer ist man unbewaffnet, muss geduckt durch feindselige Umgebungen schleichen, ja sogar das Licht der Taschenlampe löschen, um nicht aufzufallen. Früher oder später entspinnt sich ein wahnsinnig spannendes Versteckspiel mit den wirr plappernden, halb lebendigen, halb toten Hüllen der Hanuda-Bewohner. In alten Schränken, zugigen Spinden, rostigen Heizöfen oder unter klapprigen Eisenbetten sucht Ihr Zuflucht und lunzt dann aus schmalen Öffnungen zurück in den Raum hinein, um zu sehen, ob Ihr Euren Verfolger abschütteln konntet.
Die neue Havok-Physik sorgt dafür, dass Ihr auf Eurem Weg durch die offenen, im Prinzip aber immer linearen Umgebungen dabei sehr aufpassen müsst, nicht alte Flaschen, Eimer oder sonstigen Unrat umzustoßen. Denn unnötiges Getöse zieht natürlich ebenfalls die Aufmerksamkeit der unheimlichen Shibito, der „Leichen-Leute“, auf Euch.
An gewissen Stellen ist es allerdings durchaus ratsam, die wandernden Kadaver durch gezielten Radau von ihren Positionen zu locken. So zieht Ihr in der Küche etwa eine Eieruhr auf, deren schrilles Klingeln selbst für tote Lauscher unüberhörbar ist und betätigt im verfallenen Krankenhaus den Schwesternruf oder einen OP-Monitor. Da das Spiel von vorne bis hinten auf Bildschirmanzeigen wie Kompassnadeln oder einen Radar verzichtet, bedienen sich die Protagonisten einer speziellen Fähigkeit, um die Anzahl und Position Ihrer Häscher zu bestimmen. Drückt Ihr die L2-Taste hinunter, spaltet sich das Sichtfeld auf, während Ihr Eure Sicht mit dem rechten Stick justiert, bis Ihr sie auf die Frequenz eines Gegners eingestellt habt, ihn also in der Bildschirmmitte markiert habt.
Dies funktioniert selbstverständlich auch durch Wände und über verschiedene Etagen eines Gebäudes hinweg. Ist einer der Shibito erfasst, erscheint dessen Sichtfeld auf der anderen Seite des übernatürlichen Splitscreens. Auf diese Weise könnt Ihr seine Patrouillen-Route auskundschaften, sehen, was er sieht und hören, was er hört. Und sagt.
Durch dieses „Sight Jacking“ gewinnt das Spiel nicht nur an Übersicht, sondern auch an Spannung und Atmosphäre. Die Shibito sind nicht austauschbares Kanonenfutter, stattdessen lebt jeder von ihnen die spärlichen Reste seiner Individualität aus und geht auch als Untoter noch Rudimenten seines ursprünglichen Lebens nach.
Blickt Ihr durch die blutenden Augen eines der Besessenen, brabbelt, kichert und gluckst dieser auf japanisch (mit Untertiteln) verrückt vor sich hin und gibt damit ein mindestens trauriges wie gruseliges Bild ab. Der Cop lallt ein „Verstanden... Feuer frei!“ in sein längst für immer verstummtes Funkgerät und die Krankenschwester zirpt in den Korridoren des verwüsteten Hospitals etwas davon, dass sie zu tun hätte.
In den knapp 2 bis 3 Brutto-Spielstunden des ersten Viertels setzt Ihr den unseligen Existenzen der Shibito eher selten ein Ende. Das liegt zum einen daran, dass Ihr nicht immer das passende Werkzeug parat habt. Und selbst wenn Ihr über eine Sichel, Beil, Sakeflasche oder Schaufel stolpert, solltet Ihr nur im absoluten Notfall in den Nahkampf gehen. Könnt Ihr nicht den ersten Treffer landen, seid Ihr geliefert. Wer sich aber mit Erfolg an einen beschäftigten Untoten heranpirscht, drückt die R1-Taste besonders lang für einen starken Schlag und deckt den Feind danach, falls notwendig, mit schnelleren Schlägen ein.