Skulls of the Shogun – Test
Frische Ideen sind immer gut. Nur sinnvoll sollten sie auch sein.
Wenn man über die Qualität eines Spiels nachdenkt, ist der generelle Eindruck, den ein Titel nach der finalen Spielminute hinterlässt, sicher wichtig. Noch interessanter sind allerdings die Erinnerungen, die in den kommenden Monaten und sogar Jahren bleiben. Ob nun gut oder schlecht spielt dabei keine Rolle. Einprägsam muss das Erlebnis sein. Und ich weiß bereits jetzt, dass Skulls of the Shogun in wenigen Wochen komplett aus meinem Gedächtnis verschwinden wird.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Obwohl es sich bei dem Indie-Titel um ein gutes Spiel handelt, bietet es jedoch keine wirklich eigene Identität. Alle Elemente ziehen klare Bezüge zu älteren, besseren Spielen. Das beginnt bereits bei der Optik. Vor fünf Jahren hätte ich den schlichten, aber stilistisch gelungenen Comic-Look noch gelobt. Mittlerweile fällt es mir schwer, überhaupt ein klares Bild im Kopf von diesem abzurufen. Es verschwimmt schlicht mit vielen anderen, ähnlichen Titeln und bietet keinen eigenen Zeichenstil, etwa den eines Castle Crashers oder Super Meat Boy.
Ebenso der Humor. Aufmüpfige Charaktere, die gerne Popkultur-Referenzen ausspucken oder sich gegenseitig Beleidigungen an den Kopf werfen, lassen sich von Konkurrenten wie Raskulls kaum unterscheiden. Kein Satz konnte mir auch nur ein Schmunzeln abringen und irgendwann übersprang ich die Dialoge einfach. Nicht, weil ich sie besonders schlecht fand, sondern weil ich das ständige Gefühl hatte, jeden Kommentar der Figuren schon einmal gehört zu haben. Außerdem sollte es langsam in die Köpfe aller Entwickler vordringen, dass eine Anspielung ohne Kontext nicht lustig ist.
Beim Gameplay orientiert sich Skulls of the Shogun stark an Advance Wars und Fire Emblem. Ihr befehligt euren untoten General zusammen mit seinem Trupp solange über die Schlachtfelder, bis alle feindlichen Einheiten vernichtet sind. Der größte Unterschied zu älteren Titeln ist die Art eurer Bewegung. Anstatt das Areal in Felder zu unterteilen, auf denen ihr lauft, besitzt jede Einheit einen Bewegungsradius. Ihr könnt die Figur also in einem bestimmten Kreis frei auf dem Feld führen. Für Attacken gilt das gleiche Prinzip. Auch sie haben einen Radius, in dem ihr Feinde treffen könnt.
Gute Konzepte, weniger gelungene Umsetzung
Jedoch stellt sich schnell heraus, warum man bei isometrischen Perspektiven lieber ein Grid-System benutzen sollte. Zum einen ist es nicht immer leicht zu sagen, ob euch ein Feind in der aktuellen Position treffen kann. Immerhin habt ihr keine Schablonen aller Radien und müsst diese ungefähr schätzen, was sehr oft zu Fehlern führt. Zum anderen lassen sich Deckungen schwer einschätzen. Muss ich nun doch einen Millimeter mehr nach links, um hinter dem Stein verdeckt zu bleiben oder darf ich stehen bleiben? Ihr müsst viel zu oft riskante Manöver eingehen, weil ihr euch nicht wirklich sicher sein könnt. Das Feedback für den Spieler fehlt in solchen Situationen.
Ein weiterer Unterschied zur Konkurrenz ist die beschränkte Anzahl an Aktionen pro Zug. Maximal fünf stehen euch zur Verfügung. Habt ihr also mehr Soldaten in eurem Trupp, müssen Prioritäten gesetzt werden. Eine super Idee, die auch die Länge einer Runde drastisch senken kann. Leider hat man aber einen Weg gefunden, um dieses Feature gekonnt auszuhebeln. Auf den meisten Karten findet ihr nämlich Schreine, an denen ihr neue Einheiten holen dürft. Dazu benötigt ihr Reis, den ihr auf Feldern sammeln könnt, wenn ihr sie rechtzeitig vor eurem Gegner besetzt.
Nun erweckt ihr zusammen mit eurem Feind immer mehr Einheiten. Da ihr aber nur fünf Züge habt, dauert es länger, um Truppen von hinten nach vorne zu den Kämpfen zu holen oder überhaupt die feindlichen Kräfte zu dezimieren. Denn jede Einheit benötigt mehrere Treffer, bevor sie besiegt ist. Außer ihr lasst einen Soldaten die Schädel gefallener Feinde konsumieren, um ihn aufzuleveln. Das wiederum benötigt aber mehr Züge. Ich verstehe, dass die Entwickler damit die Schlachten taktischer gestalten wollten. Leider strecken sie damit aber die Zeiten einer Runde in die Länge, was durch die limitierten Aktionen pro Zug eigentlich verhindert werden sollte.
Wenn es nicht so richtig passt
Versteht mich nicht falsch. Das macht Skulls of the Shogun nicht zu einem schlechten Spiel, doch es erweckt den Eindruck, als hätte man sämtliche Elemente auf einen Haufen geschmissen, um anders zu sein und nicht, weil sie gut zusammenpassten. Man will die Zeit eines Zuges verringern, um den Spielfluss zu erhöhen, zerstört dies Ziel durch das Beschwören neuer Einheiten und den Zwang des Auflevelns dann wieder. Es fehlt die Balance.
Sehr gelungen sind dagegen die einzelnen Hauptmissionen, die zu Beginn stets neue Elemente wie weitere Einheiten einfügen und durch verschiedene Ziele Abwechslung bieten. Ich hätte mir nur gewünscht, dass man sich dabei ein wenig mehr Zeit gelassen hätte. Durch die geringe Anzahl an Missionen zwingt euch das Spiel, seine einzelnen Teile schnell zu verstehen und gekonnt einzusetzen, was zu häufigen Toden führt. Anstatt die Länge durch ständiges Neustarten zu strecken, wären mehr Missionen, die einen langsamer in die taktischen Möglichkeiten eintauchen lassen, eine bessere Alternative gewesen.
Wer übrigens Windows 8 oder ein Windows Phone beziehungsweise Tablet besitzt, kann sich Skulls of the Shogun auch für diese Systeme holen. Euer Speicherstand funktioniert auf allen Versionen. Nur müsst ihr das Spiel dafür mehrmals kaufen. Einzige Entschädigung sind wohl die Erfolge, die ihr in allen Versionen separat freischalten könnt. Wem das Feature zusagt und wer die Kohle entbehren kann, darf gerne mehrmals zur Kasse gehen. Ansonsten spielen sich alle Versionen gleich und bieten keine wirklichen Vorteile einer anderen gegenüber.
Stellt ihr mir Frage "Soll ich Skulls of the Shogun spielen?", gebe ich euch zuerst eine Liste mit besseren Titeln. Erst wenn ihr die Advance Wars, Fire Emblems oder auch Valkyria Chronicles gespielt habt und nach mehr verlangt, könnt ihr gerne zugreifen. Ihr begeht bei einem Kauf von Skulls of the Shogun keinen wirklichen Fehler. Doch selbst wenn es so wäre, ihr werdet ihr euch im nächsten Jahr nicht einmal mehr daran erinnern.