Skyrim: Dragonborn – Test
Der Segen des dritten Add-Ons hat die Elder Scrolls noch nicht verlassen.
The Elder Scrolls braucht immer ein paar Anläufe bis das erste wirklich gute Add-On erscheint. Zuerst wird mal getestet, was geht - die mittlerweile legendäre Pferderüstung -, dann folgt ein gutes, aber nicht umwerfendes Häppchen - Tribunal, Ritter der Neun, Vampire vs. Wikinger - und schließlich der endlich krönende Abschluss. Dieser wird dann stets in Form einer Insel geliefert. Bloodmoon, Shivering Isles und diesmal ist es Dragonborn. Und der Zyklus bleibt ungebrochen.
Eine neue Insel ist es technisch gesehen allerdings nicht. Solstheim ist aus eben genau dem ersten Morrowind-Add-On Bloodmoon bekannt. Mehr oder weniger. In der Spielwelt sind ja allein seit Oblivion über 200 Jahre vergangen, ein riesiger, noch recht aktiver Vulkan dominiert den Horizont, es ist nicht mehr ganz das Solstheim, das ihr vor mittlerweile fast einem Jahrzehnt verlassen habt, aber es ist erkennbar. Im Nordwesten bleibt das mächtige Bergmassiv, die Wälder im Süden sind etwas lichter, die Einsprengsel der Vegetation Morrowinds mit den seltsamen Pilzen und ein paar der langfühlerigen Viecher der Dunmer-Insel haben sich auch gehalten.
Auf zu ganz neuen Ufern und zu echten Feinden
Die Orte, die ihr mal kanntet, sind noch da, nur dass das Imperium die Insel irgendwann zwischendurch aufgab und die Dunmer - mehr oder weniger freundliche Dunkelelfen -sich die "Hauptstadt", also das am wenigsten kleine Dorf, zurückholten und ihr nun von dunklen Roben statt polierten Stahlpanzern begrüßt werdet. Für alle, die lange genug dabei waren, ist Dragonborn ein willkommener kleiner Abstecher in eine neue alte Vergangenheit, wer noch nie da war, bekommt eine mittelgroße, abwechslungsreiche und hübsche Spielwelt. Das also, was man in Elder Scrolls erwartet, insbesondere im dritten Add-On-Zyklus.
Was Dragonborn aber auszeichnet, ist nicht die Insel Solstheim oder zumindest nicht nur. Es sind die Orte, die ihr davon abgesehen besucht, die Dungeons. Ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, dass mich noch mal eine Quest in Skyrim vom Hocker hauen wird, aber sowohl die Plätze, die ihr im Laufe der Haupt-Handlung besucht, als auch die Story selbst gehören mit zum Besten, was der derzeitige Abschnitt der Elder-Scrolls-Saga zu bieten hat. Überhaupt. Die Skyrim-Geschichte selbst ist schwach gegen das, aber die ist schwach gegen vieles. Aber auch alles andere verblasst, und als ich bei Dawnguard noch das Vergessene Tal lobte und noch mehr Mut bei dem Design der Ausflüge sehen wollte, meinte ich genau das, was ihr Dragonborn erleben könnt.
Die Reise in eine Dämonen-Ebene wirkt nicht so platt, wie es die Totenwelt bei Dawnguard war, hier wurde man im Design richtig kreativ. Fremdartig geradezu, auch was das Design einiger Feinde angeht, selbst wenn der allmächtige Lovecraft mal wieder seine Tentakel im Spiel hatte. Sogar der Tempel eines bösen Halbgottes und eine Zwergenfestung, normalerweise ein vorprogrammiertes Gähnen bei RPG-Routiniers, überzeugten mit ein paar kleinen, netten Ideen und Ausblicken. Dungeons in Dragonborn machen Spaß, mehr als das Herumrennen und das Sightseeing, auf das viele nicht ganz zu Unrecht Skyrim reduzieren. Wenn doch nur das Hauptspiel so viel Mut bewiesen hätte.
Vor allem jedoch ist Dragonborn endlich in der Lage, euch eine echte Nemesis zu geben und damit meine ich nicht einmal den Typen, den ihr so sicher wie das Amen in seinem eigenen Todeskult am Ende eins überbraten werdet. Einen echten Widersacher, von dem ich hoffe, dass er in Zukunft noch einmal aufgegriffen wird und der euch zeigt, dass Drachen nicht das Ende der himmlischen Nahrungskette sind.
Die goldene Zukunft einer großen Vergangenheit
Auch die Nebenquests, von denen es nicht zu wenige gibt, wurden mit Liebe entworfen, gut geschrieben und spielen sich mal witzig und mal dramatisch aus. So sehr, dass ihr euch jedes Mal freuen werdet, sobald jemand mit seinen Problemchen an euch herantritt, statt nur mit den Schultern zu zucken und sie auf die Liste zu schieben. Und immer wieder freut sich der Morrowind/Bloodmoon-Kenner über Einsprengsel wie die immer noch aktiven Skaal, kleine Musikschnipsel aus der Vergangenheit, Hinweise und Anekdötchen. Sogar ein paar Informationen über das Schicksal von Morrowind selbst in den letzten Jahrhunderten erhaltet ihr. Alte Spieler freuen sich, Neuankömmlinge können direkt in eine dichte Erzählung mit Hinweisen zu einer größeren Welt eintauchen, die sie vielleicht nicht alle ganz einordnen können, sie aber mit einem Eindruck einer größeren Welt zurücklassen. Nicht schlecht für eine kleine Insel am Rande der Welt.
Neue Waffen und Rüstungen sind natürlich auch dabei, ein paar Drachen wollen getötet werden, neue Worte der Macht werdet ihr lernen und euch gut dabei fühlen. Weil eben der Rest dahinter sich so frisch anfühlt, weit mehr als die halbherzige Vampirverwandlung es in ihrer ganzen Dawnguard-Spielzeit schaffte. Sogar die alte Werwolf-Episode aus Bloodmoon wurde aufgegriffen und wessen Charakter des nächtens Haare auf den Fangzähnen fühlt, findet ein paar neue Freunde, während Vampos eher kühl begrüßt werden. Twilight ist überall. Nur nicht so dämlich und ohne Glitter.
Dragonborn bietet euch mindestens zehn, maximal 20 bis 25 Stunden an Material und vieles davon fühlt sich weit frischer und spannender an, als so ziemlich alles, womit Skyrim selbst aufwarten konnte. Vielleicht weil es komprimierter geboten wird, aber wahrscheinlich eher, weil die Entwickler sich ein Herz fassten und euch in ein paar spannende neue Ecken eines eigenen Kosmos entführen und sich mit ihren Dungeons endlich wieder mal Mühe gaben. Das hier ist es, warum die Elder Scrolls immer noch ganz oben mitspielen, in einer Rollenspielszene, in der inzwischen große, offene Welten längst der Standard sind. Wenn sie so wie hier ihr dichtes, unglaublich reiches Welt-Design ausspielen und mit einer guten Handlung im Großen wie im Kleinen verbinden, dann übertreffen sie sich selbst. In diesem Falle im wahrsten Sinne des Wortes. Selbst wenn Dragonborn nicht annährend mit der epischen Breite von Skyrim mithalten kann: Auf seinen wenigen Quadratkilometern nutzt es alle Tricks, die gutes Computerrollenspiel zu bieten hat, um das mehr als wettzumachen.