Skyrim: Legendary (Game of the Year) Edition – Test
Eis, Schnee, Berge, Helden, Drachen, Dungeons, Zauber, Schwerter, Mammuts, Riesen, Meuchelmörder, Könige, Bettler, Vampire, Werwölfe, Dämonen, Pfeile in Knien und Abenteuer.
Den Punkt, an dem man über das schlechte Wetter scherzt und sagt, dass das ja ein guter Zeitpunkt zum Spielen sei, haben wir wohl seit gestern hinter uns. Und so wünschen wir aus der Redaktion einfach allen, die vom Hochwasser betroffen sind, dass sie trockene Füße behalten oder, sollte es dafür zu spät sein, dass schnell wieder alles ins Lot kommt.
Ein ideales Spiel für lange Abende ist Skyrim trotzdem. Vor allem in der am Freitag erscheinenden Legendary Edition. Nachdem die Entwickler verkündeten, dass auf Dragonborn kein weiterer offizieller DLC folgen soll, ist das jetzt die Edition, auf die diejenigen unter euch gewartet haben, um alles auf einer Disc oder in einem Paket zu haben. Alle offiziellen Add-Ons und natürlich Skyrim selbst. Hier ein paar Betrachtungen zu den einzelnen Bestandteilen des großen Ganzen:
The Elder Scrolls Skyrim
Wow, über 18 Monate ist es bereits wieder her? Heißt das, dass Elder Scrolls 6 nur noch eine Generation und 3 Jahre entfernt ist? Kinder, wie die Zeit verfliegt ... Ich schrieb damals, dass ich jede Freude, Liebe, Hingabe und Verehrung verstehen kann, die Skyrim entgegengebracht wird. Ich weiß noch damals, mein erstes Elder Scrolls. Es war genau das Gleiche. Und das ist ein wenig das Problem, wenn man denn nach welchen in der endlosen Weite der Nordlande suchen möchte. Skyrim ist die technisch aktuelle, wunderschöne und sich in aller archaischen Epik, die nur Fantasy zugestanden werden kann, ausbreitenden Ausgabe einer der beständigsten Serien.
Die Mechaniken des Prügelns mit Schwert und Axt haben sich praktisch seit 1994 nicht geändert und das Zaubern wurde nur marginal angepasst. Fliegen ist nicht mehr so einfach. Aber sonst fühlte man sich als Veteran ein wenig zu schnell zu Hause.
Wäre Skyrim ein Kunstprojekt würde ich ihm die Intention unterstellen dem Spieler die Bedeutungslosigkeiten der Aktionen von Sterblichen zu vermitteln.
Aber das muss den Genießer von Landstrichen, die in der unbekannten Ferne den Horizont kreuzen, um Burgen, Ruinen, Berge, Schluchten und Wunder zu verstecken, nicht stören. Es ist der Schauplatz, der selbst der große Star ist, lange vor allen Handelnden in ihm. Wäre Skyrim ein Kunstprojekt würde ich ihm die Intention unterstellen, dem Spieler die Bedeutungslosigkeiten der Aktionen von Sterblichen zu vermitteln. Nie habt ihr für eine Sekunde den Verdacht, dass ihr diese majestätische Wildnis aus Eis und Stein jemals beherrschen, zähmen oder euch Untertan machen könnt. Ihr werdet kommen und gehen, das Land Skyrim wird immer noch bestehen. Dieses Gefühl der Mächtigkeit einer Landschaft zu vermitteln, gleichzeitig die Details der Ausgestaltung zu bieten, die sich in Skyrim finden, ist eine gewaltige Leistung.
Dummerweise liegt darin auch das Problem der Quests, Storys und Handelnden der Welt. Kaum ein Spiel nimmt weniger Notiz von ganz großen Heldentaten. Ihr habt Drachen auf Gipfeln eigenhändig niedergestreckt, seid Meistermagier und Werwolfkrieger in Personalunion, hattet eine Hand in den dunklen Taten der Diebes- und Mördergilden. Ihr seid der tragische Held und sein ärgster Widersacher in einem Körper. Angesichts einer solchen Figur kann vom König bis zum gemeinen Bauern hinunter der KI-Geist nur noch kapitulieren und bestenfalls eine von vier vorgefertigten Floskeln anbieten. Eure Taten sind allein euer und vielleicht muss es so auch für den großen Helden sein.
Das heißt jedoch nicht, dass ihr nicht ganz tief in die virtuelle Kultur des Landes absteigen könntet. Nur in Konkurrenz mit dem Besten, was 40 Jahre Computer-Rollenspiele hervorbrachten, bemüht sich Skyrim jede mögliche Lücke in der erdachten Historie mit Geschichten, Legenden, Sagen und Mystik zu füllen. Es webt einen dichten Teppich, auf dem ihr sicher schreiten könnt, wenn ihr durch die Welt zieht, um eine unmögliche Zahl an NPCs zu treffen, ihre großen wie kleinen Geschichten zu hören und Probleme zu lösen. Ein Pantheon aus Göttern und Dämonen voller Geheimnisse, Intrigen und mächtiger Artefakte harrt seiner Entdeckung, um euch Macht zu versprechen und den Preis für sie zu kassieren. Die Welt von Skyrim ist lebendig, und zwar in vier Dimensionen. Gegenwart und Vergangenheit ergeben eine so geschlossene Speilwelt, wie ihr sie sonst so gut wie nie finden werdet.
Das mag nicht jedem recht sein. Vergleicht man es mit einem The Witcher 2, kann es nicht mit dessen Feinheiten im Kleinen mithalten, dafür ist es einfach zu groß. Es hat keine so dichte Geschichte, der eigene Charakter ist ein unbeschriebenes Blatt, das sich hauptsächlich für euch im Geiste fortschreibt. Es erwarten euch kaum irreversible Entscheidungen, die die Handlung beeinflussen, Skyrim ist wie alle Elder Scrolls vor ihm ein ganz anderer Ansatz. Es geht dabei sogar noch weiter, als die schon sehr offenen Ultimas der 90er, indem es euch alles tun lässt, was ihr wollt und auch wann ihr wollt. Das ergibt fast automatisch Unschlüssigkeiten in der eigenen Figur und den Reaktionen der Umwelt. Von dem großen Problem der vielen Pfeile in zahllosen Knien mal ganz abgesehen.
Nur in Konkurrenz mit dem Besten, das 40 Jahre Computer-Rollenspiele hervorbrachten, bemüht sich Skyrim jede mögliche Lücke in der erdachten Historie mit Geschichten, Legenden, Sagen und Mystik zu füllen.
Skyrim ist sehr, sehr eigen. Zumindest wenn man es als die aktuelle Iteration der viel größeren Elder Scrolls betrachtet und diese als zusammenhängenden Kosmos. So lassen sich die Ähnlichkeiten mit seinen Vorläufern in den Mechaniken auch leichter rechtfertigen. Es ist nicht euer Spiel, wenn ihr eine Geschichte erzählt bekommen wollt. Es ist vielleicht nicht einmal euer Spiel, wenn ihr eine Geschichte schreiben möchtet. Aber ihr Entdecker sein, die nicht stoppen können, bevor sie nicht wissen, ob es hinter dem nächsten Hügel nicht noch einen Drachen zu erschlagen, einen König zu entthronen, eine Bäuerin zu retten oder eine Sage zu hören gibt, ist es ohne Gleichen.
Dawnguard
Das erste Add-On war eine kleine Geschichte um Vampire und Vampirjäger. Die nämlich gibt es ohne Dawnguard nicht in Skyrim. War das jetzt ein Verlust? Meh. Ich konnte ganz gut ohne, aber, wo Werwölfe sind, müssen wohl auch Vampire sein. Es ist ziemlicher Schablonenschnitt, was hier passiert. Vampirschloss auf der einen Seite der Karte, Vampirjägerfestung auf der anderen, in der Mitte treffen sie dank eines sinistren Plans, die Welt mit Vampos zu fluten, aufeinander. Ihr seid mittendrin, aber zum Glück nicht allein. Eine leicht abtrünnige, etwas undurchsichtige Vampirin steht euch zur Seite, womit ihr einen der interessanteren NPCs der Saga für ein Weilchen in sicherer (?) Nähe wisst.
Das erste Add-On war eine kleine Geschichte um Vampire und Vampirjäger. Die gibt es ohne Dawnguard nicht in Skyrim. War das jetzt ein Verlust? Meh.
Den einen oder anderen wird es sicher reizen, dass man selbst zum Vampir-Lord mit eigenem Fertigkeitenbaum aufsteigen kann. Das stellt sich zwar als nicht ganz so mächtig wie erhofft heraus, aber bietet viel Spaß beim Aussaugen ganzer Dörfer, sollte euch danach sein. Werwölfe ziehen im Rahmen der Gleichberechtigung mit neuen Fertigkeiten mit, nicht sonderlich legendäre "legendäre" Drachen tauchen zufällig auf und ein Magier kann nun das Gesicht des Charakters auf Wunsch neu formen, falls ihr die eigene Visage einfach nicht mehr sehen könnt. Die beiden Fraktions-Burgen fielen wie auch ein kurzer Ausflug in eine Dimension toter Seelen eher unspektakulär aus, aber zumindest kann ein neues Gebiet, ein vergessenes, geheimnisvolles und ziemlich großes Tal ein wenig den Forscher ansprechen.
Dawnguard ist ok und im Rahmen dieser Edition eh automatisch auf der Questliste. Spielt, freut euch und gut ist.
Hearthfire
Das Add-On für Helden, die alles haben. In drei verschiedenen Provinzen könnt ihr ein definiertes Grundstück kaufen und dort ein Haus nach festen Vorgaben bauen, um es dann mit allem aufzufüllen, was ihr habt. Möbel, Schätze, Ehe-Partnern und Vasallen, alle fröhlich unter einem Dach. Es ist schön, ein Heim zu haben, es ist besser, drei sein eigen zu nennen und am Ende aller Drachen und Legenden kommt man doch gerne dorthin zurück. Der eine wird es lieben, der andere nicht mal merken, dass es installiert ist.
Dragonborn
Das dritte Elder-Scrolls-Add-On ist immer der Gewinner und Skyrim macht hier keine Ausnahme. Ihr reist unter geheimnisvollen Umständen zu der aus dem dritten Morrowind-Add-On bekannten Insel Solstheim, um dort aufzuklären, was es mit den Leuten auf sich hat, die von einem Tag auf den anderen alles stehen und liegen ließen, um einen gewaltigen Tempel zu errichten.
Endlich verlässt Skyrim sein bekanntes Thema, um euch in einer Parallelwelt voller Lovecraftianischer Bücher und Wesen zu werfen, um mit einem der Deadra-Dämonen direkt zu verhandeln.
Die Insel selbst ist für Serienkenner besonders spannend, spielt Dragonborn doch weit später als Morrowind. Diese kleine Zeitreise wird mit einer Vielzahl kleiner Quests ergänzt, bevor ihr euch dann in die große Aufgabe stürzen könnt. Und Junge, ist das eine Quest! Endlich verlässt Skyrim sein bekanntes Thema, um euch in einer Parallelwelt voller Lovecraftianischer Bücher und Wesen zu werfen, um mit einem der Deadra-Dämonen direkt zu verhandeln. Es zeigt einen weiteren Aspekt der komplexen Götterwelt sehr plastisch. Eigentlich ist es nur ein minimaler Eindruck des dämonischen Jenseitsreiches der Elder Scrolls, aber es reicht für eines der größten Abenteuer, die die Serie euch je anbot.
Eine Insel, ein fremdartiges Netherrealm, neue Drachenschreie und die - sehr eingeschränkte - Möglichkeit, einen Drachen zu rufen, und dann zu reiten. Ein gelungener Abschluss.
Elder Scrolls Skyrim Version 1.9
Die auf der Legendary Edition enthaltene Version von Skyrim ist die aktuelle 1.9. Sie behebt natürlich eine Vielzahl kleinerer und auch mal größerer Bugs. Dazu beinhaltet sie die Möglichkeit, legendäre Fertigkeiten zu erlernen, wenn ihr weit genug im nun nicht mehr begrenzten Level-System aufgestiegen seid. Nennt es eine Art Endgame-Content, der für die meisten Spieler nie und die anderen erst weit jenseits der hundert Stunden interessant werden dürfte. Großer spielerischer Mehrwert ergibt sich daraus nicht. Wollt ihr mutig sein, könnt ihr euch nun auch an dem legendären Schwierigkeitsgrad erproben, wobei ich das lieber sein lasse. Das Kampfsystem ist mir nicht exakt genug, um auf Dark-Souls-Level zu arbeiten.
Auf dem PC ist der Inhalt der Legendary Edition natürlich längst nicht das Ende der Fahnenstange. Es gibt eine unübersehbare Zahl an Mods und von Spielern erschaffene Erweiterungen, die euch Tausende Stunden am Monitor halten können.
Skyrim Legendary Edition
Die Elder Scrolls waren mit ihrer Mischung aus einerseits einem sehr zugänglichem Action-Kampf und gleichzeitig einer gefühlt unendlichen Spielwelt, in der ihr einfach ausgesetzt werdet, schon immer ein Einzelgänger. Auf der einen Seite gibt es diese dichte Erzählstruktur der Welt-Historie, die ihresgleichen sucht und nur seltenst findet, auf der anderen fesseln die wenigsten der eigentlichen Quest-Handlungen wirklich. Und ein Blick von den höchsten Gipfeln über die Unendlichkeit des Landes lässt euch das alles für einen Moment vergessen.
Es gibt nichts, was mit Skyrim vergleichbar ist. Manche sagen gut so, mehr als eines braucht es nicht. Andere wollen dieses kalte Land eh nie mehr verlassen, also ist es ihnen egal, wenn es kein Zweites gibt. Wart ihr noch nicht da, ist die Legendary Edition ein guter Startpunkt. Skyrim reifte durch seine kleinen Verfeinerungen, die ausgebügelten Fehlerchen und die abwechslungsreichen Erweiterungen. Auf dem PC ist es dank der Community inzwischen ein eigener Kosmos - hier noch mal eine Verbeugung und ein Dankeschön an alle, die Tausende Stunden investierten, oft mit großem Erfolg. Mehr Eis, Schnee, Berge, Helden, Drachen, Dungeons, Zauber, Schwerter, Mammuts, Riesen, Meuchelmörder, Könige, Bettler, Vampire, Werwölfe, Dämonen, Pfeile in Knien und Abenteuer werdet ihr auf einer einzigen Disc so schnell nicht mehr finden.