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Slipstream – Test: Zeitreise für alte und weniger alte Outrun-Fans

Im Windschatten großer Vorbilder schlittert dieses Ein-Mann-Projekt an altmodischen Pixeln vorbei.

Gelungene Hommage an klassisches Arcade-Racing mit verschiedenen Spielmodi, die über recht einförmige Strecken führt.

Auch bei Rennspielen steht Retro derzeit hoch im Kurs; man schaue sich nur Horizon Chase Turbo oder den Pixelracer 80's Overdrive an. Und welcher Klassiker steht bei solchen Spielen gerne Pate? Na, klar: Outrun – das sich auch Ansdor Games alias Sandro Luiz de Paula genau angeschaut hatte, bevor er Slipstream vor vier Jahren auf Steam, GOG und itch herausgebracht und jetzt auch auf allen aktuellen Konsolen Gas veröffentlicht hat.

Zunächst erinnert Slipstream an das augenscheinliche Vorbild – sowie laut de Paulas Webseite an Initial D, alte Sega-Titel und ganz allgemein das Erlebnis in der Spielhalle zu stehen. Man rast also an verpixelten Pappaufstellern vorbei, um nach fünf unterschiedlichen Umgebungen das Ziel zu erreichen, wobei man nach jedem Abschnitt die Wahl hat, ob man nach rechts oder links abbiegt. Man stellt die Streckenführung also aus insgesamt 15 Abschnitten mit jedem Lauf neu zusammen. So kennt man es aus Outrun und so funktioniert es auch hier.

Was es damals allerdings noch nicht gab, ist die Tatsache, dass man die meisten Kurven gar nicht normal durchfahren kann, sondern den Wagen dafür in einen Drift legen muss. Dafür geht man kurz vom Gas, lenkt ein, beschleunigt wieder und schon stehen die Räder quer zur Fahrtrichtung. Mit anderen Worten, de Paula hat nicht nur beim Urahn der Arcade-Renner abgeschaut, sondern gleich noch bei dessen Nachfolger. Und das betrifft nicht nur das Driften, sondern auch das Beschleunigen im Windschatten vorweg fahrender Fahrzeuge. Außerdem ist auf jeder Strecke ein Rivale unterwegs. Den zu schlagen, dient als eine Art Bonusziel.

Nun ist Slipstrem weit von der spielerischen Eleganz eines Outrun 2 oder des zuletzt erschienen Outrun Online Arcade entfernt. Immerhin saugt man sich hier nicht langsam im Windschatten an den Vordermann an, sondern muss erste eine Weile hinterherfahren, bevor dann plötzlich eine Art Boost ausgelöst wird. Auch das Schlittern: Man bringt die Wagen zwar ähnlich wie im Original ins Rutschen, kann sie beim Wechseln der Richtung aber nicht elegant herumwerfen, sondern muss dafür einen komplett neuen Drift einleiten.

Auch das berühmte Softwarehaus SAF wird gewürdigt.

Wem das zu kompliziert ist, der aktiviert einfach das automatische Driften. Dann verhalten sich die Vehikel in den Kurven allerdings sehr nervös und mir macht das Fahren mit dieser Automatik ohnehin keinen Spaß. Die zur Wahl stehenden Fahrzeuge mit einer jeweils eigenen Verteilung von Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit und Kurvenlage beeinflusst ebenfalls den Grad der Herausforderung, wobei sich die Unterschiede im Handling aber in Grenzen halten.

Zusätzlich gibt es drei Schwierigkeitsgrade, die auf interessante Art integriert wurden. Es sind nämlich weniger die Kontrahenten, die je nach Level verschieden schnell unterwegs sind. Vielmehr beschleunigt man auf der niedrigsten Stufe schneller, erreicht dafür aber auch eine geringere Höchstgeschwindigkeit. Bestzeiten fährt man so natürlich nicht heraus – wer die erreichen will, muss die behäbige Beschleunigung auf dem höchsten Level in Kauf nehmen und sollte dann zusehen, möglichst nie an Schwung zu verlieren.

Rivalen fahren - wie die restliche KI - nicht besonders gut, sind aber zusätzliche Herausforderungen und in manchen Spielmodi auch wichtige zu Überholende.

Damit das gelingt, aktiviert man nach Fahrfehlern oder gar Überschlägen eine Rückspulfunktion, die sich nach jedem Gebrauch erst wiederaufladen muss, weshalb man sich nicht quasi ins Ziel mogeln kann. Grundsätzlich geht Slipstream aber ohnehin verzeihlich mit Fehlern um und lässt zum Beispiel viele leichte Berührungen der Objekte am Streckenrand durchgehen. Wichtig ist nur, dass man den Windschatten möglichst effektiv nutzt, denn ohne den fällt man in manchen Rennen schnell zurück.

Die Streckenführung ist dabei die größte Schwachstelle, denn im Grunde gibt es hier immer nur dieselbe relativ langgezogene Kurve. Mir fehlen schnelle Rechts-Links-Kombinationen, die man fast geradeaus fahren kann, sowie sehr enge Abschnitte oder auch drastische Hügellandschaften. Selbst das tolle Geschwindigkeitsgefühl könnte besser funktionieren, wenn nicht ständig die gefühlt gleich hohe Anzahl an Pappaufstellern vorbeiziehen würde. Wären das auf einem langen Stück Strecke auch mal deutlich weniger, bevor man plötzlich in eine dicht bewachsene Allee abbiegt, könnte man der Retro-Optik noch den einen oder anderen Kick entlocken.

Slipstream sieht nicht grandios aus, zitiert aber souverän gewohnte Motive.

Für ein wenig Abwechslung sorgen dafür die verschiedenen Spielmodi, denn mit der klassischen Outrun-Variante ist es längst nicht getan. Stattdessen trägt man auch fünf Rennen dauernde Grand Prix' aus, bei denen man Sieg- bzw. entsprechend niedrigere Prämien in den Ausbau des anfangs neutralen Fahrzeugs steckt. So steigert man langsam und nach Belieben die Werte für Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung und Kurvenlage.

Abgesehen davon rast man in Zeitrennen nur gegen die Uhr, nimmt an Elimination-Rennen teil (sinnigerweise Battle Royale genannt) und geht bis zu viert am geteilten Bildschirm an den Start. Je nach Modus passt man dabei die Anzahl der Kontrahenten, die Dichte des Verkehrs, die Startpositionen menschlicher Spieler und andere Optionen den eigenen Vorlieben an.

Slipstream – Test-Fazit

Aus dem überschaubaren Konzept holt Ansdor Games, sprich Sandro Luiz de Paula, also einiges heraus, auch wenn sich am eigentlichen Spiel dadurch wenig ändert. Dem fehlt aufgrund der einförmigen Streckenführung sowie des sehr einfachen Fahrverhaltens und einer recht einfältigen KI zudem ein spielerischer Tiefgang, der auch längere Ausflüge rechtfertigt. Alles in allem ist Slipstream jedoch ein gelungener Trip in die Vergangenheit, der mit seinem flotten Geschwindigkeitsgefühl und den verschiedenen Spielmodi immer eine Partie länger dauert, als er eigentlich sollte. Und der mich vor allem daran erinnert, wie sehr ich mich nach einem dritten großen Outrun sehne.

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