Snipperclips - Test
Nach Pushmo und Captain Toad das nächste Nintendo-Knobeljuwel aus dem Nichts.
Snipperclips hat etwas mit Zelda: Breath of the Wild gemeinsam: Es ist ein Spiel, dessen Probleme keine binären Lösungen kennen. Richtig oder falsch gibt es natürlich schon in groben Zügen - der Basketball muss zum Beenden des Levels im Korb landen, ein Bleistift angespitzt werden, alle Ballons geplatzt sein - wie man das nun genau anstellt, da gibt es aber immer wieder mehrere Ansätze. Auf die kommt man oft genug durch wildes Ausprobieren und schlichtes Spielen mit Snipperclips' Regelwerk.
Und das ist eines der Verspielteren der letzten Jahre. Fast erinnert die freidrehende Experimentierfreude ein wenig an Scribblenauts, bei dem man auch häufig auf gut Glück etwas in die Tasten hackte und dann eben der so herbei beschworene Tyrannosaurus die Erledigung des Szenarienziels besorgte, obwohl eine Handvoll anderer Wege unter Umständen naheliegender gewesen wäre. Auch hier passiert alles auf einer 2D-Ebene, die Aufgabe erklärt sich spätestens nach dem Druck eines Knopfes durch das Szenenbild von selbst und dann geht es los.
Die beiden Papiermännchen mit einem eckigen und einem abgerundeten Ende können sich gegenseitig zuschneiden, indem sie den zu entfernenden Bereich ihres gegenüber einfach überlappen und die entsprechende Taste zum Ausschneiden drücken. Für exakte Schnippeleien geht man in die Hocke oder auf die Zehenspitzen oder dreht den papiernen Leib seines Schützlings mithilfe der Schultertasten um seinen Mittelpunkt. So entstehen Schaufeln, in denen der Basketball getragen werden kann - beim Versenken in den Korb muss man allerdings noch etwas schwerelose Jump-and-Run-Skills walten lassen - ein Griff, der den Bleistift hält, oder eben ein Dorn, mit dem man Ballons die Luft rauslässt.
Und so geht das immer weiter. Snipperclips lässt euch Zahnräder drehen, sobald ihr eine Form gefunden habt, die genügend Grip auf die einzelnen Zähne ausübt, hüpfende 8-Bit-Frösche auf euren "Kopf" balancieren, während der andere eine Rampe zum rettenden Teich bildet und und und. Die Aufgabenstellungen widerstehen meist erfolgreich dem Drang, das Ganze ein wenig zu sehr zu Verklausulieren und bieten meistens eine nette Mischung aus Geschicklichkeit und Knobeleien. Wie es sich für Nintendo gehört, fühlt sich der Akt, etwas von dem jeweils Anderen Spieler abzuschneiden, auch audiovisuell einfach wunderbar befriedigend an. Hier - und auch bei den charmanten Zeichentrick-Gesichtern der Pappkameraden - schlägt der Charme des Traditionsunternehmens einfach voll durch, auch wenn Nintendo selbst technisch gesehen nicht der Entwickler ist, sondern SFB Games unter Kyotoer Schirmherrschaft.
Damit wäre zum Spiel selbst auch eigentlich schon alles gesagt, denn mehr als die dreieinhalb Rätsel dort oben will ich euch nicht spoilern. Der A-Ha-Effekt, wenn man selbst auf die Lösung kommt, macht nämlich die Hälfte des Spaßes dieses Titels aus.
So oder so ist hier große Klasse, dass immer Kommunikation und Kooperation im Vordergrund stehen. Das ist der andere große Verdienst, der Switch, den sich der Hardware-Hersteller ruhig ans Revers heften darf: Der Konsole steht dieses Miteinander fantastisch zu Gesicht. Mit Spielen wie diesem und den mühelos teilbaren Controllern ist auch im Fall von Snipperclips das Gemeinschaftserlebnis das, was die Switch so sympathisch und nahbar macht. Hier tut sich langsam ein Schema auf und wenn das Nintendos neues Steckenpferd neben hochkarätigen Einzelspieler-Kreationen unter bekannten Bannern sein sollte, dann möchte man ihnen dazu gratulieren. Kreative und wahrhaft soziale Spiele könnten auf dem Rücken dieses gewitzten Formfaktors buchstäblich allgegenwärtig werden und dieses Hobby noch stärker in die öffentliche Wahrnehmung tragen.
Einen schöneren Botschafter als Snipperclips, das auch für sich genommen eine schöne und motivierende Mischung aus Geschicklichkeit und Puzzle darstellt, kann ich mir dafür gerade kaum vorstellen.
Entwickler/Publisher: SFB Games/Nintendo - Erscheint für: Switch - Preis: 19,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch- Mikrotransaktionen: Nein