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SOL: Exodus - Test

Joystick-Futter

Was waren das noch für Zeiten, als mein guter alter Joystick nicht nur hauptsächlich als Dekoration unter dem Schreibtisch stand und munter vor sich hin staubte, sondern bei Wing Commander, FreeSpace, Starlancer, X-Wing und wie sie alle hießen regelmäßig zum Einsatz kam. Da blieb gar keine Zeit, um Staub anzusetzen. Heutzutage sieht das leider anders aus. Nur allzu gerne würde ich mich am Steuerknüppel in neue Abenteuer dieser wunderbaren Serien stürzen, aber man muss sich ja in diesen Tagen mit dem zufriedengeben, was man geboten bekommt. Zum Beispiel das Indie-Projekt SOL: Exodus.

Und mit den genannten Titeln ist SOL: Exodus auch am ehesten vergleichbar, es ist kein Freelancer oder kein X, in dem ihr frei nach Lust und Laune durch das Weltall düsen und so ziemlich alles machen könnt, was euch gerade in den Sinn kommt. SOL: Exodus folgt seiner eigenen kleinen Geschichte und schickt euch Mission für Mission in den Kampf gegen religiöse Fanatiker. Zugegeben, die Story ist in ihrer Gesamtheit sicherlich nicht oscarreif, aber es reicht aus, damit man einen Grund zum Kämpfen hat.

Auch dürft ihr nicht erwarten, dass die Story allzu ausschweifend erzählt wird, die Inszenierung eines Big-Budget-Titels wie Wing Commander kann man einfach nicht erreichen. Das ist schade, denn so bleibt es überwiegend bei Gesprächen zwischen den Protagonisten, aber andererseits auch verständlich. Wie dem auch sei, wichtig ist natürlich auch, wie sich das Ganze denn spielt. Grundsätzlich sind da ja alle Space-Sims relativ ähnlich: Fliegen, schießen, Feinde erledigen. In diesem Punkt weicht auch SOL: Exodus nicht von der bekannten und überwiegend gut funktionierenden Formel ab, fühlt sich dabei gut an und versucht das Geschehen durch eine Hacking-Mechanik noch etwas aufzulockern.

SOL: Exodus - Trailer

Von Zeit zu Zeit - aber leider nur dann, wenn es für die Mission unbedingt nötig ist - habt ihr die Möglichkeit, einen Zugangspunkt eines größeren feindlichen Schiffs zu hacken. Das geht ganz einfach, indem ihr den Punkt anvisiert, die Leertaste drückt, euch den dechiffrierten Code merkt und diesen anschließend aus einer kleinen Liste von Codes auswählt. Somit lassen sich beispielsweise gegnerische Geschütze auf Friendly Fire umschalten, Antriebe deaktivieren oder Schwachpunkte anzeigen. In dem Punkt ist man allerdings nicht ganz konsequent, denn diese Schwachpunkte befinden sich direkt auf der Hülle, können aber, bevor man sie aufdeckt, nicht beschädigt werden. Insgesamt eine nette Spielerei, wenn es auch nur begrenzt an festgelegten Punkten benutzt werden kann.

Überhaupt ist der Titel doch recht einfach gehalten, was den Spielaufbau anbelangt. In den insgesamt acht Missionen wird hauptsächlich gekämpft, was einen leicht repetitiven Geschmack hinterlässt, und nach rund vier Stunden ist man schon wieder durch. Für zusätzliche Motivation sorgen die Leaderboards, denn im Einsatz erhaltet ihr Punkte für eure Genauigkeit, zerstörte Gegner oder erfüllte Haupt- und Nebenziele, andererseits aber ebenso Negativpunkte, wenn ihr zum Beispiel andocken und repariert werden müsst.

Durch die Erfüllung von Zielen und Bonuszielen (die man vor der Mission dummerweise nicht kennt) lassen sich außerdem bis zu zwei Upgrade-Punkte pro Mission freischalten, mit denen ihr euren Jäger in drei Bereichen verbessert. Bei den Waffen bekommt ihr mehr Raketen und eure Kanonen überhitzen nicht so schnell, die Panzerung lässt euch mehr Schaden einstecken und der Boost verschafft euch einen länger andauernden Nachbrenner.

Leider steht euch nur dieses eine Schiff zur Verfügung, quasi ein Allzweckjäger. Es gibt also keine Aufteilung in Bomber, Abfangjäger und dergleichen - zumindest nicht beim Spielerschiff, aber selbst das Arsenal des Feindes ist nicht allzu umfangreich. Ähnliches gilt für die Bewaffnung, die sich auf drei Dinge beschränkt: Eure standardmäßigen Kanonen, Raketen und die Mag Cannon, die durchschlagskräftige, aber langsame Geschosse abfeuert. Täuschkörper für feindliche Raketen gibt es nicht, da müsst ihr schon vom Sliding Gebrauch machen und euer Fluggefährt drehen und die heranrauschende Rakete gezielt aufs Korn nehmen, während ihr noch in die entgegengesetzte Richtung driftet.

Technisch basiert SOL: Exodus übrigens auf Epics Unreal Engine 3 und sieht recht ordentlich aus, auch wenn man hier und da deutlich erkennen kann, wie die Texturen unschärfer werden, wenn sich ein Schiff weiter entfernt. Soundtechnisch... nun, sagen wir, man hat schon mal Besseres gehört. Die Sprecher erledigen ihren Job für ein Indie-Projekt sehr gut, die Soundeffekte allerdings sind nicht wirklich ansprechend, insbesondere die Sounds beim Durchschalten der Ziele klingen eher nervig als angenehm. Es fehlt zudem eine gewisse Wucht - ja ja, ich weiß, keine Geräusche im Weltall und so, aber it's a fucking game... -, die ich zum Beispiel bei jeder einzelnen Explosion in Wing Commander Prophecy aus den Boxen zu spüren bekam und die den Abschuss eines jeden einzelnen Feindes zum echten Vergnügen machte.

Letzten Endes ist SOL: Exodus eine nette kleine Indie-Space-Sim, deren Aufbau ein wenig an ein typisches Arcade-Spiel erinnert. Es reicht zwar nicht an die großen Vorbilder heran und ist keine allzu lange andauernde Befriedigung für eure Weltraum-Gelüste, aber sorgt zumindest für ein bisschen Unterhaltung. Viele Dinge könnte man besser lösen oder ausbauen und vielleicht bekommt man ja bei ausreichendem Erfolg mit einem etwaigen Nachfolger oder Erweiterungen die Gelegenheit dazu. Zumindest spricht das "to be continued..." am Ende dafür, dass zumindest entsprechende Pläne vorhanden sind. Ob SOL: Exodus jetzt DER ausschlaggebende Faktor für ein Revival dieses Genre sein könne, darf bezweifelt werden, aber es ist doch schön zu sehen, dass es da draußen noch Leute gibt, die gerne ihren Joystick entstauben und sich in Weltraumschlachten stürzen möchten. Ich nehme gerne mehr davon.

SOL: Exodus ist auf Steam erhältlich und kostet 9,99 Euro.

6 / 10

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