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Sonic Adventure 2 & NiGHTS into Dreams - Test

Selbst die besten Intentionen schützen nicht immer vor schlechtem Design

Sonic Adventure 2

Eines muss man Sonic Adventure 2 lassen. Auch nach über 10 Jahren bietet es eine der besten Eröffnungsszenen der Videospielgeschichte. Selbst wenn die Grafik heute höchstens ein nostalgisches Lächeln hervorruft, wirken die restlichen Elemente in wunderbarem Einklang. Nach einer kurzen Sequenz springt Sonic aus einem fliegenden Helikopter, bindet sich einen Teil der Maschine als Snowboard unter die Turnschuhe und fährt die Straßen einer San Francisco nachempfunden Stadt hinab. Hier macht euch der Titel innerhalb der ersten 30 Sekunden klar, dass ihr das Hirn am Empfang lassen und einfach nur Spaß haben sollt.

Es gibt keine dumme Einführung, keine ellenlange Zwischensequenz und von einer unübersichtlichen Oberwelt fehlt jede Spur. Man wirft euch direkt in die Action und schließt den kurzen Einstieg mit einem gigantischen Truck ab, der euch auf dem Weg zur Zielgeraden verfolgt. Und während der gesamten Zeit schallt City Escape, einer der besten Songs der Serie, über eure Lautsprecher. Entschuldigung, aber hier zwingt man mich auch heute noch förmlich zum Spaß.

Natürlich plagen viele Kleinigkeiten das Erlebnis, die durch den Wandel der Zeit sogar ein wenig stärker auffallen. Die Kamera kriegt in den Ladesequenzen wohl Alkohol verabreicht und wedelt teilweise wild über den Bildschirm, die Steuerung hat in brenzligen Situationen ebenso ihre Macken und die Kollisionsabfrage sorgt das eine oder andere Mal für ungewollte Feindkontakte oder Abstürze.

Auch heute noch eine großartige Szene.

Falls ihr also das großartige Spielgefühl von Sonic Generations gewohnt seid, dürften selbst erfahrene Sonic-Veteranen im ersten Moment einen Schock bekommen. Doch nichts davon bricht dem Titel das Genick. Nach den ersten Abschnitten hatte ich mich so sehr an die kleinen Macken gewöhnt, dass sie mich bis zum Schluss nur in seltenen Fällen gestört haben. Dafür ist das Leveldesign und der Topf an Ideen, aus dem hier geschöpft wird zu groß.

Jeder Abschnitt bietet euch eine völlig neue Erfahrung. Und da ihr oft zwischen drei verschiedenen Spielstilen wechselt, stellt sich der Trott aus späteren Sonics gar nicht erst ein.

Doch einen Aspekt des Spiels könnte ich selbst unter Folter nicht schön reden. Es hat mich damals schon auf dem GameCube in den Wahnsinn getrieben und die Frage aufgeworfen, welcher Verrückte es für eine gute Idee gehalten hat, den Spieler in regelmäßigen Abständen unnötigen Firlefanz suchen zu lassen. Die Rede ist von den Knuckles- beziehungsweise Rouge-Abschnitten, in denen ihr auf einer Karte drei winzige Kristalle finden müsst. Gelangt ihr per Zufall in die Nähe eines Edelsteins, beginnt dieser abhängig von der Entfernung stärker zu blinken. Ihr verbringt die gesamte Zeit damit, sämtliche Ecken des Gebiets abzulaufen, bis ihr endlich auf einen weiteren Kristall stößt. Nachdem ihr das dritte Mal komplett alles abgegrast habt, zündet die Mischung aus Langeweile und Frust Wut-Explosionen, die tödlich für euren Controller sein können.

Die eingestreuten Bosskämpfe sind zwar kurz, lockern den Ablauf aber zu den richtigen Zeiten auf.

Zum Glück werden diese digitalen Fehlgeburten von den wesentlich besseren Missionen mit Sonic oder Tails überschattet. Während Sonic auf übliche Weise durch die riesigen Areale sprintet und ihr euch fragt, wieso selbst im Wald Loopings auftauchen, steuert ihr mit Tails seinen Roboter. Anstatt auf Geschwindigkeit zu setzen, verlässt sich der zweischwänzige Fuchs auf rohe Waffengewalt, wodurch seine Level einen spielerischen Kontrast bilden. Und zwar ohne sich in Werfox zu verwandeln.

Generell darf man Sonic Adventure 2 keinen fehlenden Content vorwerfen. Man kann die Handlung nicht nur mit den drei Helden, sondern auch ihren Gegenspielern beenden, deren Missionen zum Teil in komplett anderen Arealen stattfinden. Darüber hinaus bietet jeder Level noch vier weitere Missionen und wer selbst das geschafft hat, darf sich noch stundenlang mit den Autorennen oder dem Chao-Garten beschäftigen.

In Letzterem züchtet ihr die putzigen Chaos und rüstet sie mit Edelsteinen auf, die ihr in den Missionen erhaltet. Die aufgeputschten Kreaturen könnt ihr dann in kleinen Wettkämpfen gegeneinander antreten lassen. Zwar mehr eine alternative Nebenbeschäftigung als aufregende Erweiterung, bietet der Chao-Garten für Tamagochi-Fans sicherlich seinen ganz eigenen Reiz. Zumindest werdet ihr vom Spiel nicht dazu gezwungen.

Was ich dagegen als unglaubliche Frechheit empfinde, ist die Tatsache, dass SEGA den Battle-Multiplayer als kostenpflichtigen DLC anbietet. Knapp drei Euro sind jetzt nicht die Welt, doch es ist ein offensichtlicher Versuch, an das Geld von Spielern zu gelangen, die den Titel mit 100 Prozent abschließen wollen. Denn selbst wenn ihr alles im Hauptspiel gemacht habt, erhaltet ihr den letzten Erfolg für alle 180 Embleme nur, wenn ihr euch den Zusatz besorgt. Uncool.

Das soll auf die abschließende Bewertung allerdings keinen Einfluss haben. Dafür ist der Anteil des Zusatzes am Gesamtpaket zu gering. Denn für zehn Euro erhaltet ihr eines der besten Sonic-Spiele, dass euch mehrere Wochen beschäftigen kann, wenn ihr wirklich alles machen wollt. Doch selbst für einen simplen Durchgang lohnt sich der Kauf, wenn ihr euch mit Kamera, Steuerung und vor allem der leidigen Kristallsuche anfreunden könnt. Es bleibt für mich eindeutig hinter dem genialen Sonic Generations zurück, doch die Qualität von Sonic Adventure 2 liegt über allen Spielen, die dazwischen kamen. Es mag im ersten Moment vielleicht ein Wiedersehen mit kleinen Überraschungen sein, doch der Weg lohnt sich allemal.

NiGHTS into Dreams

Ich gebe zu, meine Erfahrung mit NiGHTS into Dreams beschränkt sich auf wenige Proberunden mit dem Original und einer ziemlich frustrierenden Beziehung zum Wii-Nachfolger. Warum die Veröffentlichung der überarbeiteten Version also nicht dazu nutzen, um den von Fans geliebten Titel endlich nachzuholen?

Eine Sache vorweg. In dieser Version erhaltet ihr zwar neben der Originalversion vom SEGA-Saturn auch ein überarbeitetes Update, das allerdings nicht neu ist. Dabei handelt es sich nämlich um eine strikte Portierung des Remakes für die PlayStation 2. Den HD-Zusatz kann man sich hier getrost schenken und wie so oft durch eine simple Hochskalierung ersetzen. Trotzdem ist es zumindest nett, beide Versionen zusammen mit der Weihnachts-Edition in das Paket zu packen.

Doch zurück zum eigentlichen Spiel. Wer noch nie einen Ausflug mit dem lila Narren unternommen hat, versteht im ersten Moment sicherlich nicht, worum es hier eigentlich geht. NiGHTS into Dreams gehört zu den Titeln, die sich ein richtiges Tutorial sparen und euch eine Anleitung lesen lassen. Erst danach versteht man den wirklichen Sinn hinter dem ganzen Spektakel.

Wie ihr seht, seht ihr rechts von eurem Charakter nicht viel.

Ihr fliegt in den acht recht kurzen Abschnitten auf einem festen Weg zur rechten Seite und versucht dabei, blaue Kugeln einzusammeln, was sich meist nicht als wirklich schwierige Aufgabe entpuppt. Die besondere Herausforderung liegt darin, den Rundkurs so oft wie möglich in der erlaubten Zeit zu wiederholen und dabei Punkte zu kassieren. Dazu fliegt ihr durch Ringe, schnappt euch Sterne oder vermöbelt Feinde. Vollführt ihr einen Looping, könnt ihr dadurch Gegner ausschalten oder Objekte einsammeln, die sich darin befinden.

Da die Kamera ziemlich nah an eurem Protagonisten ist und ihr nicht weit sehen könnt, müsst ihr die Areale häufiger spielen, um euch die Positionen sämtlicher Dinge einzuprägen. Der Titel entpuppt sich nach kurzer Zeit als ein Score-Attack-Spiel, das ihr so oft spielt, bis jeder Abschnitt mit der höchsten Punktzahl bewältigt wurde.

Zur Auflockerung erwartet euch am Ende jeder Mission ein kreativer Bosskampf, den ihr auf verschiedene Arten gewinnen müsst. Nights Hauptattacke besteht aus dem Greifen von Objekten, die er dann in eine beliebige Richtung werfen kann. So müsst ihr in einem Gefecht beispielsweise den Gegner ergreifen und ihn dann durch einen Hindernisparcours zum Ausgang befördern.

Zwar ein wenig knifflig, dafür ein Musterbeispiel für kreatives Boss-Design.

Das Nervige an diesen Kämpfen ist, dass ihr auch hier eine gewisse Eingewöhnungszeit braucht, bis ihr genau wisst, wie ihr vorgehen müsst. Leider sieht es das Spiel nicht so und befördert euch nach einem Tod sofort wieder zum Auswahlmenü. Versagt ihr bei einem der Kämpfe, dürft ihr den kompletten Level noch einmal spielen, nur um die letzte Auseinandersetzung erneut zu versuchen. Für mich scheint es nur ein weiterer Versuch zu sein, die Spielzeit zu strecken, da ihr ansonsten in zwei bis drei Stunden alle Aufträge erledigt habt.

NiGHTS into Dreams gehört auch heute noch zu den interessantesten Titeln, die ihr auf eure Konsole laden könnt. Leider reicht das alleine nicht, um schlechte Design-Entscheidungen zu umschiffen. Es bleibt im Kern ein gutes Spiel, dem es heute aber vor allem an Inhalt mangelt und das den Spieler oft alleine lässt. Sobald aber die erste Grenze überstanden und die Areale sich in euer Gedächtnis gebohrt haben, wird es wesentlich besser. Ihr wisst die Wege, fliegt mit Leichtigkeit in einer perfekten Linie und könnt die Atmosphäre der Welten genießen. Es hat in diesem Punkt viele Gemeinsamkeiten mit Jet Set Radio. Im guten wie schlechten Sinne.

Sonic Adventure 2 und NiGHTS into Dreams sind beide für jeweils 800 Microsoft Points (10 Euro) auf dem Xbox Live Marktplatz oder für 9,99 Euro im PlayStation Store erhältlich.

7 / 10

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