Sonoro Platinum SE Plattenspieler im Test - Hat alles, kann alles, dreht dieses Gaming-Vinyl so elegant.
Euer Kompagnon für die hohe Welle an Gaming-Soundtracks auf Vinyl.
Und der Plattenboom hört nicht auf. Eigentlich hatten wir vor einer Weile ja beschlossen, dass physische Tonträger sich erledigt haben. Auf jeden Fall zumindest die ollen Dinger von früher. Aber nachdem ich zuletzt über ein neu hergestelltes Super-Mario 8-Spur-Band und ein Kirby-Tonband stolperte – beides Bootlegs natürlich – wurde mal wieder deutlich, wie weit der Retro-Wahn mittlerweile zurückgeht. Wer sich fragt, wie weit: Square Enix verkauft offiziell Spieluhren, die etwa 1800 erfunden wurden. Der König in dieser Kategorie im Hinblick auf Verkäufe sind aber nach wie vor die Schallplatten, die einen Boom erleben, den wohl kein technisch mehrfach überholtes und zwischendurch praktisch totes Medium bisher erlebte.
Nun, im Gegensatz zum Film, wo zwar ein paar Nostalgiker vereinzelt mal einen Horrorfilm auf VHS bringen, aber sonst niemand ernsthaft die Rückkehr von Videokassetten und Laserdiscs fordert, haben Schallplatten klanglich einen Sinn. Sie haben einen eigenen Sound, der sich digital nicht leicht nachahmen lässt. Dazu kommt viel analoge Handarbeit eurerseits, die das Hören eines Albums gleichzeitig zu einer haptischen Erfahrung machen. Das und der Sammelfaktor der großen Scheiben mit oft schönen Artworks ist für so manchen ein bewussteres Musikgenießen als es mit den Streaming-Diensten der Fall ist.
Sonoro SE oder doch nur Platinum? Beim einfachen Aufbau ist das egal, sonst nicht.
Um euch dieses Erlebnis einfacher, aber gleichzeitig qualitativ hochwertig zu gestalten, gibt es Spieler wie den Sonoro Platinum SE. Alles drin, alles daran, auspacken, hinstellen, auflegen. Gleichzeitig hochwertiger Hi-Fi-Spaß. Sonoro gibt es seit 2006, kommt aus und entwickelt in Neuss bei Düsseldorf und bedient das „normale“ Hi-Fi-Segment. Das für Leute, die schon etwas mehr bereit sind auszugeben, aber abwinken, wenn bei vierstellig was anderes als eine Eins am Anfang steht und das Dreistellige bevorzugen. Ihr Kernstück sind digitale Komplettplayer mit Boxen, aber es gibt auch einen integrierten CD-Digital-Receiver und Boxen in Groß und Klein. Also genau zwei Paar, eins groß und ein klein. Und weil wir 2022 haben, gibt es natürlich auch einen Plattenspieler. Was für ein seltsamer Satz.
Den Sonoro Platinum gibt es einmal mit und einmal ohne SE. Mit steht er hier als Testmuster und kostet 800 Euro, ohne dann 600, auf die Unterschiede gehe ich gleich bei den Details ein, erst einmal die Grundlagen. Der Platinum ist ein manueller Player, was dem aktuellen Zeitgeist entspricht. Während zum Ende des goldenen Plattenalters möglichst viel Automatik gefragt war, teilweise mit Track-Skip, Auto-Reverse und anderen Dingen, die man nicht mit Platten assoziiert, gilt aktuell Minimalismus als schick.
Der Platinum beschränkt sich in der grundlegenden Bedienung auf einen Geschwindigkeitsregler. In der Mitte ist aus, links 33, recht 45 Umdrehungen. Den Tonarm hebt ihr von Hand, platziert die Nadel an der richtigen Stelle, senkt langsam über den Hebel hinten am Arm ab und wenn die Nadel am Ende ankommt, seid ihr besser nicht eingeschlafen, sonst dreht die Platte die ganze Nacht, Nadel aufliegend. Muss ja nicht sein.
Gleichzeitig gehört zum Zeitgeist aber auch, dass Notwendiges und Digitales mit im Paket sind. Deshalb hat der Platinum einen integrierten und abschaltbaren Vorverstärker an Bord. Darum müsst ihr euch also nicht kümmern, aber vielleicht solltet ihr, wie wir später sehen werdet. Das ist aber erst der Anfang, denn einen D/A-Wandler mit USB-Ausgang hat der Platinum auch an Bord und, in dieser Preislage eher ungewöhnlich, einen Bluetooth-Sender. Das ist normalerweise eher was für preiswerte Geräte.
Aber vor dem Austesten der Mischung aus Minimalismus und Feature-Flut steht der Aufbau und den gestaltet Sonoro so einfach wie möglich. Der „Brett“spieler – eine Holzzarge, in die alles direkt eingelassen – ist weitestgehend vormontiert. Füße sind dran, Tonarm sitzt schon, Teller liegt auf. Der eine kritische Punkt: Der Platinum ist ein Riemenplayer und natürlich ist der Gummiriemen noch nicht gespannt. Um nicht den Teller ausbauen zu müssen, gibt es im Metall-Teller ein Loch, durch das man mit einem roten Bändchen den Gummi am Motor in Position bringt. Das funktioniert problemlos, aber wenn mal einen Riemenwechsel fällig ist, weiß ich noch nicht so genau, wie ich da herankomme. Wird schon gehen.
Ist der Riemen gespannt und der Teller aufgelegt, geht es ans Ausbalancieren. Jeder Player hat da so seine Methodik und die des Sonoro ist relativ einsteigerfreundlich. Kurz zur Erklärung: Jeder Tonabnehmer hat nicht nur ein eigenes Gewicht, sondern auch ein ideales Auflagegewicht. Da es hier auf Zehntelgramm ankommt, sollte man sich ein wenig Zeit dafür nehmen.
Die Theorie ist einfach. Hinten am Arm sitzen beim Platinum ein Gegengewicht und ein kleineres Gewicht mit einer Gramm-Anzeige davor. Dreht die Null dieser Anzeige nach oben, dann schiebt das Gegengewicht millimeterweise hin und her, bis der Arm mit dem Tonkopf waagerecht schwebt. Dann dreht die Skala des kleinen Gewichts auf 1,8 – 1,9 und ihr habt das Gewicht fertig gesetzt. Das funktionierte relativ gut, insoweit, als die Anzeige bei 1,8 stand und ich ein Auflagegewicht von etwas über 1,9 mit einer Waage maß. Diese Differenz kommt daher, dass das mit dem waagerecht Positionieren eben doch auf Augenmaß basiert.
Für ein Pi-mal-Daumen-System funktioniert es und bei der mitgelieferten Nadel gibt es mehr als genug Toleranz, dass diese Abweichung kein Thema ist. Es verhindert hauptsächlich den üblichen Anfängerfehler, dass gar nicht abgestimmt oder das Gewicht zu hoch eingestellt wird – gibt ein wenig mehr Bass, ruiniert aber schneller die Nadel und wenn man es endgültig übertreibt auch die Platten. Ist der Trick, den Billigst-Player gern nutzen, um nicht völlig katastrophal zu klingen. Ge-Anti-Skatet wird natürlich auch. Das System hier passt wunderbar zur Benutzerfreundlichkeit der restlichen Installation, dreht einfach das Rädchen neben dem Arm auf das eingestellte Gewicht und fertig ist alles.
Sonoros Wahl für die SE-Nadel: Ein warmherziger Klassiker.
Die Nadel, die mitgeliefert wird, ist eine Nagaoka MP-110, beim Nicht-SE-Platinum ist es lediglich die Ortofon 2M Red. Beides sind MM-Nadeln, was in der Preisklasse nicht weiter erstaunt. Die Nagaoka, mittlerweile gut 15 Jahre auf dem Markt, liegt im Einzelverkauf bei etwa 150–200 Euro, die 2M Red bei 100, man nahm also nicht nur eine andere, sondern eine deutlich teurere und vor allem klanglich anspruchsvollere Nadel. Soweit ich sehen konnte, nutzen beide Geräte die gleiche Headshell – der Aufsatz, an den die Nadel angeschraubt und angeschlossen wird – aus Alu mit einem SME-Bajonett. Gut so, das heißt, dass der Arm zig Shells nutzen kann, unter anderem die Denon 110 mit der 103R-Nadel, was mich später noch sehr erfreuen soll. Alles ist brav und solide vormontiert, anschrauben, Schutzkappe ab, Gewicht einstellen, Antiskate, fertig. Dreht den Schalter auf 33 oder 45, Teller dreht sich, Nadel von Hand setzen, mit dem etwas zu weit hinten und etwas zu nah am Teller liegenden Hebel senken. Die Dämpfung sorgt für ein langsames Absenken, sodass ist die Nadel nicht mit Wucht dropped, was ja bei einem Hi-Fi-System auch nicht sein soll.
Soweit der analoge Teil, wenn ihr hinten die beiden Cinch-Kabel verbunden habt und der interne Pre-Amp auf „aus“ steht. Weiter also mit der verbauten Elektronik. Natürlich werfe ich mal einen Blick unter die Haube und schaue, was dort so verbaut ist. Der Phono-Vorverstärker des Platinum ist eine sehr kompakte Angelegenheit. Die verbauten Kondensatoren machen einen soliden Eindruck und mit dem externen Netzteil kommt da auch dem analogen Teil keine Abstrahlung in den Weg. Der Op-Amp ist ein Texas Instruments TL074BCDRG4, den man in die Kategorie erprobter, solider Arbeiter packen kann. Die Steuerung der restlichen Elektronik wird vom PCM2900C, ebenfalls von TI übernommen. Dieses kleine integrierte Wunder übernimmt die D/A-Wandlung, USB-Steuerung und arbeitet mit einer maximalen ADC-Wandlerrate von 48 kHz. Erneut, das ist ein solider Chip, auch wenn es im A/D-Wandel-Bereich sicher besseres gibt.
Mit all den Chips und Kondensatoren kann der Platinum einiges anfangen. Ihr habt einen zuschaltbaren MM-Vorverstärker, der sicher kein Ersatz für hochwertigere Modelle ist, aber schon auf dem Niveau etwa der einfachen Pro-Ject Phono Box MM liegt. Ein wenig wärmer und runder als die recht harschen Billig-Dynavox-Modelle ist das, was hier verbaut wurde, auf jeden Fall. Ich würde sagen, dass der Amp besser zur Ortofon-Nadel als zur Nagaoka passt, die hier ausgebremst wird, aber wenn man erst einmal keinen externen Amp hat, kann man gut damit arbeiten.
Der USB-Ausgang liefert ein solides Ergebnis und wer einfach ein paar Platten aufnehmen möchte oder sie über den PC-laufen lassen will, sicher, das geht. Die 16Bit/48 kHz liefern jetzt keine Wunder und mit einem simplen externen Interface von Focusrite oder Steinberg fährt man für kleines Geld besser, aber für einfache Aufnahmen passt das Ergebnis der A/D-Wandlung.
Die Schwachstelle der Elektronik des Sonoro Platinum: Bluetooth.
Das nächste Feature ist der Bluetooth-Anschluss und ich muss sagen, dass dieser ein echter Gewinn in der Theorie und leider ein nur halbes Vergnügen in der Umsetzung hier ist. Alles wird über den einen Knopf auf der Oberseite gesteuert und es ist gut, dass das Handbuch so ausführlich ist. Die Verbindung zu einem Beyerdynamic Amiron klappte fix und auch ohne lesen, aber den BT hier abzuschalten, wenn ich mit dem Set zum Handy wechseln wollte, ohne, dass es sich ständig erneut mit dem Platinum verbindet, war etwas zickig. Egal, am Ende lief die Verbindung zuverlässig.
Klanglich gab es erst einmal einen Schock, denn die dumpfe Klangsuppe war kein Vergnügen. Ich wollte das schon abhaken, aber dann stellte sich heraus, dass mit meinem externen Amp ein Problem gab. Alles noch mal ab-, wieder anstecken und siehe da, feinster kabelloser Sound. Nun, vielleicht nicht feinster. Die A/D-Wandlung ist okay, wie zuvor der USB-Port zeigte, aber der Sender des Platinum bietet nur APT-X. Ich hatte schon ewig kein Gerät mehr, das Audio, bei dem Lag kein Faktor ist, nicht mit APT-X HD schickt. Selbst Realmes preiswerte Handymodelle unterstützen APT-X HD. Sicher, die 24 Bit Samplingtiefe von HD bringt hier nichts, aber während APT-X auf eine 384 Kbps Bitrate kommt, schafft HD zumindest 576 kbps. Auch nicht perfekt, aber ein Unterschied, den man sehr gut hören kann.
Das ist dermaßen schade, denn den Klang der Platte ohne Kabel zu haben und damit bis zu zwei Zimmer weiter laufen zu können – in die Küche für ein neues Bier natürlich – war schon klasse. Die Reichweite gibt das auch her, erst bei einer weiteren Tür war dann Schluss. Aber klanglich war unter anderem der preiswerte Inatek BR 1009 Adapter an meiner Anlage mit APT-X HD deutlich besser für diese Aufgabe gerüstet. Ja, HD zu lizenzieren ist sicher ein paar Cent teurer, aber wir reden hier von einem 800-Euro Player. Sicher, noch nicht die Kategorie, wo es keine Kompromisse gibt, aber das hier ist ein falscher Kompromiss. Es reduziert das an sich tolle Feature, nämlich, dass die Anlage ausgeschaltet bleibt und nur Player und Headset an sind, auf ein klanglich minderwertiges Gimmick, das den Qualitäten des Platinum SE in keiner Weise gerecht wird.
Dass der Sonoro Platinum SE nämlich durchaus richtig was kann, das zeigt er nur zu gern. Für den Test habe ich ihn an einen Sony TA-F 870 ES frisch aus der Wartung angeschlossen, zwei Nubert NuVero 30 sind für die Ausgabe zuständig. Als Pre-Amp nutzte ich zuerst den eingebauten, dann wechselte ich zum internen des Sony-Verstärker und schließlich zur Pro-Ject DS2 USB. Erwartungsgemäß schnitt der interne Amp am schwächsten ab, aber er enttäuschte nicht und zeigte auch klar die Eigenschaften der Nagaoka-Nadel, ohne diese von seiner Seite aus zu verfälschen. Es ist halt nur so, dass der 500-Euro Pre-Amp diese besser auflöst und klarer darstellt. Hi-Fi halt. Mehr geht immer.
Hörtest: Volle Drehung von VA-11 HALL-A über Paradise Killer zu Gradius.
Zeit sich ein paar Platten anzuhören und natürlich beschränke ich mich hier erst einmal auf das Genre, dass dieser Seite und einem Großteil meiner Sammlung am meisten entgegenkommt: Spiele-Soundtracks. Erschien vor 10 Jahren höchstens mal ein Exot hier oder da auf Platte, nahm es mittlerweile wie alles am Vinyl-Markt maximal Fahrt auf. Square Enix oder Capcom haben eine eigene Ecke im Store dafür, Firmen wie Laced Records und Data Discs in London veröffentlicht regelmäßig Nachschub, in den USA sind Ship To Shore Records, Spacelab9 oder Channel 3 Records gut unterwegs und auch hierzulande haben wir ausnahmsweise mal eine Gaming-Firma, die keine internationalen Vergleiche scheuen muss: Black Screen Records in Köln. An die 600–700 Titel gibt es mittlerweile, zählt man Varianten und Neuauflagen wohl mehr als 3000.
Für den Start halte ich es mal mit „support your local dealer“ und schnappte mir für den Test des Sonoro Platinum SE ein paar Releases von Black Screen Records. Als Erstes ihr Magnum Opus, VA-11 HALL-A, komponiert von Michael „Garoud“ Kelly. Die gekürzte Version des Soundtracks auf immer noch zwei Platten und vier Seiten erschien bereits 2017 und wurde letztes Jahr durch ein 5-LP Box Set abgelöst. Mehrere Stunden smoother Synthwave-Funk-Jazz aus der nahen Zukunft warten und die Nagaoka-Nadel fühlt sich mit den auch Japan-inspirierten Tracks sofort wohl. Im Gegensatz zum sonst üblichen eher dunklen Cyberpunk-Synth bietet VA-11 HALL-A fließende Lounge-Beats, die sich in der ersten Minute ganz zart andeuten. Hier kann die Feinheit der Nadel ein wenig getestet werden und schön, mit dem richtigen Maß an Wärme holt die ML-110 diese ersten ganz entfernten Beats hervor, lässt sie leicht im Hintergrund der sauber in den Mitten spielenden Melodie auf- und wieder abtauchen, bevor dann die Base wirklich einsetzt.
Bringen wir es hinter uns: Erwartungsgemäß zeigt sich dies angedeutet bei dem eingebauten Phono-Amp, aber wenn ich dann den Pro-Ject anschließe, wird sofort klar, dass die Nagaoka-Nadel mehr kann. Wo vorher eine gewisse Härte und Unakzentuiertheit mitschwang, läuft das Ganze nun mit der Präzision auf, die ich von einer 200-Euro-MM-Nadel erwarte. Die sanften Eigenschaften dieser zeigen sich dann auch noch einmal in den warmen Melodieläufen der praktisch aller Tracks dieses Epos und man fühlt sich sofort an der Cyber-Bar heimisch. Die Zukunft, wie sie klingen soll.
Noch einmal etwas synthiger geht es im Smash-Hit des Labels, Paradise Killer zu. Erneut gibt es diesmal aber ganz direkt sommerliche Synth-Beats, die auf geschätzten 34 Grad Lufttemperatur laufen. Schon der Intro-Track, eingesungen von Fiona Lynch, fühlt sich an, wie man sich Pina Colada in ´82 so vorstellt. Die soulige Stimme wird gut getragen, mit viel Räumlichkeit, aber auch der nötigen Präzision. Sicher, Diana Krall klingt objektiv besser, würde aber dann doch die Limitationen der Nadel zeigen und macht subjektiv ohnehin weniger Spaß. Bei Paradise Killer auf den Platinum kommen auch gut die gestaffelten Sound-Ebenen zur Geltung, die euch einen Eindruck von der Tiefe der Stage des Beach-Resorts geben, bevor die Bässe des Vapor-angehauchten Teils des Soundtracks kicken und zeigen, dass der Platinum weit nach unten kann, wenn er muss. Das Album ist einfach das Prince des VGM-Pops.
Bemühen wir uns aber mal um Detailauflösung und Range bis weit nach oben. Da der Anteil der Instrumental-Aufnahmen im Genre natürlich geschätzt 99 Prozent ausmacht, ist es nicht so einfach was mit Stimme zu finden, jedenfalls mit mehr als einem Track. Aber zum Glück gibt es ja Kompilationen, so wie die Songs of Supergiant, eine Sammlung der Lieder dieses Herstellers. Bastion, Pyre, Hades, in diesen orchestralen Versionen klingen die Lieder fast durchweg wie verlorene James-Bond-Themen. Ashley Barrett mag keine Shirley Bassey sein, aber sie ist auf dem Weg und der Sonoro Platinum kann diese Bemühungen bis in die hohen Oktaven sauber nachvollziehen und auch im akustischen Aufschwung bei hohen Lautstärken wird nicht gezittert. Wo geringere Nadeln und Player auf einem vorzeitigen Plateau enden, erreicht der Sonoro den Gipfel. Nicht ganz mit der Leichtigkeit, die er aufbieten kann, wenn man ihm noch eine andere Nadel gönnt, nicht mit dem eingebauten Verstärker, aber schon gut auf dem Weg dahin.
Was fehlt noch? Richtig! Chiptunes! Wie konnte ich die nur vergessen. Man sollte ja meinen, dass es bei den Piepstönen eines Famicom oder MSX völlig egal ist, worauf die abgespielt werden, aber das Gegenteil ist der Fall. Eine billige Nadel oder eine schlicht ungeeignete kann diese Töne sehr schrill und hart klingen lassen, weit mehr, als sie gedacht sind oder von dem ursprünglichen System wiedergegeben. So ist etwa die M2 Red der preiswerteren Platinum-Variante nicht wirklich geeignet, da sie deutlich härter klingt als die ML-110. Das stört jetzt bei natürlicher Instrumentierung meist nicht ganz so sehr, aber hier bringt die Nagaoka Nadel all die perfekten Eigenschaften mit. Analytisch und warm genug, ohne dabei die klar gezeichneten Läufe der Wellenformen aufzuweichen, erlebt ihr Gradius, Castlevania oder Out Run in brillanter Klarheit, aber mit all dem Charme und Charakter intakt.
Sicher, ich sollte wohl noch ein paar normale Platten durchgehen. Sicher, Blade Runner, Audio Fidelity Edition? Vangelis‘ Rumpeln wird klar mit hoher Dynamik gezeichnet, während das altmodische „One More Kiss, Dear“ von der Wärme profitiert. Springsteen 75 Hammersmith? Wohlige Schauer, wenn diese ersten fünf Minuten die Stimme des Bosses im besten Licht erstrahlen lassen. Große Stage mit Raumgefühl, aber klar definierte Mitte, wo die Action passiert, die räumliche Auflösung dieser Nummer sitzt mit dem Platinum SE auf den Punkt. Hätte ich 150 Euro für die Mo-Fi UltraDisc von Yes‘ Fragile ausgeben sollen? Wahrscheinlich nicht? Kann der Platinum SE die Qualitäten dieser Pressung bis zum Anschlag ausreizen? Nein, auf keinen Fall. Klingt es absolut fantastisch, überzeugt der reaktionsschnelle Spieler mit seiner Rock-freundlich warmen Nadel, die eine hohen Mittenpräzision mit sich bringt? Aber so was von!
Mal ne andere Nadel: Der Sonoro SE mit einem Denon-Upgrade
Der Sonoro Platinum SE ist, am besten mit einem externen, etwas höherwertigen Verstärker bestückt, ein guter Allrounder. Wenn man jetzt nicht gerade nur italienischen Super-Minimal-Elektro hört oder ein anderes Genre, bei dem Eiseskälte und Hochpräzision in der Nadel gefragt sind, ist die Nagaoka für alles und jedes da. Aber dass da noch mehr geht, wenn ihr dann wieder die Kasse aufgefüllt habt, zeigte mein finaler Versuch. Den internen MM-Amp hatte ich eh schon abgekoppelt, warum also nicht eine MC-Nadel aufstecken und schauen, ob der Sonoro als Player Ausbaupotential in MC-Richtung hat. Nun, hat er.
Ich versuchte mein Glück mit einem Denon 110 System, also einer 103R Nadel. Dieses Set kostet um die 500–600 Euro und erfordert auch einen MC-Amp, der ein bisschen was kann. Aber was soll ich sagen, diese Kombi lässt die Platten auf dem Sonoro tanzen! Die Eigenschaften der 103R sind denen der ML-110 nicht unähnlich, was die Klangwärme angeht, aber Auflösung und Dynamik machen noch mal einen ordentlichen Sprung. Und das macht sich bemerkbar. Details kommen besser zum Tragen, versteckte Läufe werden besser herausgearbeitet, die Dynamik springt bei entsprechenden Aufnahmen noch mal schneller an. Am Platinum SE soll es nicht scheitern, wenn ihr später bereit für ein Upgrade seid, da stecken noch Reserven im Player.
Was es noch gibt: Alternativen zum Sonoro Platinum SE
Die Auswahl an Alternativen zum Sonoro Platinum SE ist nicht klein, aber alle Features? Das wird schwierig. Da wäre natürlich der kleinere Platinum selbst. Aber ehrlich gesagt, selbst wenn ihr plant, die Nadel eh zu wechseln, der schwere Teller und der mit einem zusätzlichen Kugellager ausgestattete Arm machen es mir schwer zu dem zu raten. So etwas kauft man schon mit Blick auf die Zukunft, daher lieber ein wenig mehr für den SE sparen. Player mit eingebautem Amp gibt es auch nicht zu wenige. Der etwas beider wirkende Thorens TD 402 bringt eine für 900 Euro mit, so wie auch der Dual CS518 für freundliche 600 Euro. Aber keiner der beiden hat Bluetooth. Das hat dann der Cambridge Alva ST und der sogar im guten APT-X HD. Allerdings kostet er 1000 Euro und sein AT 95 Abnehmer ist mehr ein Platzhalter für etwas Gutes. Einen Amp hat er auch, aber keinen USB.
Einer der wenigen Konkurrenten, der wirklich alles hat, ist der Audio Technicas besseres Einsteigermodell, der AT-LP120 in seiner Maximalversion. Was die Verarbeitung aller Bestandteile angeht, kann er es aber nur bedingt mit dem doppelt so teuren Sonoro aufnehmen. Für sein Geld ein toller Player, aber eben doch eher mittlere Einsteigerklasse. Das gilt ziemlich eins zu eins auch für den TEAC TN-400BT, wobei ich den AT bevorzugen würde, auch wenn der Teac schicker ist. Wer dann richtig Geld sparen will und seine Schallplatten hasst, der greift für 59 Euro zum Beispiel zum Muse MT-201. Die Billig-Koffer-Player sind fast alle Feature-Wunder, können aber nichts richtig davon, am wenigsten eine Platte vernünftig abspielen.
Den Sonoro Platinum SE könnt ihr direkt vom Hersteller für 799 Euro bekommen. Amazon und diverse andere Händler führen ihn auch.
Sonoro Platinum SE Test – Fazit: Bitte ein BT-HD Upgrade, ansonsten eine runde Sache.
Als jemand, der den traditionellen Hi-Fi-Aufbau einer Anlage gewohnt ist, sehe ich den Sonoro Platinum SE natürlich automatisch etwas skeptisch. Ja, das ist ein sehr schicker Player, aber den Amp schalte ich ab, für USB nutze ich ein höherwertiges Audiointerface und bei Bluetooth fehlt mir das HD. Ich habe für alles extra Geräte und finde das auch vollkommen normal. Aber wenn man sich das Portfolio von Sonoro anschaut, dann macht der Platinum SE schon sehr viel mehr Sinn. Er ist als hochwertiger integrierter Player für ebenso hochwertige integrierte Kompaktanlagen gedacht. Sein hauseigener Kompagnon von Sonoro ist eine solche Anlage für etwa 2500 Euro mit Boxen, der Platinum SE dann die möglichst einfach zu ergänzende Erweiterung dessen, um all diese schönen Platten, die es plötzlich wieder gibt, mit Würde abspielen zu können. Und das funktioniert auch wunderbar.
Macht der Platinum SE also auch ohne den Rest von Sonoro Sinn? Ja, auch so kann er überzeugen, vor allem als All-inclusive-Player. Verarbeitung, Laufruhe, Material und die gute Nadel ergeben einen in allen Lebenslagen ausgezeichneten Table. Er spielt mit angenehmer Wärme, ohne dies mit zu weichem Sound zu verwechseln. Platinum und Nagaoka ergeben ein Gespann mit hoher Dynamik, Präzision und viel Raum, ohne dass es gleich unterkühlt und hart daherkommt – siehe 2M im Platinum ohne SE. Der interne Amp überzeugt als solcher in einem Einsteigergerät, die USB-A/D-Wandlung ist solide für jeden Normale-Nutzer und das Bluetooth… Nein, das ist ein unverständlicher Ausfall. Der Rest passt, aber dass Hi-Fi-Bluetooth im Jahr 2022 ohne HD daherkommt, geht einfach nicht. Sicher, die meisten Pods haben das eh nicht, aber ein Hi-Fi-Gerät dieser Preisklasse sollte schon Hi-Fi-Standards und nicht Handy-Standards folgen. Ihr müsst also überlegen, wie wichtig euch Kabellos generell ist – das funktioniert ja wunderbar – und dann, ob es dabei um den guten Klang geht.
Davon abgesehen hat Sonoro mit dem Platinum SE das gebaut, was sie für ihrer Komponenten-Philosophie benötigten: Ein einsteigerfreundlicher und doch Feature-reicher Player, der auch Klang-Enthusiasten zufriedenstellt. Es ist ein Alles-drin-Gerät, dass dieser Kategorie einen besseren Ruf geben kann und das elegante Bindeglied zwischen hochpreisigen Enthusiasten-Playern und etwas billig spielenden Einsteigern. Ein Player, den ich gern genutzt habe und wenn ich nicht so ein alter Retro-Japan-Snob wäre, mir ernsthaft überlegen würde hinzustellen. Der ist schon wirklich schön und spielt noch schöner, dieser Sonoro Platinum SE.
Sonoro Platinum SE Plattenspieler - Pro und Contra
Pro:
- Optisch zeitloses Design
- Hohe Laufruhe und Präzision des Antriebs
- Gute Isolierung durch die Federung der Füße
- Einfaches Set-up, auch für Laien
- Hochwertige MM-Nadel
- Komplettausstattung mit Pre-Amp, USB und Bluetooth
- Eingebauter Pre-Amp klanglich angemessen
- Klingt aus der Box raus schon richtig gut
- Upgrade-Möglichkeiten sind vorhanden
Contra
- Rein manuell (nicht wirklich ein Contra, mehr eine Feststellung)
- Minderwertige Bluetooth-Übertragung
- Interner Pre-Amp nicht Low-Output MC-tauglich (und eigentlich auch nicht High-Output)