Sorry Activision, aber der Flop von Call of Duty Vanguard kam mit Ansage
WW2? Eher "Wer Wollte 2" (von dieser Sorte)?
"Hinterher ist man immer schlauer" lautet eine der großen Selbstverständlichkeiten des Lebens. Nachdem Call of Duty Vanguard Activision Blizzards verkaufstechnische Erwartungen ordentlich unterlaufen hat, muss man sich allerdings fragen: Waren wir nicht eigentlich vorher schon schlauer?
Als Vanguard erschien, war Sledgehammers Call of Duty WWII ganze vier Jahre alt. Das war ein Spiel, das der Orientierungslosigkeit nach dem unverdienten Flop mit Infinite Warfare als eine Art Eichung begegnen sollte, eine festigende, stabilisierende Kontaktaufnahme mit den Wurzeln der Reihe. Und schon damals reagierten die Spieler und Presse eher verhalten auf das Szenario. Wir kämpfen diesen speziellen Krieg auch einfach schon zu lange. Ein vielfaches länger, als der Zweite Weltkrieg selbst angedauert hat.
Dennoch: Die Spieler trugen das mit, WWII startete extrem erfolgreich. Aber niemand liebte dieses Spiel so wirklich, tatsächlich hielten es viele für eher mittelprächtig. Immerhin versetzte der Titel die Welt auch spielerisch nicht in helle Aufruhr. Klarer als in der Resonanz von damals kann man eigentlich nicht ablesen, dass man sich auf einem Holzweg befindet. Und doch attestiert der Konzern erst jetzt, im Finanzreport von Ende April, dass das Szenario bei den Fans nicht so gut ankam.
Deshalb muss die Frage erlaubt sein, welche Erwartungen Activision überhaupt hatte? Die guten Verkaufszahlen für WWII entstanden in erster Linie aus der Neugier darauf, wie ein Weltkriegs-CoD zehn Jahre nach World at War aussehen würde – enttäuschend ähnlich, nur nicht ganz so gut. Frage beantwortet, Neugier befriedigt.
Eine erneute Rückkehr in dieses Szenario mag kosteneffizient gewesen sein. Die Recherche der technischen Aspekte war bereits getan, viel Material und Know-how konnte man wiederverwenden und die zuständigen Entwickler bewegten sich in einem Rahmen, in dem sie eine gewisse Beschlagenheit und Sicherheit empfanden. Sie haben sich in diesem Szenario gewissermaßen häuslich eingerichtet, wissen, wo alles liegt. Da fällt die Arbeit leichter. Und natürlich ist Vanguard auch kein schlechtes Spiel geworden (ich spiele immer noch gelegentlich Champion Hill).
Aber der Hunger auf ein klassisches Weltkriegsszenario war einfach befriedigt und danach restlos verflogen. Das hätte man wissen können. Um unter diesen Vorzeichen die Spielerschaft binnen vier Jahren noch einmal zu begeistern, muss mehr geschehen als eine pure Verfeinerung des letzten Hits. Es ist beinahe, als würde man mit der Zeit kurzsichtig, wenn man den Blick allzu starr und allein auf die Verkaufszahlen und das zwanghafte Melken der Cashcow richtet.
Das Gute daran: Ich bin nicht sicher, dass Activision Blizzard dieser Fehler unter Microsofts Führung unbedingt noch einmal passieren müsste. Wir wissen seit einer Weile, dass Call of Duty dieses Jahr das erste Mal seit zwanzig Jahren eine Runde aussetzt und ich denke, das Abrücken vom sklavisch durchgepeitschten Zwölfmonatsrhythmus ist exakt der richtige Schritt. [Korrektur, es kommt jetzt doch ein Modern Warfare 2 dieses Jahr. Microsoft ist dennoch jederzeit zuzutrauen, dass man mal ein Jahr aussetzt, sollten die Spiele nicht bereit oder die Ideen nicht die richtigen sein.] So umschifft man auch die gegenseitige Kannibalisierung mit Warzone und gibt den Entwicklern Zeit, mit Ideen zu spielen und sie reifen zu lassen (im Fall von Raven kommt ja vielleicht sogar mal endlich ein zweites Singularity oder Hexen dabei rum).
Auf jeden Fall aber tun wir in Zukunft bitte nicht mehr so, als hätte man solche Rückschläge nicht irgendwo auf dem Zettel haben können. Dann wirkt man vielleicht auch nicht mehr so entrückt von der Lebensrealität der Spieler, die man von seinen Produkten begeistern möchte.