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Soundtrack - Die Musik der Games

7th Dragon, Two Worlds und mehr

Wir lieben Nischen. Und im weiten Feld der Soundtracks nehmen die Musiken zu Videospielen eine klitzekleine davon ganz für sich alleine ein. Wir wollen euch von Zeit zu Zeit im Score-Blog ein paar Scheiben vorstellen und berichten, ob es sich lohnt, diese auch ohne das dazugehörige Spitzenspiel zu genießen. Oder wer weiß, vielleicht entpuppen sich auch die Klänge einer Gameplay-Gurke als echter Geheimtipp, den nur noch niemand bemerkte? Spielen: Autsch. Aber es zu hören: Mmmh, Ohrenschmaus…

Symphonic Fantasies

Website zu Symphonc Fantasies

Konzerte mit Musik aus Final Fantasy und anderen Square-Enix-Spielen sind heute eigentlich gar nicht mal mehr so etwas Besonderes. Immerhin waren vor ein paar Jahren die Stücke aus Final Fantasy oder Chrono Cross bei den famosen Eröffnungskonzerten der Games Convention echte Publikumsfavoriten. Da wäre es natürlich ein Leichtes, einfach die bekannten Arrangements zu nehmen, um mit denen ein abendfüllendes Konzert zu bestreiten. Trotzdem wurde mit dem Symphonic Fantasies Konzert, das am 12. September in Köln stattfand, kreatives Neuland betreten.

Symphonic Fantasies

Organisator Thomas Böcker, Arrangeur Jonne Valtonen, Dirigent Arnie Roth und das WDR-Rundfunkorchester gaben sich nicht damit zufrieden, einfach wieder einmal die bekannten Stücke in den bekannten Fassungen zu spielen. Stattdessen arrangierte Valtonen „Fantasies“ – Neuinterpretationen der Soundtracks von Final Fantasy, Kingdom Hearts, Secret of Mana, Chrono Trigger und Chrono Cross. Weit mehr als einfache Medleys, konnten diese Stücke das Publikum vollends begeistern. Die perfekte Vermischung der Themen von Chrono Trigger und Chrono Cross, das wundervolle Arrangement von Secret of Mana, und die humorvollen Elemente bei Final Fantasy begeisterten die Hörer in Saal genauso wie die Komponisten. Nachdem Nobuo Uematsu, Yasunori Mitsuda, Hiroki Kikuta und Yoko Shimomura erst bei der Autogrammstunde vom Publikum gefeiert wurden, waren sie von den Neuinterpretationen ihrer Stücke sichtlich angetan und dann bei der anschließenden Feier im kleinen Kreis voll des Lobes für Orchester, Solisten und Arrangements.

Mindestes genauso begeistert wie die Komponisten waren natürlich das Publikum und all diejenigen, die das Konzert über Radio und Lifestream verfolgten. Der WDR konnte sich kaum noch vor begeisterten Zuschriften retten. Das Ergebnis: Am 24. September 2010 wird ein neues Konzert in Köln stattfinden und die Verantwortlichen werkeln bereits fleißig an der CD-Veröffentlichung des ersten Symphonic Fantasies. Wollt ihr partout nicht warten, sucht einfach mal bei Youtube – dort werdet ihr auch fündig werden. (Thomas Nickel)

Banjo-Kazooie: Nuts & Bolts

Komponist: Robin Beanland, Grant Kirkhope & David Clynick

Erhältlich über: Sumthing oder Amazon

Rare mag es ungewohnt und bunt, das ist keine Neuigkeit. Auch wenn Banjo-Kazooie: Nuts & Bolts kein spielerischer Erfolg auf der ganzen Linie war, von beidem bot es doch eine Menge. Wie im Spiel Abwechslung und Kreativität die führenden Rollen einnehmen, so adaptiert auch die Musik diese beiden Motive perfekt. Der extrem verspielte Soundtrack von gleich drei Komponisten – Robin Beanland, Grant Kirkhope und David Clynick – kombiniert geschickt die Tapsigkeit des Bären mit der Leichtigkeit des verrückten Rucksackvogels.

Banjo-Kazooie: Nuts & Bolts

Eine ungewöhnliche Mischung, sicher, aber eine die funktioniert. Vieles orientiert sich auf angenehmste Weise an Dingen, die an die Musik der Stummfilmzeit erinnern, Rhythmen, die einen dementen Zirkusdirektor glücklicher machen würden und irgendwo dazwischen meine ich eine Anlehnung an Love Boat gehört zu haben. Aber nicht nur das, fast jeder der Tracks versteckt zwischendurch mal mehr, mal weniger offensichtliche und erstaunlicherweise jedes Mal passende und verdrehte Referenzen. Einige springen sofort ins Ohr, andere entdeckt man erst beim dritten Hören. Freuen tut man sich aber jedesmal.

Wer einfach mal genug von dem üblichen Bombast der Dawn of Wars und Call of Dutys hat und einen leicht zugänglichen, gleichzeitig ebenso brillanten wie dementen Genuß erfahren möchte, der macht hier definitiv nichts falsch. Da der Trip mit 75 Minuten auch recht umfangreich ausfiel: Anhören. (Martin Woger)

7th Dragon

Komponist: Yuzo Koshiro

Erhältlich über: yesasia

Das Thema 7th Dragon ist eine Tragödie. Ihr meint, euch sagt 7th Dragon nichts? Tja, eben das ist ja die Tragödie. SEGAs DS-Rollenspiel, eine Gemeinschaftsarbeit von Director Kazuya Niinou (Etrian Odyssey), Produzentin Rieko Kodama (Phantasy Star) und Komponist Yuzo Koshiro (Actraiser), ist bislang und trotz über 100.000 verkaufter Exemplare und exzellenter Kritiken in Japan immer noch nicht für einen Release im Westen angekündigt. Traurig, aber wahr. Doch wenn wir schon das Spiel selbst aufgrund der Sprachbarriere nicht genießen können, so können wir uns stattdessen zumindest an Yuzo Koshiros wundervollem Soundtrack erfreuen.

Der hat eine große Besonderheit: Der Spieler hat die Wahl zwischen zwei Fassungen. Eine „normale“, die die technischen Möglichkeiten des DS ordentlich ausreizt, und eine im klassischen NES-Stil. Die Japaner lieben eben nach wie vor ihr gutes, altes Famicom.

7th Dragon

Die Kompositionen sind die gleichen, die Arrangements wirken natürlich grundverschieden – auf der offiziellen Seite gibt es ein paar Hörproben und die Möglichkeit, direkt zu vergleichen - unbedingt mal vorbeischauen. Auf ihre Art sind beide Soundtrack-Fassungen unheimlich gut und charmant.

So ist es kein Wunder, dass auch der offizielle Soundtrack auf ganzen 4 CDs daherkommt: Zwei für die DS-Musik, zwei für die Musik im NES-Stil. Dieses Album stellt sozusagen den Pflichtkauf dar. Aber auch für eine Kür ist gesorgt. Wer von Yuzo Koshiros exzellenten Kompositionen nicht genug bekommt, der greift zum Piano and Strings-Album. 13 Tracks wurden hier noch mal neu arrangiert und eingespielt. Beide CDs sind bei den einschlägigen Online-Fachhändlern gut und nicht mal allzu teuer zu bekommen. Für Fans klassischer RPG-Soundtracks gibt es momentan kaum Besseres auf dem Markt. Wenn jetzt doch nur noch das eigentliche Spiel seinen Weg zu uns fände. SEGA, warum tut ihr uns das an..? (Thomas Nickel)

Two Worlds

Komponist: Harold Faltermeyer

Erhältlich über: Amazon

Harold Faltermeyer…? Was für ein seltsamer Name, den habe ich doch schon mal wo gehört… Richtig, Top Gun. Der Typ hat das Top-Gun-Theme geschrieben und damit geholfen, Tom Cruise erfolgreich, Bruckheimer noch erfolgreicher und die Navy zu einer angesagten Organisation der 80er zu machen. Das war vor über 20 Jahren. Mal sehen, wie der Sound des Mannes sich so gewandelt hat… nachdem er jetzt scheinbar zu Soundtracks für B-Klasse-Rollenspiele überging - oder im Falle der 360-Version eher D-Klasse.

Two Worlds

Nun, groß verändert hat sich die Welt Faltermeyers nicht. Der Titeltrack könnte glatt für ein Drachen-Top-Gun geschrieben sein. Das tragende Hauptmotiv wird schnell von einer E-Gitarre erweitert, genau wie damals schon. Mal ehrlich, das ist der Mann, der in den 80ern Beverly Hills Cop, Fletch und eben Top Gun vertonte! Was macht der hier?

Auch wenn die CD speziell technisch zum oberen Drittel gehört und ganz sicher das Beste des Spiels Two Worlds darstellt, ein wenig mehr als eine hübsche Ansammlung netter Fantasythemen hätte man schon erwarten können. Ein wenig Lautenspiel hier, arabische Anlehnungen da, ein bisschen Hans-Zimmer-light zwischendrin: Verteilen ließe sich das Ganze auf ein Dutzend anderer Spiele und auffallen würde kaum etwas Besonders. Ein Teflon-Soundtrack. Nichts bleibt haften.

Für Abwechslung sorgt an zwei Stellen die Band Amber Moon, scheinbar so eine Art B-Nightwish, die ihre Aufgabe, für ein wenig Kitsch und Gitarrenbombast zu sorgen, brauchbar abliefern. Der Rest ist generisch, technisch hervorragend und absolut schmerzfrei. Es gibt wahrlich Inspirierteres in diesem Genre, aber als Hintergrundmusik für alle Lebenslagen auch Schlimmeres. Den Ikonen-Status der Themen früher Zeiten des Komponisten wird davon aber sicher nichts erreichen. (Martin Woger)

Neue Soundtrack-Reviews folgen in unregelmäßigen Abständen. Immer dann, wenn wir zwischen dem ganzen Zocken mal Zeit zum Zuhören finden.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.