Spider-Man: Shattered Dimensions
Shattered Expectations
Wer sich damit anfreunden kann, dass sich die Dimensionen trotz vollkommen unterschiedlicher, überaus stilsicherer und auch technisch gesunder Optik in drei von vier Fällen nahezu identisch spielen, bekommt hier Unterhaltung mit God-of-War-Light-Etikett, die streckenweise gut bei Laune hält. Allerdings macht sich das Spiel mit seinen immer gleichen Abläufen auch selbst das Leben ein wenig schwerer als es sein müsste: Zu Beginn eines Levels seht ihr immer einen Erzfeind Spider-Mans, wie er sich eines der Fragmente der mystischen Tafel schnappt, die Madame Web von euch tunlichst wieder zusammengesetzt sehen will. Stets verfolgt ihr daraufhin eure Nemesis und stellt sie mehrmals in einer Art Bosskampf, bis sie nicht mehr fliehen kann. Zwischendrin werfen euch Freaks wie der Hobgoblin, Vulture, Doctor Octopus oder der Juggernaut Wellen um Wellen ihrer eigenen Männer entgegen.
Das resultiert regelmäßig in buttonzerquetschenden Mob-Vermöbelungen, die tendenziell immer eine Idee länger dauern als sie Spaß machen und die Level (die mich auf „Normal" zwischen 30 Minuten und einer Stunde gekostet haben) oft ein bisschen zu sehr zu strecken scheinen. Ihr unterscheidet zwischen leichter und schwerer Attacke und kombiniert diese mit Sprüngen und Griffen.
Gegen gewonnene Spinnen-Essenz (GoWs „Seelen") schaltet ihr daraufhin neue Moves oder längere Gesundheitsbalken frei. Eine altbekannte und bewährte Kampfmechanik, die trotz unterschiedlicher Gegnertypen oft wenig mehr erfordert als die gelegentliche Flucht und das gleichmäßige Eindecken aller Richtungen mit Schlägen, um nicht selbst auf die Kappe zu bekommen.
Zurück zum Ablauf: Beschriebenes Korsett verleiht im Grunde jedem der Level seine Struktur, was sich trotz der hübschen Ausstattung und den tollen Charakter- und Umgebungsdesigns nach einer Weile spürbar abnutzt. Hin und wieder wollen zwar Zivilisten gerettet oder beschützt werden, während sie einen Schalter für euch aktivieren, aber auch hier handelt es sich um regelrecht schematische Einwürfe, die man irgendwann in- und auswendig kennt.
Spideys Noir-Ausgabe müht sich immerhin, die Formel im Tempo zu variieren und versucht sich als dunkler Ritter, der in einem seichten Stealth-Part seine Gegner unentdeckt aus den Schatten heraus ausschaltet. Viel fledermausartiger Finesse müsst ihr hier aber nicht an den Tag legen: Bleibt im Dunkel, nähert euch von hinten bis auf einige Meter und drückt B. Werdet ihr entdeckt, reicht es, für wenige Sekunden ungesehen zu bleiben und die Wachen vergessen euch wieder. Das Gefühl von Abwechslung währt nur kurz und man lernt, Noir-Spider-Man hauptsächlich wegen der Optik zu schätzen.
Inmitten dieses Großteils funktionierenden, aber nicht vollends überzeugenden Brawlers ist man dann umso überraschter, wenn Beenox einem dann doch mal ein „Holy S***" entlockt. So etwa geschehen im besten, weil non-linearsten Level des Spiels: Deadpools Ölplattform. Trotz des langweiligen Zieles, mehrere Achterpacks an TV-Kameras zu zerstören (ein recht repräsentatives Missionsbeisp...zzzZZZzzz) , bleibt dieser sperrige Stahlklotz inmitten des unendlichen Blaus wegen des furiosen Finales, einem Wettschwingen gegen eine gewaltige Tsunami-Welle, länger im Gedächtnis als der versammelte Rest des Spieles zusammen.
Dennoch sind auch andere stimmungsvolle Ausnahmen vom Schema F erwähnenswert, das das Spiel so routiniert, aber teilnahmslos abspult. Etwa, wenn Noir-Spidey über eine nächtliche Kirmes schleicht, die periodisch von Feuerwerksraketen erleuchtet wird, oder wenn der Spider-Man der Zukunft sich kopfüber kilometerweit in die Tiefe stürzt, mit den glühenden Trümmern eines riesigen Raumschiffes im Rücken.
Glanzlichter sind auf den ersten Blick auch die Endgegner-Kämpfe. Teil jeden Kampfes ist nämlich auch eine optisch eindrucksvolle Ego-Sequenz, in der ihr die überaus detaillierten Gesichter eurer Gegenspielern im Nahkampf zerdellt.
Der Schauwert dieser mit den beiden Analog-Sticks – einen für jede Faust – gesteuerten Sequenzen ist enorm. Allerdings nur beim ersten Mal, da sich die Konter und Attacken der lernresistenten Oberbösewichte so oft wiederholen, bis sich deren verwischte Konturen auf eurer Netzhaut eingebrannt haben. Auch mit der Logik haben es Norman Osborn und Co. nicht so: Der lichtscheue Vulture parkt in einer riesigen Lagerhalle geduldig ausgerechnet direkt neben einem Flutlichtscheinwerfer, den ihr nur noch in seine Richtung drehen müsst und Carnage (hat was gegen Feuer) hockt wartend direkt auf der Kante einer Verbrennungsanlage. Dennoch ist man dankbar für jeden Gegner, den man nicht blind mit X-,X-,X-,X-Kombos zerdeppern muss.
Nichts gegen Beenox: Die Damen und Herren haben in Sachen Technik und Gestaltung den ersten Triple-A-Spider-Man abgeliefert und ziehen in dieser Hinsicht mit Rocksteadys Arkham Asylum durchaus gleich. Dass Shattered Dimensions trotzdem nicht ganz aus der Mittelmäßigkeit bis in den guten Bereich hinein schwingt, liegt einfach daran, dass das Studio den Stil weit höher hängt als das Spiel. Trotz der vier unterschiedlichen Universen wird den Fans hier dreieinhalb Mal das gleiche Spiel aufgetischt, das sich von vorne bis hinten auf (zu) wenige etablierte Abläufe verlässt. Schade.
Wer dann noch der legendären Fortbewegungsweise dieses Helden dermaßen künstlich und selektiv einen Riegel vorschiebt, muss sich nicht wundern, wenn der Titel trotz solider Basics selbst größte Fans der „freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft" nicht vollends zufriedenstellen kann.
Spider-Man: Shattered Dimensions ist bereits für PC, Xbox 360, PlayStation 3, Wii und DS im Handel erhältlich.