Splinter Cell: Conviction
Sam auf Abwegen
Auch dass die Munition für die Standard-Pistole nicht begrenzt wurde oder das kurze Kauern in der Deckung sind halt Elemente moderner Spiele, die den Ballast abwarfen, ständig den Spieler auf die Suche nach einem Healthpack oder dem letzten Ammo-Clip im Level zu schicken. Die schweren Geschütze findet ihr unterwegs entweder direkt beim Feind oder in sporadisch verteilten Kisten. Die Waffen aus diesen lassen sich auch hochleveln, was sich auf Reichweite, Durchschlagskraft und Zielgenauigkeit auswirkt. Scharfschützengewehre, diverse Sturmgewehre und MPs, dazu drei verschiedene Pistolen - mal mit, mal ohne Schalldämpfer. Ein solides Programm, das gewisses taktisches Potential bietet, da man ja immer nur eine große Waffe mit sich herumschleppen kann.
Dieses Potential lässt sich sogar noch steigern. Und zwar, indem man mit einem Freund die eigenständigen Koop-Missionen bestreitet. Macht es in der normalen Kampagne wenig Sinn, dem einsamen Wolf Fisher einen Sidekick an die Seite zu stellen, passt Teamwork zu den verschiedenen Aufträgen von Third Echelon. Die immerhin auf etwa sechs Stunden angelegte, eigenständige Mini-Kampagne ohne Sam beweist, dass zu zweit vieles leichter geht, da ihr eure Mark-&-Execute–Manöver genau aufeinander abstimmen könnt. Erneut, perfektes cineastisches Flair im Stile modernen Actionkinos, und das sogar gemeinsam auf einem Splitscreen. Neben dieser Mini-Kampagne warten auf vier Karten noch die Spielmodi Hunter (alle Gegner töten, ohne entdeckt zu werden), Last Stand (Defend the Flag), Infiltration (wie Hunter, nur mit Sicherheitssystemen) und Face-Off (beide Spieler gegeneinander auf einer mit Feinden gefüllten Karte). Viel zu tun also, selbst wenn es nur zwei und nicht mehr Superagenten sind.
Ein letzter Blick auf den technischen Unterbau zeigt die Unreal-3–Engine und einen Beta-Build, der hoffentlich noch ein wenig mehr Feinschliff erfährt. So schick einige der Örtlichkeiten und Effekte sind, so lieblos oder zumindest unfertig wirken viele der Gesichter, seien es nun Sam, die NPCs oder das Kanonenfutter. Ein wenig Ausgleich schafft die teilweise extrem gelungene Projektion von kleinen Hinweisen und Missionszielen in die Landschaft hinein, die etwa in fünf Meter hohen Buchstaben an einer Häuserwand oder ganz dezent an einer Lagerhaus-Kiste geschrieben stehen. Trotzdem hoffe ich persönlich, dass das im Laufe des Spiels ein wenig nachlässt. Zum Start ist es legitim, dem Spieler so ein wenig unter die Arme zu greifen, später würde ich doch gerne mehr Wände ohne Writing on the Wall sehen.
Die Stimmungslage hat sich bei Splinter Cell: Conviction deutlich geändert. Wie auch das Spiel eine neue Note bekam, ohne dass sich an der Substanz viel verändert hätte. Das Schleichen und Infiltrieren ist immer noch das zentrale Element. Aber von dem disziplinierten Eliteagenten blieb eine von Selbstjustiz getriebene Hülle. Ein Mann, der in dieser Wandlung endlich deutlich an Profil gewinnen könnte, mehr noch als im Vorgänger Double Agent. Das Spiel selbst versteht dies als Aufforderung, an Tempo zuzulegen. Und mit den Mechaniken des Mark & Execute funktioniert das dem ersten Beta-Anschein nach auch oft genug hervorragend. Sam Fisher mag seinen Weg verloren haben, die Serie Splinter Cell scheint dabei einen neuen zu entdecken. Ich bin gespannt, ob das fertige Spiel diese gelungenen Eindrücke bestätigen kann. Wirklich gespannt.
Splinter Cell: Conviction wird am 15. April für PC und Xbox 360 erscheinen. Eine PS3-Version ist lediglich nicht ausgeschlossen. Wer mehr Geld ausgeben will, kauft die Limited Edition mit Sam Fisher-Figur, Soundtrack und ein paar Spielinhalten.