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Spyro: Dawn of the Dragon

Verflogen

Ebenso erfreulich ist der Umstand, dass die Drachen hin und wieder im Team agieren müssen. Das magische Halsband, das die beiden aneinander bindet, ist dabei Fluch und Segen zugleich, da es Nährboden für einige interessante Gameplay-Einfälle bietet. Etwa, wenn ein Boot flussaufwärts gezogen werden muss. Einer der beiden Drachen hält sich dazu am Rumpf des Bootes fest, während der am anderen Ende der Leine seinen Kumpanen samt Treibgut hinter sich herzieht. Auch die Möglichkeit, Spyro mit aktiviertem Erdzauber als Abrissbirne zu benutzen, während Cynder sich an einer Ranke festkrallt, sorgt für ein richtiges Aha-Erlebnis. Schade, dass man im Kampf nicht konsequenter mit dem Tag-Team-Partner interagieren kann.

Wer mag, lädt jederzeit einen Mitspieler neben sich auf die Couch ein, um die Kontrolle über Drache Nummer zwei zu übernehmen. Dadurch werden die Kämpfe zwar nicht weniger chaotisch, sind dafür aber vorbei, bevor sie einem auf die Nerven fallen. So hat man mehr Zeit, sich auf die Suche statusverändernder Rüstungsteile und blauer Kristalle zu konzentrieren.

Doch auch das gestaltet sich oft schwieriger als es müsste, weil es trotz der oft sehr großen Areale, die auch erst einmal vom Spieler entschlüsselt werden wollen, keinerlei Kartenfunktion, keinen Wegweiser, ja nicht einmal eine Ego-Sicht gibt, die einem die Orientierung erleichtern könnte. Da es den bunten Schauplätzen aber nicht selten an markanten Fixpunkten mangelt, muss man halt suchen und suchen und dreht einfach um, wenn man mal wieder am Zielort vorbeigeflogen ist.

Wie nicht anders zu erwarten war, wildert auch der abschließende Part der The Legend of Spyro-Reboot-Trilogie recht unverhohlen in bekannter und beliebter Fantasyliteratur. Tolkiens Mittelerde-Saga zum Beispiel. Sauron wird zum „Dunklen Herrscher“ (hockt in seinem Vulkan, wo sonst?), Streicher zu „Jäger“ (geheimnisvoll, weise und kampferprobt, natürlich), Minas Tirith zur „Drachenstadt“ (belagert von einer Zehntausendschaft), die Zwerge noch eben zu „Maulwürfen“ (Baumeister und Ingenieure) und schon bieten sich fast von selbst einige spannende Set-Pieces an.

Meistens geht es gegen ein gutes halbes Dutzend Gegner. HIer legt sich gerade der Staub.

Zum Beispiel, wenn ein großer, grüner Oger, der bei der Belagerung der weißen Feste durch das Stadttor bricht, unseren Hobb…, pardon, Helden als Zwischengegner herhalten muss. Alles schon tausendmal gesehen. Allerdings geben sich die hochkarätigen Sprecher auch in der deutschen Version die größte Mühe, den letzten Rest der wenigen Story-Substanz sorgfältig auf dem mittlerweile dritten Spiel zu verteilen. Elijah Wood (bzw. seine deutsche Synchronstimme) spricht die Hauptrolle und im Englischen bekommt man sogar Gary Oldman und Christina Ricci (deren deutsches Pendant als einzige negativ aus dem Rahmen fällt) auf die Ohren.

Doch am Ende retten sie das blasse Plagiat nicht vor dem Absturz in egalen Fantasykitsch. Oft vergisst man sogar, warum man gerade etwas tut. Sicher, auch andere gute Spiele haben papierdünne Geschichten und Spyro zielt zudem auf die jüngeren Spieler ab (USK ab 12). Aber Herrgott – haben die denn keine guten Storys verdient?

Die Wii- und Next-Gen-Version geben sich grundsätzlich inhaltsgleich. Dennoch sei gesagt, dass Besitzer beider Geräte mit der 360- oder PS3-Ausgabe deutlich besser bedient sind. Auf dem Wii steht dem durchschnittlichen Drachenspaß noch ein unentschlossener Steuerungsmischmasch im Weg, der die Kämpfe noch mehr zu einer Geduldsprobe verkommen lässt. Block und harte Attacke liegen hierbei auf Nunchuck beziehungsweise Wiimote-Bewegungen, während jede andere Funktion einen Platz auf den Buttons einnimmt. Das hört sich weniger schlimm an als es ist. Eine Kombo aus A,A,A,A und Wiimote-Schwung abzugeben ist ein bisschen so, wie sich mit einer Hand den Bauch zu streicheln, während man sich mit der anderen auf den Kopf klopft: Manche Leute können das, wirklich intuitiv findet es aber niemand.

'Du Spyro, wo fliegen wir eigentlich hin?' 'Keine Ahnung. Ich kann die verdammte Kamera nicht drehen.'

Zudem sind die Grafikruckler, die auch 360- und PS3-Besitzern kaum entgehen werden, auf der Wii noch schlimmer. Microsoft- oder Sony-Jünger können sich aber wenigstens an einer hohen Sichtweite, knackscharfen Texturen und hübschen Effekten erfreuen, während das Spiel in der Low-Res-Realität zwar immer noch in Ordnung aussieht, aber vor allem auf Geräten mit großen Diagonalen ein bisschen matschig daherkommt.

Insgesamt hat Etranges Libellules trotzdem das wohl hübscheste und beste Spyro-Spiel dieser Trilogie gemacht. Hin und wieder blitzen tolle Einfälle und Situationen auf, von denen man gerne mehr gehabt hätte. Stattdessen bekommt man an diesen Stellen dann aber Kämpfe, Kämpfe und nochmals Kämpfe mit viel zu robusten und zu fleißig nachrückenden Gegnern vorgesetzt.

Zusammen mit den Orientierungsproblemen und der uninspirierten Geschichte bleibt am Ende glatter, aber ärgerlicher Durchschnitt – und der Wunsch, dass Vivendi Spyro mit dem nächsten Outing wieder zu seinen Wurzeln zurückführt. Es ist Zeit für eine kreative Pause.

5 / 10

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