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Square Enix J-RPG-Sommer: Star Ocean: Integrity & Faithlessness und I am Setsuna

So viele Zufallskämpfe!

J-RPG? Square Enix hat euch da komplett im Blick und wisst, was gut für euch ist. Was das genau ist, das müsst ihr wiederum selbst wissen, denn das Programm geht deutlich über Final Fantasy XV hinaus. Dazu hatten wir ja vor kurzem einen Artikel, wobei ich sagen muss, dass ich noch zu gleichen Teile so dezent skeptisch wie erwartungsvoll bin. Bei den zwei anderen Titeln jedoch habe ich keinerlei Zweifel. Das liegt nicht daran, dass ich das Spiel mit dem übersichtlicheren Budget bevorzuge und für den Außenseiter in die Bresche springe. Es ist einfach so, dass da, wo Final Fantasy den Spagat der "Westlichkeit" versucht, Star Ocean: Integrity & Faithlessness - was für ein wundervoll verschwurbelter Titel - und I am Setsuna einfach das machen, was das Genre seit den 16-Bit Tagen kann und das in richtig gut. Zumindest vom ersten längeren Anspielen her, aber wenn eines der beiden Spiele plötzlich auch nur einen kleineren Bruch nach x Stunden wagen sollte, wäre ich doch sehr überrascht.


Star Ocean: Integrity & Faithlessness

Die Serie hat sich scheinbar auf einen neuen Rhythmus eingeschossen, mal gucken, ob "alle sieben bis acht Jahre oder so" der neue Nenner wird. Wenn ja, dann dürften Kenner und Dauerspieler der Reihe nach und nach unterschiedlichste Lebensabschnitte mit den immer wieder mal 50 bis 100 Stunden Spielzeit verbinden. Am 1. Juli geht es bei uns auf PS4 los, ein paar Tage früher in den USA und in Japan wird das dort bereits gepriesene Spiel mal wieder schon seit ein paar Monaten verkauft. Kein Wunder, könnte es doch kaum mehr nach dem Entwickler Tri-Ace aussehen, wenn man ihnen noch dafür Geld extra geben würde. Das Kampfsystem, die Figuren, der bunte Stil, es wäre selbst dann Star Ocean, wenn man es sonst wie nennen würde.

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Genauso wenig lässt sich aber auch wegdiskutieren, dass es auch für die PS3 in Japan erscheint, damit im Hinterkopf entwickelt wurde und dementsprechend aussieht. Macht natürlich Sinn, große Hardwarebasis und so. Aber das könnte auch der Grund sein, warum ihr Integrity & Faithlessness nicht nach dem ersten visuellen Eindruck bewerten solltet. Technische Highlights sind woanders zu finden, hier gibt es große Polygone, noch größere Kulleraugen und Texturen, die ich nur aus Gründen der Höflichkeit nicht "matschig" nenne. Das ist aber nicht so relevant und für den Fan des Genres schon gar nicht, weil es dem Spiel gelingt, auch mit diesen einfacheren Mitteln einen Look zu zaubern, der perfekt passt. Tri-Ace zeigt, dass man Stil haben kann, auch wenn andere mit mehr Budget protzen können. Ich würde es ehrlich gesagt für dieses Spiel wahrscheinlich gar nicht anders haben wollen.

Also, kommen wir trotzdem lieber zu der Unverwechselbarkeit von Tri-Ace zurück. In einem Kampf gibt es keine Active-Time-Geschichten, nichts Rundenbasiertes. Stattdessen rennt ihr mit eurem gewählten Charakter herum und nutzt seine Angriffe. Dabei sind keine direkten Kontakte gefragt, es ist eine Art MMO-System, bei dem Reichweiten eher lose definiert sind. Nah- und Fernkampf, egal ob physisch oder mit Magie, werden klar getrennt und wie immer hat jede Figur hier und da ihre Rollen und Stärken. Diese unterteilen sich in ein zwar nicht unbedingt komplexes, aber sehr umfangreiches Rollen-System, in dem ihr zig Job-Bezeichnungen findet, die ihr getrennt aufleveln könnt. Darüber wiederum erhalten die Helden zusätzliche Boni und Stärken, um ihre generellen Rollen zu spezialisieren. Viel zu tun, viel zu leveln.

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Vor allem, wenn man sich die Masse der Helden anguckt. Selbst innerhalb der kurzen Anspielzeit kamen und gingen schon ein paar, viele mehr werden kommen und auch gehen. Bis zu sieben von ihnen können gleichzeitig kämpfen und da ihr immer nur einen selbst kontrolliert - welchen, das dürft ihr euch jederzeit frei aussuchen, auch im Kampf - ist die KI gefragt. Die meiste Zeit machte sie einen ganz ordentlichen Eindruck, zumal ihr zig Makros definieren könnt, um die Bahnen zu lenken, aber es gab auch Ausnahmesituationen. In einem der Bosskämpfe fand es meine Heilerin spannend, direkt zum Boss zu stürmen und von dort aus zu heilen. Das ging nur zwei seiner Angriffe gut, danach stand ich ohne Heilung auf dem Feld. Andere Kleinigkeiten ließen gelegentlich auch Zweifel am Lebenswillen der Mitstreiter zweifeln. Seht ihr sowas jedoch, dann hilft es, kurz zu dieser Figur zu wechseln, sie auf die richtige Distanz zu bringen und danach tat sie auch wieder von allein, was sie sollte. KI-Schwäche? Interaktives Kampfelement? Sucht es euch aus.

Ansonsten habt ihr alles, was man von einem Spiel dieser Art erwarten darf. Crafting inklusive des Ablaufens der nicht zu kleinen und mit gut sichtbaren Monstern gespickten Areale, um Zeugs und Kisten zu finden. Kleine Nebenquests hier und da. NPCs, die den Rest ihrer Tage einen Satz sagen werden. Ausrüstung, Level, Magie, knappe Klamotten - für den Westen etwas am Saum ausgelassen, um nicht Teens in Unterwäsche rumrennen zu lassen -, überspitztes Drama, etwas Humor und alles, was noch zu einem J-RPG gehört, das sich in einer alten Blaupause unglaublich wohl fühlt. Und ganz ehrlich, ich tat das auch und freue mich auf diesen alles andere als kleinen Zeitverschwender, um ein paar verregnete Wochenenden mit Farbe zu füllen.


I am Setsuna

Es ist einfach Pflicht Chrono Trigger zu kennen. Das ist nicht meine persönliche Ansicht, es scheint mehr ein Konsens unter allen Leuten zu sein, die alt genug sind oder J-RPGs kennen und mögen. Ich selbst denke, dass es einfach eines der Spiele ist, die emotional alle richtigen Knöpfe drückten und das zu einer Zeit, als es nichts Vergleichbares gab. Macht es das zu einem ewigen Klassiker? Ja und nein, das Spiel selbst variierte ein paar bekannte Mechaniken auf eine gute Art, die Story ist sehr solide und driftet nicht in tausend irrelevanten Details ab - was das Genre gerne mal tut -, der Humor war etwas, das man damals in Spielen zu selten sah. Es war einfach das richtige Spiel zur richtigen Zeit und wenn das als Definition für einen Klassiker dient, dann ist es wohl einer.

Oberwelt!

Interessant ist jedoch, dass die Serie nie große weiterverfolgt wurde. In einem Genre, in dem selbst die letzte Gurke noch zehn Iterationen nach sich ziehen zu scheint, muss Chrono mit einer einzigen, ebenfalls hochgelobten, Fortsetzung auskommen. Wir haben mehr als zehn mitunter recht durchwachsene Mana-Spiele, aber kein Chrono Trigger 3? Irgendwas läuft hier falsch. Dachte sich auch die Tokyo RPG Factory, gegründet als semi-externes Studio von Square Enix und kopierte als erstes einmal das Kampfsystem. Was auch der Grund ist, dass jeder, der das Spiel sieht, es sofort und unwiderruflich mit Chrono Trigger vergleicht. Inspiriert von? Carbon-Copy ist wohl der Fachbegriff. Das Active-Time-Battle-System, die aus 16-Bit-Zeiten stammende Variation eines rein rundenbasierten Kampfsystems ist hier komplett intakt und spielt sich, als wäre gestern erst das Super-Nintendo abgeschaltet worden. Der kleine Nachteil könnte sein, dass die Zahl der Kämpfe gegen wunderschön gezeichnete Gegner auch ein wenig zu sehr an diese Zeit erinnern könnte. Wer jetzt schon weiß, dass die zwanzig gleichartigen Schlachten auf dem Weg von A nach B nicht so ganz sein Ding sind… Schaut es sich trotzdem mal an, weil es so dermaßen gut aussieht!

Active Time Battle!

Okay, das ist jetzt nicht das technisch aufwändigste Spiel, es ist immer noch eine Unity-Entwicklung, aber eine die zeigt, was Stil und Artdesign ausmachen. Es sieht einfach "richtig" aus. Mehr als der Schnee-Stage des Anfangs wurde nicht gezeigt, aber von der generellen Grundstimmung bis hin zu den Details, wie zum Beispiel wie die Figuren und ihre Gegner Spuren im Schnee hinterlassen, ist es einfach ein schönes Spiel, das sofort einlädt, sich mehr damit zu beschäftigen. Ein klein wenig Depression gehört aber bei einem Spiel, bei dem das Grundthema "Traurigkeit" lautet, auch dazu. Das konstante Schneetreiben wird ausschließlich von ruhiger Piano-Musik untermalt, selbst die Kämpfe legen höchstens im Tempo leicht zu, aber nicht in der Instrumentierung. Ich bin mir noch nicht sicher, ob mir das im Laufe des ganzen Spiels nicht doch auf den Keks geht, aber ich freue mich darauf, es herauszufinden.

Große Traurigkeit!

I am Setsuna ist ganz offensichtlich so dermaßen inspiriert von alten J-RPG-Zeiten, dass es direkt aus der 16-Bit-Ära herausgerissen wirkt und nun auf 16.000-Bit poliert wurde. Es könnte dieses ganz klassische Vergnügen sein, das sich alter Spielmechaniken in einem HD-Look bedient. Eine Art Fan-Projekt, nur dass es halt von einem Studio mit etwas mehr Budget produziert wurde. Was daran schlimm ist? Nichts, wenn man es gut macht und danach sieht nach einem Stündchen mit I am Setsuna alles aus. Und es ist ja nicht so, dass es schlimm wäre, wenn ein Spiel bei ganz vielen Leuten sofort einen positiven Trigger auslöst. Sie mit glasigen Augen in Erinnerungen schwelgen und dabei glücklich vor einem neuen Spiel sitzen. Von Zeit zu Zeit ist das absolut legitim.


Der J-RPG-Sommer ist gerettet!

Das wird ein guter J-RPG-Sommer! Schade nur, dass die japanische Vita-Version von I am Setsuna wohl nicht den Weg in unsere Regionen finden wird, dann könnte man wenigstens eins der beiden an der frischen Luft genießen. Und es ist ja das Schöne an dem Genre: Wenn das erste Anspielen irgendwo eine sichere Bank ist, was den weiteren Verlauf angeht, dann dieses. Wenn es hier klickt, dann reißt der Rest des Spiels es in aller Regel auch. Und in beiden Fällen war mir schnell klar, dass beide ihren Tribut an Lebenszeit einfordern werden. Sie machten einfach zu viel Spaß, als dass ich ihnen das von vornherein verweigern würde, tausende gleichartiger Kämpfe hin oder her.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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