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Stacking

Hochstaplerei

Neben diesem Sammel-Element wird die Experimentierfreude des Spielers auch dadurch belohnt, dass die meisten Aktionen auch dann noch überraschend viele und lustige Reaktionen von Land und Leuten provozieren, wenn sie nichts mit den gestellten Haupt- oder Nebenaufgaben zu tun haben. Allein schon die Bezeichnungen der auf der A-Taste liegenden Spezialaktionen sorgt schon für den einen oder anderen Brüller.

Eine Schlägertyp verteilt "proper Uppercuts" – also "einen anständigen Haken" –, während der Action-Button des stämmigen Schotten zwar "Northern Kiss" sagt, aber einen derben Kopfstoß meint, der den Empfänger in seine (beiden) Einzelteile zerlegt. Der Hund des Illusionisten zieht als "Kunststück" unterdessen seine untere Hälfte über den Teppich, während die umstehenden Puppen dies mit einem lautstarken "Buääääh" quittieren.

Gestalterisch ist Stacking entschieden Low-Tech, was im Rahmen dieser frühindustriellen Fantasiewelt mit leichtem Dickens-Einschlag passender nicht sein könnte. Geländer an Balustraden bestehen aus Stecknadeln, Fußböden schon mal aus Keksen, Wände aus Wellpappe und wer genau hinsieht, wird entdecken, dass die Schornsteine des Ozeandampfers nichts anderes sind als qualmende Zigarren.

Dazu passt auch, dass die nach liebevoller Handmalerei aussehenden Matrjoschkas eigentlich kaum animiert sind. Lediglich durch die unabhängige Bewegung ihrer unteren und oberen Hälften und einige sparsame Verformungen erwecken die hölzernen Kameraden zum Leben. Diese Einschränkung wandelt Double Fine aber gekonnt zu einer Tugend und zaubert trotz allem extrem ausdrucksstarke und urkomische Figuren auf den Bildschirm.

Das wird besonders in den Zwischensequenzen deutlich, die sich wie ein Stummfilm vor improvisierten Bühnenbildern abspielen, samt Projektor-Klappern, verwackeltem Film und Dialog-Schildern, die das gesprochene Wort ersetzen. Die Musik schlägt mit turbulenten bis ruhigen Klaviertönen stilistisch in die entsprechende Kerbe. Auf Seiten der Technik gibt es eine stabile Bildrate, fabelhaft detaillierte Spielfiguren und einige schöne Effekte wie etwa gelungene Tiefenunschärfe. Besonders die Art und Weise, auf die das Hoch- und Runterstapeln in und aus den anderen Figuren die Größenwahrnehmung der Welt verändert, ist ziemlich effektiv.

Stacking - Trailer

Ein ganz bewusst schwierig zu kategorisierendes Spiel also, weil es seinen Reiz weniger aus der Spielmechanik zieht als aus deren Umsetzung. Wenn man aber denn auf Kategorien besteht, so müsste man Stacking am ehesten den Adventure-Fans alter Schule ans Herz legen. Das "Nutze-X-bei-Y"-Gameplay dürfte ihnen trotz des niedrigen Schwierigkeitsgrades noch am ehesten liegen – zumal hier auch der typische LucasArts-Humor an allen Ecken und Enden durchblitzt, ohne sich dabei in Anspielungen auf die einschlägigen Klassiker zu ergehen.

Diese Sorte Spieler ist es auch, der ich am ehesten zutraue, das Spiel auch in der Breite zu ergründen, um sich von ihm das Zwerchfell massieren zu lassen, denn um nichts anderes geht es hier. Wer mit einem Auge nur die Uhr und mit dem anderen das Ende im Blick hat, der wird den Großteil des Spaßes nicht zu sehen bekommen. Wie sollte er auch?

Wenn euch Humor und Kreativität allein nicht reichen, müsst ihr Stacking also nicht haben. Trotzdem zeigt Double Fine hier schlüssig auf, was Spiele alles sein können, wenn sie nur den Mut haben, sich von gewohnten Mechanismen und verbreiteten Videospiel-Gesetzmäßigkeiten zu befreien. Weniger "Game", sondern einfach nur "gute Unterhaltung". Und das ist in diesem Fall ganz sicher nicht hochgestapelt.

Stacking ist auf Xbox Live Arcade und im PlayStation Network für 1.200 MS Punkte beziehungsweise knapp 15 Euro zu haben

8 / 10

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Stacking

PS3, Xbox 360, PC

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