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S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl

Der Fluch des Reaktors

4. Mai, 2012: In der Nähe des X18-Labors wimmelt es von Zombies. Irgendwie scheinen die PSI-Emissionen den Menschen ihren Willen zu nehmen. Dank des Inhibitors von Professor Sakarow kann ich aber unbeschadet eindringen und wichtige Dokumente stehlen. Scheinbar wurden hier unwirkliche und grausame Experimente vorgenommen. Nebenbei konnte ich mein Arsenal mit einem regenerierenden Anzug und besseren Waffen erweitern. Der Professor meint, ich kann mich nun auf die Suche nach dem nächsten Labor machen. Anscheinend muss ich dazu ins dunkle Tal. Gigantische Säure-Seen haben hier die Landschaft in ein fast surrealistisches Gemälde verwandelt. Seltsam verdrehte Bäume recken sich in den Himmel und es kommt mir so vor, als wäre die Tierwelt verflucht. Ich muss dringend das nächste Labor finden und von hier verschwinden. Die Umgebung macht mich krank.

Leuchtend: Spätestens bei solch einem Himmel stellen sich Eure Nackenhaare auf.

Das eigentliche Missionsdesign präsentiert sich sehr abwechslungsreich, auch wenn die Nebenaufträge qualitativ deutlich abfallen. Meistens muss ein Gegenstand beschafft oder ein Mutanten-Lager ausgeräumt werden. Hier werden die Parallelen zu klassischen Rollenspielen abermals deutlich, nur dass Ihr statt einer Ratten-Hatz eben zur Jagd auf Pseudo-Hunde schreitet. Als Belohnung gibt es manchmal besondere Waffen und Ausrüstungsteile, die den Aufwand lohnen. Die Palette reicht dabei von bekannten Waffenmodelle, über russische Sondermodelle bis hin zu Experimental-Geschossen, die mit Artefakten angetrieben werden. Leider sorgen die verschiedenen Typen für eine ständige Munitions-Knappheit und den Zwang, gleich mehrere Waffen mit zu schleppen. Das schränkt den Platz für zusätzliches Material deutlich ein.

High-End-Gerätschaften und die passenden Kugeln finden sich oft nur durch die akribische Suche und fleißiges Auskundschaften der Umgebung. Dadurch wird der enorme Spielumfang von ca. 20 Stunden auf der mittleren Spielstufe noch einmal deutlich erhöht. Wer nicht andauernd neu starten möchte, sollte lieber den Anfänger-Schwierigkeitsgrad nehmen. Denn schon in der zweiten Stufe gestaltet sich der Anfang recht happig. Ohne vernünftige Ausrüstung zerreißen Euch die intelligenten Gegner binnen weniger Sekunden in Stücke. Ab und an leisten sich zwar auch die klügsten Spezialeinheiten ein paar Aussetzer, im Großen und Ganzen macht die KI ihren Job aber fast zu gut. Schwache Gegner ziehen sich automatisch zurück, Teams versuchen Euch zu flanken, und wenn Ihr nicht in Bewegung bleibt, verpassen Euch Sniper einen Kopfschuss.

Schlaue Schergen

Kinoreif: Die Zwischensequenzen sind hervorragend in Szene gesetzt und passen zum Szenario.

5. Mai, 2012: Ich werde wahnsinnig. Nach dem Besuch in Labor X16 bekam ich den Hinweis, dass der so genannte Gedankenschmelzer das Vordringen zum Reaktor stört. Dort hoffe ich Strelok zu finden und oben drauf den Wunschgönner. Dieses sagenhafte Objekt soll nach einer Berührung Träume wahr werden lassen. Außerdem werde ich von schrecklichen Alpträumen geplagt. Ich sehe, wie ich am Reaktor zurückgelassen werde. War ich schon einmal dort? Auf dem Weg zum Gedankenschmelzer attackieren mich geisterhaften Erscheinungen. Irgendwie scheint der Unfall Löcher in die Realität gerissen zu haben. Ich muss dringend die Wahrheit heraus finden und endlich den Reaktor erreichen.

Gerade beim Vorgehen gegen schwer bewachte Einrichtungen müsst Ihr darauf achten, nicht gesehen und gehört zu werden. Ein Vorgehen mit der Brechstange bzw. dem Maschinengewehr ist zwar genauso möglich, das Ausschalten per Schalldämpfer erspart Euch allerdings so manchen Neustart. Ob Euch die Gegner sehen oder hören, erfahrt Ihr durch zwei Balken, die ähnlich wie bei Splinter Cell funktionieren. Zudem ist es hilfreich, Leichen aus dem Weg zu räumen, damit die Wachen nicht darüber stolpern. Ist erst einmal der Alarm ausgelöst, kommen vor allem in den Innenräumen enorme Probleme auf Euch zu. Eure Gegner verfügen nämlich über ein enormes Reaktionsvermögen und rücken Euch gleich von mehreren Seiten auf die Pelle. In Kombination mit den allgegenwärtigen Anomalien, erfordern die Gefechte ein Höchstmaß an Konzentration, um sie unbeschadet zu überstehen. Kleiner Tipp: Löscht die Gegner per Kopfschuss aus. Schafft Ihr das nicht, verschwendet Ihr kostbare Munition und die Masse der Gegner überrennt Euch rasend schnell.

Technisch Mittelmaß, Atmosphäre 1a

Erschütternd: Selbst der Reaktor wurde bis ins Detail nachgebildet.

6. Mai, 2012: Der Gedankenschmelzer war ein widerliches Wesen, das von unnatürlichen Energien gespeist wurde. Ich habe ihm den Saft abgedreht und bin danach erneut in Ohnmacht gefallen. Die Träume haben mir noch mehr Rätsel aufgegeben, die ich nur im Reaktor lösen kann. Gemeinsam mit einem Team von erfahrenen Stalkern gelang es mir, durch die Ortschaft Prypjat vorzudringen. Die Kämpfe zwischen der Armee, Banditen und den Rebellen von "Freiheit" gestalten sich immer heftiger. Kampfhubschrauber und Panzer kämpfen vor einem rot erleuchteten Himmel um die Herrschaft in der verseuchten Zone. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich durch zu schlagen, bevor eine neue PSI-Erruption uns alle vernichtet. Nur im Sarkophag bin ich vor der Katastrophe sicher.

Hinsichtlich der Technik ist S.T.A.L.K.E.R. ganz sicher nicht mehr auf dem neusten Stand. Besonders den Figuren merkt man die lange Entwicklungszeit deutlich an. Trotzdem gelingt es den Entwicklern von GSC Game World, eine atmosphärische Meisterleistung hinzulegen, die durch die detailliert nachgebauten Gebäude aus Tschernobyl eine fast dramatische Authentizität erreicht. Die Anomalien und Wetterbedingungen wurden ebenfalls hervorragend umgesetzt und sorgen trotz der beschränkten Abwechslung für einen kontinuierlichen Spannungsbogen, der sich bis zum Reaktor immer weiter nach oben schraubt.

Radioaktiv: Die Strahlung verändert Eure Sicht und lässt solche Geister entstehen.

Dank den hochauflösenden Texturen und den dynamischen Lichteffekten wirken selbst die Innenräume hervorragend. Auf der Soll-Seite hingegen ziehen die direkten Lichtquellen die Framerate in den Keller. Wer nicht über ein echtes High-End-System verfügt, sollte sich mit der statischen Lichtberechnung zufrieden geben. Die sieht immer noch klasse aus und läuft auch mit einem AMD64 Prozessor mit satten 60 Frames.

Die Physikengine bewegt sich leider auf dem Niveau von 2004. Explodierende Fahrzeuge, bleibende Einschusslöcher und zerstörbare Gebäude sollte man also nicht erwarten - kein Wunder bei der Verspätung. Soundtechnisch gibt es Standardkost ohne besondere Höhepunkte, aber auch ohne echte Aussetzer. Interessanterweise scheint dummerweise der Multiplayer überdies in der Zeit stehen geblieben zu sein. Statt Coop-Missionen, taktischen Schlachten und unterschiedlichen Charakterklassen, präsentieren die Entwickler langsames Old-School-Deathmatch in bester Counter Strike-Manier. Mittels der einfachen Modifikationsfähigkeiten und den erstklassigen Tools dürfte es in Zukunft aber noch ein paar gute, selbstgemachte Variationen geben.

7. Mai, 2012: Endlich bin ich am Ziel. Im Sarkophag warteten Dutzende Soldaten, ekelerregende Mutanten und unglaubliche Anomalien auf mich. Trotzdem habe ich es irgendwie geschafft, dem Wahnsinn zu entkommen und in den Reaktorraum vorzustoßen. Hier liegt noch immer der abgesprengte Betondeckel, der zur Katastrophe führte. Doch hier ist noch mehr. Ein Portal schickt mich auf eine höhere Ebene, wo ich ihn sehen kann. Mein Ziel, mein Traum, mein Ende: Der Wunschgönner. Es ist unmöglich für mich, ihn zu beschreiben. Er ist so wunderschön. Gleich ist es so weit, ich kann ihn fast berühren. Jaaaaaaaaa.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass S.T.A.L.K.E.R. noch etwas Feintuning hätte vertragen können. Auch nach sechs Jahren Entwicklungszeit ist es GSC nicht gelungen, dieses Monster von Spiel komplett in den Griff zu bekommen. Doch kleine nervige Details in der Bedienung, Aussetzer bei der KI und die etwas altbackende Grafik ändern nichts an dem Umstand, dass dieser Titel ein echtes Meisterwerk geworden ist. Das innovative Gameplay, die gelungene Lebenssimulation und die einzigartige Atmosphäre sind Meilensteine der Videospielgeschichte und sollten nicht durch Abzüge in der B-Note abgestraft werden. Objektiv gesehen wäre zwar noch etwas mehr drin gewesen, doch nach diesen Querelen können wir dankbar sein, dass dieser Titel so gut geworden ist. Die hohe Wertung gibt es also nicht für eine makellose Schönheit, sondern für den genialen Genre-Mix und das morbide Szenario, das sich mit seinem Realitätsbezug als genialer Schachzug entpuppte. Kaufen!

S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl erscheint am 23. März für den PC. In der zugehörigen Galerie haben wir für Euch ein dickes Bilderpaket hinterlassen.

9 / 10

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