Star Wars: Battlefront 2 - Test
Die dunkle Seite.
Mikrotransaktionen stören mich nicht. Zumindest dann nicht, wenn sie rein kosmetischer Natur sind, wie zuletzt in Call of Duty: WW2. Verkauft von mir aus so viele zusätzliche Skins, Emotes, Siegerposen oder Waffenskins wie ihr wollt, ist mir völlig egal. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es diesmal keinen Season Pass gibt und neue Inhalte kostenlos veröffentlicht werden. Sobald aber Gameplay-Vorteile ins Spiel beziehungsweise in die Kiste kommen, hört der Spaß auf. Mit seinem komplizierten und nervigen Unlock-System tut sich Star Wars: Battlefront 2 keinen Gefallen. Und das ist schade, denn dahinter steckt ein wunderbar kurzweiliger Multiplayer-Shooter. Wollt ihr mehr zur Kampagne wissen, schaut ihr in diesem Artikel vorbei.
Für die Art und Weise, wie DICE hier die Star-Wars-Welten und -Gefechte zum Leben erweckt, hat sich das Studio (fast) nur Lob verdient. Ob ihr nun Kashyyyk gegen die anstürmenden Droidenhorden verteidigt, an der Seite der mächtigen AT-ATs auf die Rebellenbasis auf Hoth vorrückt, zusammen mit euren Mitstreitern des Widerstands die Starkiller-Basis angreift oder fulminante Weltraumschlachten bestreitet.
Ihr kämpft in Spielmodi, die euch aus dem Vorgänger vertraut sind. Neben dem Sternenjäger-Angriff kehrt der Galaktische Angriff zurück, in dem ihr nach und nach bestimmte Ziele erobert oder diese verteidigt. Ähnlich zielorientiert geht es in Angriff zur Sache, mit acht Spielern pro Team in kleinerem Umfang als im großen Bruder. Bleiben noch das Gefecht, das einem klassischen Team Deathmatch entspricht, und Helden vs. Schurken. Hier treten diese in zwei Viererteams gegeneinander an.
In Sachen Spieltiefe bewegt sich die Fortsetzung auf dem Niveau des Vorgängers, den ich für seine schnellen, unkomplizierten Matches schätzte. Die größten Unterschiede stellen die verschiedenen Klassen mit ihren individuellen Fähigkeiten dar. Es kann nicht mehr jeder alle möglichen Skills, Items oder Waffen ausrüsten. Und die Helden teilen zwar nach wie vor gut aus, stecken diesmal aber weniger ein. Eine gute Änderung.
Das alles erstrahlt hier in vollem Glanz und zeigt das Star-Wars-Universum von seiner besten Seite. Zumindest zum großen Teil, denn ich habe doch etwas zu meckern. So sehr sich die Entwickler mit der originalgetreuen Umsetzung bemüht haben, so muss ich mir doch die Frage stellen: Warum kämpfe ich mit Kylo Ren zur Zeit der Klonkriege auf Kashyyyk? Warum läuft Yoda Lichtschwert-schwingend auf Hoth herum? Und warum mischt sich Darth Vader unter die Droidenarmee auf Naboo? Das mag pingelig klingen, aber dann könnten zum Beispiel genauso gut Klontruppen auf Hoth unterwegs sein oder Kampfdroiden die Starkiller-Basis verteidigen. Diese Trennung ist gegeben, warum das bei den Helden nicht der Fall ist, vermag ich nicht zu sagen.
Es könnte daran liegen, dass ihr manche erst freischalten müsst und neue Spieler auch jederzeit Helden zur Auswahl haben sollten. Das hätte man alles eleganter lösen können. Die Diskussionen über die Freischaltkosten für gewisse Krieger dürfte euch nicht entgangen sein und hier gab es ein kleines Entgegenkommen vonseiten der Entwickler, indem die Kosten um 75 Prozent gesenkt wurden. Das ist schön und macht Charaktere wie Darth Vader, Luke Skywalker oder Chewbacca weit schneller zugänglich als zuvor.
Um das noch mal zu betonen: Rein spielerisch betrachtet ist das hier ein wunderbarer Multiplayer-Shooter mit toller Star-Wars-Atmosphäre. Das Drumherum mit den ganzen Währungen und dem komplizierten Freischaltsystem ist das, was Battlefront 2 einen schweren Schlag verpasst. Prinzipiell ist es einfach: Wenn es schon so lange dauert, um das System für Freischaltungen überhaupt zu durchblicken und zu erklären, kann damit was nicht in Ordnung sein. So simpel man sich hier auch ins Gefecht stürzt, so undurchsichtig ist es, sich mit dem ganzen Kram zu beschäftigen, der darüber hinausgeht.
Das fängt alleine damit an, dass ihr eine gewählte Klasse nicht verbessert, indem ihr damit spielt. Nein, stattdessen müsst ihr Sternkarten freischalten oder herstellen, um den Rang einer Klasse zu erhöhen und zusätzliche Kartenslots zu öffnen. Wer lässt sich so etwas einfallen? Zumal ihr die Sternkarten und Teile zur Herstellung primär über Lootboxen bekommt, die sich optional mit echtem Geld kaufen lassen. Und dabei handelt es sich um echte Gameplay-Vorteile und neue Fähigkeiten. Der Hohn daran ist, dass euch das Spiel noch schön unter die Nase reibt, welche unter Umständen besseren Karten euer Gegenüber aktiviert hat, wenn ihr getötet werdet.
Designt doch einfach ein System mit kosmetischen Items rund um das Kern-Gameplay, ist mir schnuppe. Aber so wirkt es, als hätte man das Gameplay eher um die Lootboxen herum aufgebaut. Und das ist der falsche Ansatz beziehungsweise würde ich das eher in einem Free-to-play-Titel und nicht in einem Vollpreisspiel wie diesem erwarten. Warum muss ich die Dinger kaufen, um meinen Charakter zu verbessern? Das ist etwas, was durchs normale Spielen freigeschaltet gehört und nicht durchs Zufallsprinzip. So, dass es sich nach einer Belohnung anfühlt und nicht nach einer nervigen Pflichtaufgabe. Im realen Leben kauft ihr schließlich ebenso wenig neue Fähigkeiten hinzu, ihr lernt sie, indem ihr euch regelmäßig mit einer Sache beschäftigt. Stellt euch vor, ihr würdet in einem Rollenspiel keine neuen Fähigkeiten durch Levelaufstiege und Erfahrungspunkte erhalten, sondern nur im Zufallsprinzip durch Lootboxen. Will ja auch niemand.
Und dieses Zufallsprinzip ist mit das größte Problem. Ihr wisst nicht, was ihr bekommt. Ob ihr eine dieser virtuellen Kisten für Soldaten, Raumschiffe oder Helden kauft, der Inhalt ist zufällig und es ist möglich, dass ihr lange nicht euer Objekt der Begierde erhaltet. Ein Beispiel: Durch die Kampagne und Lootboxen für den täglichen Login erhielt ich in den ersten Tagen sechs Sternkarten für Luke Skywalker. Die brachten mir erst mal gar nichts, denn ich habe Luke bis jetzt noch nicht freigeschaltet. Und so kann es euch mit vielen Lootbox-Inhalten gehen. Ihr bekommt etwas, was ihr eigentlich nicht braucht, weil ihr lieber bestimmte Klassen, Helden oder Raumschiffe steuert.
Um zu verdeutlichen, was mich daran stört: Ein bisschen Grind gehört bei Multiplayer-Spielen immer dazu. Aber nehmen wir an, ihr habt jetzt so lange gespielt und euch mindestens 12.000 Credits hart erarbeitet. Davon kauft ihr euch drei normale Soldaten-Lootboxen für je 4.000 Credits. Wenn es bescheiden läuft, erhaltet ihr damit keine Karte, die euch in irgendeiner Form weiterhilft. Und ja, ihr könnt Duplikate erhalten, die dann in Credits umgewandelt werden. Wenn es wenigstens keine Duplikate gäbe, aber das ist dann wieder so ein Punkt, an dem ich mich frage, ob hier ein Game-Designer oder eher ein BWLer dieses System entworfen hat?
Theoretisch hat also ein Spieler, der viel echtes Geld investiert, deutlich schneller bessere Sternkarten als ihr selbst. Zugegeben, einen schlechten Spieler macht das alleine noch nicht zu jemandem, der plötzlich die Matches dominiert. Doch ohnehin gute Spieler erhalten tatsächliche Gameplay-Vorteile, indem schneller Fähigkeiten freigeschaltet und verbessert werden als bei anderen, die kein Geld investieren und auf das langwierigere Sammeln von Credits angewiesen sind.
Wozu dient dann der normale Rang im Multiplayer, mögt ihr euch fragen. Ist halt eine schöne Zahl, ansonsten bekommt ihr Credits für jeden neuen Rang. Womit wir bei einer weiteren Sache wären: den Währungen. Ganze drei Stück gibt es davon in Battlefront 2. Einmal die Credits, die normale In-Game-Währung, die ihr für verschiedene Aktivitäten erhaltet, zum Beispiel abgeschlossene Matches oder erfüllte Herausforderungen. Kristalle kauft ihr mit echtem Geld und sie dienen zum Erwerb von Lootboxen, in denen ihr (nicht immer) ein paar Credits und Herstellungsteile findet. Mit Letzteren stellt ihr eigene Karten her oder verbessert vorhandene auf die nächste Stufe. Aber bis ihr auf die Art und Weise alles freigeschaltet und maximiert habt, vergeht einiges an Zeit. Wenigstens bekommt ihr ein paar davon ebenfalls für Herausforderungen, aber nie allzu viele. Anders gesagt: Durch den Kauf von Lootboxen könnt ihr sehr viel schneller Credits und Herstellungsteile anhäufen, hinzu kommt die Ausbeute an Sternkarten, die das Gameplay beeinflussen. Das hat in einem Multiplayer-Spiel zum Vollpreis nichts zu suchen.
Ich möchte Battlefront 2 wirklich mögen und bis zu einem gewissen Grad tue ich es auch. Die Technik ist toll, die Atmosphäre stimmt, die Gefechte sind kurzweilig und unterhaltsam. Rein spielerisch bin ich absolut zufrieden. Die falschen Entscheidungen trafen die Entwickler jedoch bei den Lootboxen und dem Fortschrittssystem. Die Charakterentwicklung hinter zufällig verteilten Sternkarten und Herstellungsteilen aus solchen Boxen zu verstecken, ist der völlig falsche Schritt und geht gar nicht in Ordnung.
Von mir aus könnte DICE doppelt so viele kosmetische Items, Skins und was auch immer anbieten, wie es jetzt in den Lootboxen der Fall ist, solange die Sternkarten dafür rausfliegen und stattdessen über das normale Spielen und Rangaufstiege freigeschaltet werden. So, wie es normalerweise sein sollte, und wie es zum Beispiel ein Call of Duty: WW2 macht. Mit dem aktuellen System habe ich nicht das Gefühl, dass Battlefront 2 meine spielerischen Fähigkeiten belohnt, was dem Spiel wiederum Reiz und Motivation nimmt. Das sind alles Dinge, die sich noch ändern lassen, EA und DICE müssen es nur wollen. In Anbetracht dessen kann ich Battlefront 2 in seiner jetzigen Form trotz des gegebenen Unterhaltungsfaktors nicht guten Gewissens empfehlen.
Entwickler/Publisher: DICE, Criterion, Motive / Electronic Arts - Erscheint für: PC, Xbox One, PlayStation 4 - Preis: ca. 60 bis 90 Euro (je nach Edition) - Erscheint am: 17. November - Getestete Version: Xbox One - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Ja (im Multiplayer)