Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers - Filmkritik: Das große Zurückrudern
Bei der nächsten Trilogie bitte als erstes die Geschichte schreiben!
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob hier eine Spoilerwarnung angebracht ist. Der Plot wird in dieser Kritik nur ganz grob angerissen, ich verrate allerdings, dass ein, zwei Dinge passieren, ohne zu sagen, wem sie geschehen oder in welcher Situation. Aber was schreibe ich hier eigentlich - wer "roh" in das Erlebnis gehen will, liest vorher besser ohnehin keine Kritiken.
Nach dem etwas bequemen, aber vielversprechenden Auftakt der neuen Star-Wars-Trilogie mit The Force Awakens ließ mich The Last Jedi kalt zurück. Mehr als das: Mit der Zeit ärgerte er mich immer mehr. Nicht, weil er anders oder subversiv war, sondern weil die Haken, die er schlug, sich nicht in den Dienst eines großen Ganzen stellten.
Er nahm - so für sich genommen, wie wir ihn vor zwei Weihnachten bekamen - vorläufig alle Spannung aus der Rey-Kylo-Beziehung, ließ eine der zentralen Bedrohungen des Films (Snoke) zur Karikatur verkommen und verwässerte mit vielen bequemen Zufällen und unnötigen neuen Charakteren diverse interessante Themen und Charaktermotivationen. Und bitte erinnere mich niemand an die Zeitreise zurück zu Attack of the Clones, die die Nebenquest auf dem Kasinoplaneten darstellte.
Aber man nahm einige schöne Bilder, Gedanken und Einfälle mit. Kylo Rens Forderung, alte Dinge sterben zu lassen und die interessante Spiegelung dieses Themas durch Luke zum Beispiel. Oder Reys unbedeutende Herkunft als Botschaft, dass jeder Großes bewirken kann ... hieraus konnte man etwas machen - und trotzdem geht J.J. Abrams mit dem letzten Teil der Trilogie schwer auf Nummer sicher. Am Ende ist Der Aufstieg Skywalkers vermutlich der schlüssigere, klarere Film, aber auch der weniger interessante als The Last Jedi. Ich bin ehrlich gesagt nicht mehr sicher, welchen von beiden ich weniger mag.
Ich habe wirklich wenige warme Worte hierfür übrig. Ich kann nicht einmal sagen, dass mich die Bilder beeindruckt hätten, denn Episode 9 ist optisch vor allem ein sehr dunkler Film (übrigens bitte nicht in 3D schauen: Zum einen ist der Effekt kaum merklich und zum anderen ist dieser Film ist teilweise so dunkel, dass ich in bestimmten Einstellungen nur wenig erkennen konnte). Aber die Probleme liegen vornehmlich in der Handlung, weil man wirklich nicht mehr weiß, weshalb man sich für den Plot hier interessieren sollte. Man hat ja nicht einmal eine Ahnung, worum es hier eigentlich geht?
Man hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, die ersten beiden Filme hätten auf die Ereignisse des dritten zugesteuert. Das liegt in erster Linie daran, dass Abrams' neuer Streifen mit dem Title Crawl eine dritte Bedrohung etabliert, auf die man ruhig in den vorherigen Filmen hätte hinarbeiten dürfen. Aber das ist nicht das einzige Problem. Im Grunde sind es so viele, dass ich diesen Artikel besser stichpunktartig hätte aufziehen können, so wenig weiß ich, wo ich anfangen soll.
Keine Ahnung. Dinge passieren eben. So macht J.J. zum Beispiel das Fass von Reys Herkunft doch nochmal auf, um mal eben eine der zentralen Botschaften des letzten Teils zu negieren ("es ist egal, wo du herkommst"). Er vergisst wichtige Figuren aus den Vorgängern, stellt ihnen teilweise sogar neue "Charaktere" (man beachte die Anführungszeichen) zur Seite, die sie in ihrer Bedeutung noch weiter degradieren, weil sie ihnen Screentime und Dialogzeilen stehlen. Manche Leute sind einfach nur da, damit der Plot weitergehen kann und weil jemand vorhatte, noch mehr Actionfiguren zu verkaufen. Anstatt mit den Figuren, die man hatte, eine klare Geschichte zu erzählen, kommt einfach immer wieder jemand Neues oder Altes dazu, der nicht viel mehr zu tun hat, als alte Zitate wiederzukäuen oder schlicht die Charakterkonstellationen durcheinanderzuwerfen.
Themen werden angerissen - "ich muss dir etwas Wichtiges sagen" - und nie wieder erwähnt oder aufgelöst (auch filmübergreifend), mal wieder dreht sich alles um eine Schnitzeljagd, um den MacGuffin zu einem MacGuffin zum eigentlichen Ziel zu finden, das auf unerklärlichste Art und Weise nicht anders zu finden ist als so. Natürlich sind bestimmte Figuren auf einmal und ohne vorherige Andeutungen ineinander verliebt, was in dem unverdientesten und unangenehmsten Bildschirmkuss seit langer Zeit resultiert. Und wie sehr sich der Plot eines weiteren Star-Wars-Films auf schiere Zufälle stützt, das tut mittlerweile wirklich weh. Das gilt auch für die Tatsache, dass in diesem Universum offenbar nichts mehr wirkliche Konsequenzen hat, die man nicht mit einem Traumdialog, Force-Geistern oder taschenspielerischen Drehbuchtricksereien wieder rückgängig machen könnte.
Als Gesamtwerk betrachtet, sind Episode sieben bis neun für mich auf nahezu ganzer Linie gescheitert. Dabei war das für mich nicht von vorneherein ausgemacht. Der zentrale Cast ist toll und hat eine gute Chemie, charmante Einfälle aller Orten, die Optik stimmt meistens sowieso - aber letzten Endes gibt dieses Trio Filme das Bild ab, dass man eben doch keine zündende Idee hatte, wie es mit dem Sternenkrieg weitergehen oder was man mit dem alten Cast noch anfangen sollte. In ihren schlimmsten Momenten macht die neue Trilogie deshalb alles Erreichte der alten Filme zunichte - und das konnte ich nicht einmal über die Prequels sagen. Danke für den Versuch, aber ich bin wohl ein für alle Mal raus!
Regie: J.J. Abrams Buch: Chris Terrio, J.J. Abrams - Darsteller: Daisey Ridley, Adam Driver, John Boyega, Oscar Isaac - Laufzeit: 141 Minuten