Star Wars Obi-Wan Folge 5: Dramatische Momente und wie man sie zerstört
Noch eine Folge, dann sind wir wieder da, wo wir am Anfang von Episode IV waren!
Seid gewarnt: Dicke Spoiler zu allem in Folge fünf.
Ich sprach ja schon letzte Woche darüber, dass ich das hier keinesfalls mache, um Star Wars zu zerreden. Im Gegenteil, ich wünsche mir gute, einnehmende, verzaubernde neue Geschichten in diesem Universum – bekommen habe ich sterile Prequels, orientierungslose Sequels, Boba Fett und Obi-Wan. Rogue One war okay, weil anders. The Force Awakens und The Mandalorian, die alles andere als perfekt waren, immerhin ein schwer unterhaltsames, lichtes Funkeln in der Tristesse, die Star Wars seit nunmehr Generationen für mich ist. Und ja, die Animationsserien sind für mich ein blinder Fleck und werden es wohl bleiben.
Folge fünf von Obi-Wan Kenobi würde ich, was die Enthüllungen und die Spannungsmomente angeht, nun als die "beste" bisher bezeichnen. Die Anführungszeichen sollten aber bereits signalisieren, dass sie deshalb noch lange nicht gut war. Es gab ein paar sehr gute dramatische Momente, in denen ich sogar etwas gefühlt habe (Ned-B war der beste Charakter der Show!). Schade, dass sie oft nicht verdient waren. Wieso verteidigt man nach dem Fall des Tores erst noch den weit offenen, breiten Vorraum, anstatt den schmaleren Gang dahinter? Warum stehen die Leute einfach schießend in der Gegend rum? Denkt nicht, ich hätte das wegen der Wackelkamera nicht bemerkt!
Das war das gefühlte zwanzigste Mal, dass Star Wars beweist, dass keiner der Verantwortlichen eine Ahnung hat, wie man einen interessanten Shootout inszeniert (ich erinnere ein weiteres Mal an den Sturm aus der belagerten Bar raus auf die Straße in Season eins vom Mandalorianer!). Kein Wunder, wenn die Jedi einen Blaster als unzivilisierte Waffe betrachten. Was hier passiert, sieht nach Kindern aus, die auf dem Spielplatz mit Zweigen, abgebrochenen Besenstielen und leckenden Wasserpistolen Polizei spielen. Aber ok, anders würden die Sturmtruppen wohl gar keinen Treffer landen können. Dass dann beim folgenden Rückzug Tala und Ned als Erste darauf kommen, den Tunnel zu sprengen, und sonst niemand diese Idee hatte, zeugt ebenfalls davon, dass auch dieser Moment "rückwärts" geschrieben wurde: Die Autoren wollten dieses Opfer und haben den Rest der Geschichte drumherum getextet.
Überhaupt: Da ballert das Imperium minutenlang mit der Kanone auf das Tor, nur damit Reva es nach ihrem Dialog mit Obi-Wan mit dem Lichtschwert aufschlitzt, wie ich die Tüte abscheulicher Fertig-Carbonara gestern Mittag. Warum nicht gleich so? Weil man sonst nicht zuvor durch die dicke Stahltür hätte miteinander flüstern können! Und alldieweil denkt niemand daran, den Sternenzerstörer schon mal über der möglichen Fluchtroute des Frachters zu parken, sollten die Widerständler eventuell doch noch die Schotten aufbekommen. Nein, man lässt sie einfach fliehen – und hat dann Glück, dass deren Hyperdrive ausfällt, sodass man in Folge sechs das Aufeinandertreffen von Obi-Wan und Vader erneut aufkochen kann.
Die Enthüllung, dass Reva einer der Padawane ist, die Order 66 überlebt haben, und nun Vader an den Kragen will, ist psychologisch interessant und auch recht gut gespielt, aber letztlich nicht glaubwürdig. Was ist sie noch bereit zu tun, um sich näher, und näher an Vader heranzuschmeicheln, von dem sie sich nicht sicher ist, dass sie ihn je töten können wird? Wie viele Morde und Genozide will sie in den nächsten Jahren (Jahrzehnten?) für ihn verüben? Aber ist auch egal, denn natürlich wusste Vader das alles die ganze Zeit – und versagt dann ein zweites Mal dabei, Reva zu töten. Wird in dieser Serie überhaupt irgendwann mal etwas erreicht? Von irgendwem? Schwach.
Das Gute: Das war alles nicht unspannend gemacht. Aber wiederum: Da überzeugt Obi-Wan Reva, jetzt schon zu handeln, mit einem "Lass' es uns zusammen beenden" im interessantesten Moment der Episode, nur um sich Sekunden später (plötzlich nicht mehr gefesselt!) trotz enger Bewachung durch zwei Sturmtruppen mal wieder mit Gun-Fu zu befreien. Was war da noch mal der Plan? "Vader wird nur Augen für mich haben", sagt unser "Held" und dann verzieht er sich einfach mit all den anderen. Klar, dass sich Reva, so allein gelassen, dann erst Zeit lässt, mit ihrem Attentatsversuch auf den Mann in Schwarz und sich dann noch schreiend ankündigt. War das gemeint mit "es zusammen beenden"?
Ich verstehe wirklich nicht, wie so etwas im Drehbuch landet? Ach ja, da steht ja nur "Vader kommt Reva auf die Schliche und besiegt sie im anschließenden Kampf!" Wie ich immer wieder sage: Es ist rückwärts geschrieben: Diese Eckpunkte der Handlung standen als Erstes, der Rest der Show wird so hingebogen, dass sie passieren können.
Die ärgerliche Randnotiz dieser Episode wäre wohl, dass die angebliche Wanze Revas auch eine Fernsteuerung beziehungsweise Umprogrammierung für Leias Droiden war, die das Mädchen im handlungsrelevanten Moment natürlich prompt entdeckt, und abknibbelt wie einen frisch unter die Schulbank geklebten Kaugummi. War ja klar, dass das Kind den Tag rettet und in gefühlten 15 Minuten schafft, wofür Basis-Boss Roken "drei bis vier Stunden" gebraucht hätte. Obwohl natürlich auch diese Flucht, wie erwähnt, wieder nur deshalb gelingt, weil das Imperium keine Lust hatte, eine Blockade im Orbit des Planeten zu errichten.
Da wären wir also: Die letzte Folge vor dem großen Finale war eine Aneinanderreihung effektvoller Momente und nicht ohne Spannung, aber nichts davon wirkte verdient oder folgenschwer. Obi-Wan schleppt sich so über die Ziellinie, wie es scheint – und Reva mit Lichtschwertloch im Bauch vermutlich Richtung Tattooine, um Vader durch den Mord an Luke eins auszuwischen? Was wir jetzt schon wissen: Luke wird am Ende sicher sein, sein Geheimnis und das seiner Schwester noch eine Weile bewahrt bleiben. Wenn alles, was man hiervon erwartet hatte, ein Schließen der Lücke zwischen Episode drei und vier war, kann man sich hiermit vermutlich arrangieren. Aber machen wir uns nichts vor: Das hier hätte so viel mehr sein können.