Star Wars Squadrons macht den besten ersten Eindruck, den ich mir vorstellen kann
Ace, bist Du das!?
Oh je, es war schon irgendwie klar, dass ich, der schon 1992 Wing Commander eigenhändig für seinen Amiga kaufte, für dieses Spiel leichte Beute werden würde. Aber schon im eröffnenden Charaktererstellungsbildschirm so um den Finger gewickelt zu werden... damit hatte ich nicht gerechnet.
Nicht, dass die Persönlichkeiten eurer Jagdflieger in der Kampagne wirklich eine Rolle spielten oder sie irgendwie in den Kanon eingebunden wären (man kann sie frei umbenennen), aber dass das Spiel aus einer Reihe an zufälligen Namen in meinem Fall den Piloten der Rebellenseite Ace Azzameen taufte, fühlte sich für mich nicht nach Zufall an. Ace war der Protagonist meines liebsten X-Wing Spiels, X-Wing Alliance von 1999. Das Angebot, einmal mehr in seinen - wenngleich generisch zusammengewürfelten - Avatar zu schlüpfen, nahm ich dankend an. Keine Änderungen notwendig.
Cockpit-Gefühl vom Feinsten
Ich spiele Star Wars Squadrons erst seit gestern und ausschließlich in der Kampagne, kann mir deshalb noch kein abschließendes Urteil erlauben. Das folgt nächste Woche im ausführlicheren Test. Schließlich ist es die Mehrspielerkomponente, die hier eigentlich im Fokus steht. Aber ich wollte dennoch einen ersten Eindruck mit euch teilen, bevor ich mich daran mache, das Spiel mit vollem HOTAS-Aufbau und in VR auch im Multiplayer zu sezieren. So viel kann ich schon mal sagen: Auch abseits der kaltschnäuzigen Ausnutzung meiner Nostalgie für ein 21 Jahre altes Spiel macht mir Star Wars Squadrons schon einige Freude.
Vor allem das Flugmodell überzeugt: Die Steuerung ist eingängig und übersichtlich aufgebaut und die Schiffe reagieren erfreulich kinogerecht, bewegen sich also auf denselben Achsen wie Flugzeuge, anstatt physikalisch korrekt über alle sechs Achsen zu schubbern, wie sie das auf Wunsch in Elite Dangerous oder Star Citizen tun. Besonders schön ist, wie wichtig und unmittelbar lohnend das clevere Energiemanagement ist, bei dem man Schilde, Waffen und Antrieb für verschiedene Gefechtssituationen priorisiert. Auf dem Steuerkreuz maximiert ihr das jeweilige System, wodurch die anderen beiden auf ein Drittel zurückgesetzt werden. In den Optionen finden sich auch freigelassene Tastenbelegungen für eine feinteiligere Justierung. Im ersten halben Dutzend Missionen fand ich das aber nicht nötig. Im Multiplayer dürfte sich das ändern.
Wedge Antilles ist immer eine Bank
Das Gute daran: So, wie es in der Standardeinstellung ist, fühlt man jedes Umschalten direkt. Sofern etwas anderes als Waffen priorisiert ist, ist an Dauerfeuer nicht zu denken. Im Speed-Modus an einem Sternenzerstörer vorbeizusausen, grenzt an Selbstmord, und einer Rakete auszuweichen, ist mit voller Waffenenergie sehr viel schwieriger, als wenn man die Triebwerke bis zum Anschlag aufreißt. Da auch das Spiel mit dem Schub interessant gelöst ist - in der Mittelstellung ist man deutlich am wendigsten, aber auch sehr viel langsamer -, ergibt sich aus einem eigentlich einfachen System einiges an Tiefe - zumindest theoretisch, denn im Solo-Modus spielt es sich auf "normal" noch halbwegs gemütlich weg.
Macht aber auch nichts, denn das hier ist in seiner Kampagne in erster Linie auf Atmosphäre und Spektakel ausgelegt. In der vorderen Hälfte gibt es leider sehr viele Tutorial-Einblendungen, die dafür sorgen, dass man schon ein wenig das Gefühl bekommt, hier nur den Prolog für den Multiplayer zu spielen, die Missionen an sich sind aber hübsch und aufwendig genug, dass dieser Gedanke wieder verfliegt, sobald man die Hilfetexte weggeklickt hat. Gleichzeitig gebe ich zu: So wahnsinnig spannend ist die Handlung bislang nicht, auch wenn Fan-Favoriten wie Admiral Ackbar und Wedge Antilles Gastauftritte haben. Da hat mich der animierte Kurzfilm "Hunted" deutlich mehr gepackt. Dennoch: Die Missionen und das Cockpit-Gefühl sind genug, dass ich dankbar für den Einsatz bin, den EA Motive hier gegangen ist.
So kann's weitergehen
Schade ist allerdings ein bisschen, dass man in den Missionen fast immer sehr an die Leine genommen wird. In vielen der alten Weltraumsimulationen konnte man einfach drauflos fliegen, bestimmte Nav-Punkte früher anfliegen und dadurch meist nur Probleme bekommen, weil man auf sich alleine gestellt war. Hat nicht viel gebracht, außer das gute Gefühl, dass der Weltraum eben sehr, sehr groß war. Squadrons' Kampagne folgt in dieser Hinsicht klar aktuellen Actionspielgewohnheiten: hier gibt es schon mal unsichtbare Wände und klare Aufforderungen, in die Formation zurückzukehren. Es ist eben deutlich linearer aufgebaut. Gut gefallen haben mir hingegen die Szenen zwischen den Missionen, wenn man sich auf dem Trägerschiff vom Einsatzraum in den Hangar begibt und dort optional mit verschiedenen Charakteren einen Plausch halten kann. Wiederum: Hat was von Wing Commander.
Optisch ist das Spiel ein Stück weit spektakulär. Vor allem der Detailgrad der Cockpits und das Gefühl, im Pilotensitz zu sitzen, sind wundervoll. Auf der PlayStation Pro läuft es zudem in 4K und 60fps. Auf dem PC theoretisch noch sehr viel schneller, aber aktuell gibt es einen Bug, bei dem es auf Monitoren mit höherem Refresh ab 60fps aufwärts zu ruckeln beginnt, weshalb man auch hier an dieses Limit gebunden ist. Für dieses Spiel reicht es vorerst, ein Patch wäre dennoch schön.
Ich bin erstmal sehr angetan vob den, was EA Motive hier auf die Beine gestellt hat. Schon beim Blick auf die Feature-Liste macht es selbst für seine nur 40 Euro durchaus den Eindruck, dass man hier erstmal nur die Basis hingestellt hat: Ich denke nicht, dass ich mich an die Geschichte lange erinnern werde, und die bisher nur sechs Karten und zwei Spielmodi wirken auch nicht so, als wären sie in der Lage, das Spiel auf Monate hinaus zu tragen. Aber es ist eine Basis, auf der man etwas wirklich Schönes aufbauen könnte. Mehr habe ich für den Moment nicht gebraucht. Ich hoffe, vielen anderen Spielern geht es genauso.
- Entwickler / Publisher: EA Motive / EA
- Plattformen: PC, PS4, Xbox One (getestet auf PC, PS4)
- Release-Datum: erhältlich
- Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
- Preis: ca. 40 Euro, keine Mikrotransaktionen