Star Wars: The Acolyte Folge 3 beerdigt (fast) alle meine Hoffnungen binnen 38 Minuten
Schwer zu schlucken.
Spoiler zu The Acolyte, aber machen wir uns nichts vor…
Vorab: Nein, natürlich hat es nichts mit Inklusion zu tun, dass The Acolyte sich in Folge 3 mit Verve auf das Niveau von Boba Fett herunterschwingt und mit einem Mal mit dem alternden Kopfjäger verbissen um die Krone der schlechtesten Star-Wars-Serie ringt. Ich kann mir problemlos einen Sternen-tingelnden Jedi-Mordfall mit getrennten Zwillingen aus einer lesbischen Hexenkommune vorstellen, der das Beste ist, was ich je im Fernsehen gesehen habe. Die Machart ist das Problem.
The Acolyte ist mal wieder dieselbe tranige “Erst ist das passiert, dann das und danach jenes”-Erzählweise, die uns aus Angst vor Leerstellen so lange mit Gegebenheiten und uninteressanten Details zwangsbetankt, bis wir wirklich alles wissen, was sich zugetragen hat. Ob es nun der Geschichte dienlich ist oder nicht. Das ist mittlerweile schwer zu ertragen und strapaziert die Geduld. Was machen wir hier eigentlich?
”Erzähl mir mehr über die Macht, ich wollte sowieso gerade ein Nickerchen halten”
Star Wars fällt immer dann auseinander, wenn mehr über die Macht geredet wird, als unbedingt nötig. Und obwohl die Idee mit den Hexen kontrastierend zu den Jedi theoretisch eine interessante neue Facette ist, was die Philosophie hinter der Macht angeht, machen Leslye Headland und ihr Autoren-Team nichts Spannendes damit. Wie so viele andere der schwächeren Star-Wars-Produkte der letzten Jahre ist auch The Acolyte offensichtlich mehr daran gelegen, die Lore aufzublasen, anstatt sich mit charismatischen Charakteren und deren mitreißenden Geschichten zu befassen. Und das hängt Serien wie dieser mittlerweile wie ein Mühlstein um den Hals.
Das Star-Wars-Universum war für mich immer seltsam, rätselhaft und märchenhaft entrückt. In Acolyte schwindet das Seltsame durch die Parallelen zur echten Hexenverfolgung, vergehen Star Wars’ Rätsel durch überlange, allzu detaillierte Exposition und schwindet das Entrückte durch klischeehafte Rituale und herbei konstruierte oder nicht echt genug wirkende Konflikte. Im Bemühen, diese Welt mythologisch weiter anzureichern, höhlen die Verantwortlichen sie also immer weiter aus, nehmen ihr Gewicht und Zauber.
Und dann ist da der “Brand” – der zentrale Erzählkniff dieser Episode – der mir in seiner Machart einfach gar nicht gefiel. Was ist passiert? Osha will die Gemeinde verlassen, Mae wird wütend, will sie töten (eine Achtjährige, wohlgemerkt!) , legt ein Feuer. Explosionen erschüttern dann das Gebäude, die viele oder alle der Hexen töten. Das Problem ist, dass nicht klargestellt wird, welchen Blickwinkel oder wessen Version dieser Geschichte wir sehen. “16 Jahre vorher” stimmt uns eine Einblendung zu Beginn der Folge ein, was mir erst mal signalisiert, dass es sich um die wahren Begebenheiten handelt, die zur Trennung der Kinder geführt haben. Nun gut, das lässt noch etwas Negativraum an Dingen, die wir nicht gesehen haben.
Aber für den Moment sollen wir das alles schlucken, was wir hier an Quatsch sehen. Bloß... mir will das einfach nicht durch den Hals, was vermutlich so beabsichtigt ist, sich jedoch trotzdem nicht gut anfühlt. Sowohl die Dinge, die vermutlich so passiert sind, als auch die Sachen, die Osha eventuell nur glaubt, weil Sol ihr sie so aufgetischt hat, wirken holprig, weil nicht genau klar ist, wie diese komplette Sequenz zu nehmen ist. Warum sehen wir sie überhaupt, wenn sie nur noch einmal eine Chronik der Ereignisse zeigt, von denen Sol ohnehin schon erzählt hat?! Es ist schwierig, zu beschreiben, was mich hier stört. Vielleicht bringt ihr es in den Kommentaren besser auf den Punkt. Help!
Es ist sicher, dass The Acolyte auf eine Enthüllung hinarbeitet, aber die Saat dafür, die hat Leslye Headland in dieser Bekanntes wiederkäuenden Folge nicht genug gegossen. Nicht falsch verstehen: Die Implikationen, die es hätte, wenn der Jedi-Orden für den Niedergang des Hexenzirkels verantwortlich wäre, sind durchaus cool. Aber ich fühle mich in der Art, wie mir das gezeigt wird, einfach verschaukelt. Und an das Szenario, in dem das heute Gesehene der Wahrheit entspricht, mag ich nicht mal denken. Dann können wir den Laden erzählerisch auch gleich zumachen.
Liest denn niemand diese Drehbücher gegen?
Es stören mich noch viele andere Kleinigkeiten. Zum einen spielen die Kinder nicht überzeugend, zum anderen ist es nicht glaubwürdig, dass sie nicht ausreichend indoktriniert wurden, um eine gesunde Abneigung gegen die Jedi zu entwickeln. Osha denkt sogar, die Jedi seien explizit gut – woher kommt das, wenn man in diesem Umfeld groß wird? Trotzdem ist die andere Achtjährige offenbar gut genug gehirngewaschen, dass sie ihre Schwester für das Verlassen der Gemeinde töten will (erneut: na klar!). Die Geschichte mit dem Feuer klammern wir jetzt mal aus, weil ich denke, dass mehr dahintersteckt, als wir gesehen haben. Aber dass Osha mit acht Jahren schon weiß, wie man eine Türsteuerung kurzschließt, ist so ein faul zusammengedichteter Ausweg, dass ich darüber nur mit den Augen rollen konnte.
Nach den wundervollen Landschaftsaufnahmen zu Beginn der Folge bin ich zudem aufrichtig schockiert, wie sehr die Szenen in der Hexengemeinde bisweilen nach Impro-Theater aussahen. Das wirkte schwer danach, als wären Darsteller und Szenenbildner vom Drehbuch und den Leuten hinter der Kamera komplett alleingelassen worden. Ich kann mich nur wiederholen: Was sollte diese Folge, außer, ein paar neuer Gesichter zu zeigen und den Hergang, den die Jedi geschildert haben, zu bestätigen?
Zugegeben, das ist quasi symptomatisch für alles an Realfilm-Star-Wars, was nicht Andor heißt. Doch mittlerweile wundert es mich schwer, dass man uniform offenbar keine Ahnung hat, was für eine Geschichte man eigentlich erzählen will und warum. Eine Folge gebe ich ihnen noch, das Ruder rumzureißen, in Ansätzen mochte ich es ja, was ich bisher gesehen hatte. Findet die Geschichte nicht bald einen Hook, der über “mehr Star Wars” hinausgeht, war es das mit uns. Gut, dass ich im Juli eh Urlaub habe…