Star Wars: The Acolyte nimmt wieder ein paar ärgerliche Abkürzungen – Spaß macht’s trotzdem
Es kann nicht alles Andor sein, die Dritte.
SPOILER für Folge 1 und 2 von Star Wars: The Acolyte: Ich gehe zwar nicht ins Detail, was in den ersten beiden Folgen genau passiert, aber die groben Züge der Handlung könnten durch die Art der Kritik erkennbar werden. Wollt ihr das ausschließen, kommt besser zurück, wenn ihr sie gesehen habt.
Neues Star-Wars-Material! Wie finden wir das? Nun, Ahsoka fand ich am Schluss, mit ein paar kleineren Einschränkungen, was den Endpunkt und den Umgang der Figuren damit angeht, dann doch ganz spaßig. Außerdem versprachen die ersten Trailer von The Acolyte zumindest, dass sich Star Wars endlich mal von der Kernerzählung rund um Skywalker und Co. abkapseln würde, um uns in die Zeit der Hohen Republik zurückzuversetzen.
Das hat schon Potenzial, vor allem, wenn man mit Leslye Headland die Showrunnerin von Russian Doll ranlässt. Jetzt sind die ersten beiden Folgen online und … ich weiß noch nicht so recht. Vorweg: Das hier ist bislang schon in Ordnung, grobe Schnitzer, wie sie sich Boba Fett, Obi-Wan und die dritte Staffel von The Mandalorian leisteten, habe ich bisher nicht ausmachen können. Ich habe durchaus Lust, in einen Teil dieses Universums einzutauchen, der bislang noch sehr unscharf gezeichnet war.
Auf in die Hohe Republik, 100 Jahre vor Skywalker
So sind die Jedi zum Beispiel auf der Höhe ihrer Macht, die diese schon mal auf recht unsympathische Weise missbrauchen. Eine der Hauptfiguren, Jedi-Ritter Yord, nutzt etwa direkt zu Beginn den Mind-Trick, um eine Information aus einem Neimoidianer herauszubekommen, der bis dahin bestenfalls irritierend war. Da das der Grundzustand der Neimoidianer ist, fand ich das arg unverhältnismäßig und übergriffig. An anderer Stelle suggeriert eine Jedi-Meisterin, dass die zügige Aufklärung des Verbrechens, mit dem diese Serie beginnt, und ein statuiertes Exempel wichtiger seien als die gebotene Gründlichkeit.
Ich wäre zwar regelrecht von den Socken, wenn die Serie die Werte der Jedi tiefschürfender hinterfragte als das, lasse mich aber gerne überraschen. Und wenn nicht: Diese grauen Nuancen finde ich alleine schon erfrischend. Sie geben der noch im Schatten verborgenen Opposition auf der dunklen Seite zumindest den Hauch einer Nachvollziehbarkeit, denn gegen den absolutistischen Ordnungsanspruch der Jedi muss sich die Selbstbestimmung-und-Chaos-Fraktion beinahe zwangsläufig auflehnen. Mir gefällt das besser als das bisherige Jedi-Narrativ von der “bösen” dunklen Seite.
Auch den Start der Show, die als Ermittlung in einem Mordfall beginnt, fand ich gelungen. Das Problem ist nur, dass Star Wars ein Geheimnis noch schlechter für sich behalten kann, als mein vierjähriger Sohn und das Spiel mit dem “doppelten Lottchen” binnen 20 Minuten fast hibbelig vor Anspannung unbedingt auflösen muss. Und natürlich wäre es nicht Star Wars, wenn die Show nicht auch eine der üblichen Abkürzungen nach der anderen nähme. Das nimmt bei Star Wars wie immer unterschiedliche Gestalt an.
"Wenn du denkst, es geht nichts mehr, kommt von irgendwo eine Vision her"
Wenn beim Zuschauer etwa der Groschen wegen irgendwas fallen soll, was – und da kommt der Vergleich mit meinem Vierjährigen schon wieder – aufgrund fehlender Geduld grundsätzlich zu früh kommt, hat ein Charakter eben einen Traum oder eine Vision, der jede aktuell bestehende Frage beantwortet. Und auch sonst passieren viele Dinge im Plot einfach, um eine bestimmte Folge zu forcieren: “Yord soll Osha ab der nächsten Szene doch vertrauen? Ok, dann drehen wir es so, dass er sie dabei beobachtet, wie sie auf magische Weise vor allen anderen bei der Leiche ankommt” (eine hanebüchene Unmöglichkeit, die den Obi-Wan-mäßigsten WTF-Moment der ersten beiden Folgen darstellte).
Oder der hier: “Wie schaffen es die Jedi, Maes Komplizen ausfindig zu machen? Klar, sie verfolgen das Gift zur einzigen Apotheke im Umkreis zurück!” Warum Qimik sich überhaupt in der Apotheke eingenistet hat, wenn es ursprünglich gar nicht geplant war, Meister Torbin (dessen Bart und Haarpracht aussahen als hätte sich ein Kind – meinetwegen mein Vierjähriger – als Erwachsener verkleidet) mit Gift zu töten, bleibt ein Rätsel, auf das meine Antwort lautet: Damit die Jedi ihn ausfindig machen können. Es ist geradezu ein Paradoxon, so maximal ist das konstruiert.
Und natürlich wird die Spannung beim Stellen der Falle für Mae allein dadurch erzeugt, dass die Jedi Qimik weder mit Mind Tricks noch mit anderen Maßnahmen in die Mangel nehmen. Nichtmal ein “Ich spüre, dass er die Wahrheit sagt” kam von Meister Sol, was mal wieder belegt: Die Macht ist immer nur so stark und Jedi immer nur so smart, wie es dramaturgisch dienlich ist. Das ermüdet mittlerweile beim Zuschauen sehr.
Warum ich Acolyte dennoch weiterschauen werde
Dass ich dennoch neugierig bleibe, liegt neben dem neugierig machenden Szenario auf jeden Fall daran, dass die Rolle der Jedi in dieser Zeit eine große Chance darstellt. Es deutet sich tatsächlich eine schwere Schuld des Ordens an, das Rätsel, das Oshas und Maes jäh beendete Kindheit umgibt, ist ein guter Antrieb für diese Geschichte.
Außerdem gefallen mir nach Andor ein weiteres Mal die Sets sehr, auch wenn die Regie und Kameraarbeit insgesamt etwas Flair vermissen lassen und einige Dialoge recht steif wirkten. Amandla Stenberg macht in ihrer Doppelrolle einen ordentlichen Job, die Force-Kämpfe sind – sofern man darauf klarkommt, dass Jedi mittlerweile Wuxia-Krieger sind – hübsch choreografiert und Dafne Keen nach Logan mal wieder in irgendwas zu sehen, ist ebenso nett. Im Gegensatz zum faden Yord, dem das Drehbuch als stocksteifem “by-the-books” Jedi keinen Gefallen tut, macht es Spaß, ihr als Padawan Jecki zuzusehen.
Schauen wir mal, auch Ahsoka ist schwach gestartet und hat sich dann gesteigert. Ich bin gewillt, lose am Ball zu bleiben und mich überraschen zu lassen, wie das hier ausgeht. Ich war unterhalten und mehr will ich mittlerweile nicht mehr von Star Wars. Bis Andors zweite Staffel kommt, kann ich damit gut leben.