StarCraft II: Wings of Liberty
Aus Erfahrung gut
Abschließend noch ein Wort zu Grafik und Sound: Dank zusätzlicher Effekte und viel detaillierteren Karten sieht der Einzelspieler-Modus eine ganze Ecke besser als die Mehrspielerpartien aus. Die Animationen sind flüssig und detailliert, überall bewegt sich etwas auf der Karte und die zum Teil beeindruckenden Lichteffekte sorgen für eine äußerst stimmige Atmosphäre. Trotzdem wird meiner Meinung nach nicht ganz die Qualität eines Dawn of War II erreicht.
Die etwas geringere Polygonanzahl lässt sich durch die Menge der Einheiten ja noch verschmerzen. Mich persönlich nerven vielmehr die seltsamen Größenverhältnisse. Ein schwerer Kreuzer, der meine ganze Armee mitführt, ist gerade mal so groß wie zwei Panzer. Am schrägsten sieht für mich aber immer noch der Thor-Mech aus. Er überragt nahezu jedes Gebäude und lässt Marines winzig wirken. Supreme Commander und Dawn of War haben gezeigt, dass es anders geht. Auch auf dem Schiff und in den Ingame-Cuscenes hat Blizzard ein deutlich besseres Verhältnis gefunden.
Überhaupt ist der Unterschied zwischen Spielfeld-Grafik und dem Geschehen auf der Hyperion enorm. Im Arsenal werden die Einheiten deutlich korrekter dargestellt. Hier überragt ein Viking-Transformer einen Goliath-Mech bei weitem, während auf der Karte beide ungefähr gleich groß sind. Auch was Texturen und Polygondichte angeht, sieht StarCraft II hier fantastisch aus. Ihr könnt selbst die Einheitenabzeichen auf den Panzern erkennen, die Glut einer Zigarre beim Abfallen bewundern und die Bartstoppeln von Jim Raynor zählen. Da können mir die Entwickler noch so oft erzählen, dass es nicht anders möglich gewesen wäre, ich will diese Modelle auf dem Schlachtfeld und keinen mittelprächtigen Ersatz.
Auch bei der Sounduntermalung gibt es Licht und Schatten. Der Orchestersoundtrack ist über jeden Zweifel erhaben und jagt euch mit von einem Crescendo zum nächsten. Die Musik atmet im Takt zum Gameplay, treibt euch voran, packt euch bei den Eiern und richtet in den richtigen Momenten die Nackenhaare auf. Und auch die englische Synchronisation ist phänomenal. Die Stimmen passen perfekt zu den Charakteren und die Sprecher lassen viel Gefühl mitschwingen. Nur auf Deutsch klingt das Ganze deutlich schwächer. Speziell Raynor, aber auch die restliche Truppe wird einfach nicht richtig charakterisiert. Zum Glück könnt ihr euch jederzeit die englische Originalversion herunterladen.
9 von 10 hört sich bei all dem Gemecker im ersten Moment fast ein wenig zu viel an. Doch die meisten Kritikpunkte sind Jammern auf hohem Niveau. Mag sein, dass mich StarCraft II: Wings of Liberty nicht ganz so weggefegt hat wie damals WarCraft III und damit der ganz große Wurf ausbleibt, doch das Gesamtpaket überzeugt. Ginge es allein um die Kampagne, würde die Note vielleicht nicht ganz so hoch ausfallen.
Die Inszenierung ist zwar für einen Echtzeitstrategie-Titel revolutionär und auch die Geschichte deutlich packender als bei der versammelten Konkurrenz, doch gerade beim Missionsdesign, aber auch bei den frischen, unverbrauchten Spielideen muss sich Wings of Liberty dem Inhouse-Kontrahenten geschlagen geben. Trotzdem hat mich die Kampagne nahezu perfekt unterhalten und durch die neuen Spielideen bei der Stange gehalten. Großes Echtzeitstrategie-Kino, das sich aber spielerisch nur schrittchenweise vorwärts bewegt.
Beim Mehrspieler-Modus ist diese konservative Haltung noch deutlicher spürbar. Im Prinzip wird hier ein StarCraft 1.5 mit 3D-Grafik und Detailverbesserungen geliefert. Für die meisten Fans ist das eine hervorragende Nachricht. Allen voran E-Sportler bezeichnen den ersten Teil ja noch immer als das beste Multiplayer-Spiel. Für mich passiert da einfach zu wenig und das sorgt gemeinsam mit der hohen Spielstärke der Kontrahenten für Frust. Objektiv und aus der Perspektive der Fans betrachtet, ist der Mehrspieler-Modus trotzdem perfekt. Zusammen mit dem genialen Editor, dem aufgehübschten Battle.net und dem gewaltigen Umfang hat der Titel also redlich seine 9 verdient. Hardcore-Fans werden den Titel sogar noch ein Stück besser bewerten. Der Rest wird aber auch so eine Menge Spaß haben. Als Echtzeitstrategie-Fan kommt man aber sowieso nicht daran vorbei.
StarCraft II: Wings of Liberty ist ab sofort für den PC erhältlich und läuft auch auf Macs.