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StarDrive 2 - Test

Ein guter Ansatz macht noch lange kein Master of Orion 2.

StarDrive 2 wäre gerne so gut wie Master of Orion 2, dieses Vorhaben scheitert jedoch an mehreren Problemen. Spaß macht's trotzdem.

Die Galaxie erkunden, Kontakt mit anderen Rassen knüpfen und neue Kolonien auf fremden Planeten errichten. Für die Menschheit ist das derzeit noch eine Wunschvorstellung, aber zumindest virtuell ist das schon seit Jahren ein Klacks. Zu den Königen der 4X-Strategiespiele zählt nach wie vor das 1996 veröffentlichte Master of Orion 2. Dass genau dieser Klassiker das Vorbild für StarDrive 2 war, ist ziemlich offensichtlich - und sicherlich nichts, wofür man sich schämen müsste. Es wäre gerne so gut wie das MicroProse-Vorbild, hat auch gute Ansätze, erreicht sein Ziel aber noch nicht ganz.

Aller Anfang ist schwer. Und so steht ihr zu Beginn vor der gewohnten Wahl der geeigneten Spezies. Es gibt verschiedene vorgefertigte Optionen für euch, darunter die Weltraum-Bären namens Kulrathi, die nicht nur vom Namen her an die Kilrathi aus Wing Commander erinnern. Die Inspirationsquelle für die menschliche United Federation ist ebenfalls nicht allzu schwer zu erraten. Außerdem gibt es noch friedlichen Pflanzenkreaturen, die auf den Namen Pollops hören, sowie die an Werwölfe erinnernden Vulfar.

Jede Rasse definiert sich wiederum über eigene Stärken und Schwächen. Die Vulfar sind etwa fähige Kämpfer und verfügen über Boni, die das Militär betreffen, besitzen aber auch negative Eigenschaften und sind zum Beispiel „dumm" (weniger Forschungspunkte) und haben schlampige Ingenieure (-20 Prozent Schiffstrefferpunkte). Wenn euch all das nicht zusagt, könnt ihr wahlweise die Eigenschaften einer anderen Spezies auf die von euch gewünschte übertragen oder ihr individualisiert diese Dinge ganz nach eurem Geschmack, indem ihr eine gewisse Zahl von Punkten verteilt.

Die KI reagiert recht aggressiv und durchquert immer wieder euer Territorium oder kolonisiert Planeten darin.

Es folgt die Gestaltung des Universums, wobei ihr auch hier ein wenig Spielraum habt. Ihr legt die Zahl der Gegner (eins bis acht) und Sternensysteme (20 bis 100) fest und wählt die Verteilung von Letzteren. Bei einer zufälligen Verteilung stellt ihr schneller Kontakt mit anderen Rassen her, sind die Systeme in Clustern angeordnet, dauert es länger, während eine spiralförmige Platzierung irgendwo in der Mitte liegt. Weiterhin könnt ihr die Fruchtbarkeit und den Mineralienreichtum von Planeten bestimmen oder die Zahl der Bedrohungen durch Piratenflotten und dergleichen. Wenn ihr wollt, schaltet ihr solche Angriffe durch Drittparteien komplett ab und könnt darüber hinaus noch die eben erwähnten Eigenschaften anderer Spezies zufällig auswürfeln lassen.

So weit, so gut. Von da an tut ihr das, was ihr in Spielen dieses Genres normalerweise so tut und was an sich ganz gut funktioniert. Ihr startet mit einem Planeten und erobert von dort aus die Galaxie. Erkundet neue Sonnensysteme, sucht nach bewohnbaren Welten und sendet Kolonieschiffe aus, um sie für euch zu beanspruchen. Ihr forscht nach neuen Technologien, kümmert euch um die Infrastruktur und den Bau einer Flotte, wenn es doch mal zu Streitigkeiten mit euren Nachbarn kommt.

Letzteres ist ehrlich gesagt gar nicht mal so unwahrscheinlich, wenn ihr nicht gerade auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad spielt. Auf den höheren Stufen ist die KI ziemlich aggressiv und Krieg ist im Allgemeinen regelmäßig ein Thema. Und genau das ist eines der Probleme des Spiels. Eine andere Möglichkeit, das Spiel zu gewinnen, gibt es gar nicht. Wo Master of Orion 2 noch drei verschiedene Siegbedingungen bot, könnt ihr in StarDrive 2 nur die Galaxie erobern. Und dabei habt ihr eigentlich gar keine Wahl, als selbst auf eine aggressive Kolonisierungsstrategie zu setzen, denn sonst schnappen euch eure Nachbarn sogar nicht bevölkerte Planeten, Asteroidengürtel und Systeme vor der Nase weg, die eigentlich eurer Raumhoheit unterliegen.

"Wo Master of Orion 2 noch drei verschiedene Siegbedingungen bot, könnt ihr in StarDrive 2 nur die Galaxie erobern."

In das Design eigener Schiffe kann man einiges an Zeit stecken.

Dahin gehend sind diplomatische Optionen zwar vorhanden und bieten einen interessanten Ansatz, sind allerdings in gewissen Aspekten zu sehr eingeschränkt. Einerseits basiert die Diplomatie grundlegend auf der Toleranz durch eure Bevölkerung und der eures Gesprächspartners. Es können also keine überzogenen Forderungen gestellt, die die Toleranzgrenze von einem der beiden Gesprächspartner überschreiten. All das hängt auch davon ab, was ihr ihnen bieten könnt und was ihr im Gegenzug bekommt - alles hat einen gewissen Wert.

Gleichzeitig fehlen hier jedoch elementare Funktionen. Handelsverträge, der Austausch von Technologien oder Nichtangriffspakte lassen sich zwar vereinbaren, aber warum kann ich keine Allianz mit einer anderen Spezies eingehen, um etwa eine dritte Partei gemeinsam anzugreifen? Dass gerade so etwas fehlt, kann ich nicht nachvollziehen. Ebenso wünsche ich mir mehr Möglichkeiten, um entsprechend auf die aggressive KI zu reagieren. So wie es derzeit ist, kann ich, sofern zum Beispiel ein Kolonieschiff meinen Raum durchquert und darin einen Planeten besiedelt, nur mit Krieg drohen oder gleich den Krieg erklären und das Schiff abschießen oder die Kolonie erobern. Und dass die Nachbarn euer Territorium durchqueren, kommt nicht gerade selten vor. Ein paar schärfere Drohungen wären hier wünschenswert, ebenso wie die Möglichkeit, ein Schiff oder eine Flotte zu zerstören, ohne gleich den Krieg erklären zu müssen.

Die Kriegsführung an sich ist gut ausgearbeitet, andere Bereiche hingegen fanden leider nicht so viel Beachtung. Besonders nett ist die Möglichkeit, eigene Schiffsdesigns zusammenzustellen. Ihr könnt nämlich verschiedene Rümpfe auswählen und die Komponenten selbst festlegen. So verleiht ihr eurer Flotte ein gewisses Maß an Individualität. Wenn ihr wollt, erstellt ihr so etwa gute Allrounder als Schlachtschiff, andere Schiffe könnten primär mit Photonentorpedos bestückt sein, während kleinere Begleitschiffe mit ihren Verteidigungsgeschützen sich vornehmlich um feindliche Raketen kümmern. Dabei müsst ihr einerseits Schusswinkel berücksichtigen, andererseits muss das Schiff am Ende auch über genügend Energie und Munition verfügen. Zudem gibt es verschiedene Komponenten in unterschiedlichen Größen oder ihr könnt zusätzliche Optionen wie eine noch stärkere Panzerung wählen, die das Schiff im Endeffekt aber komplexer machen und somit die Bauzeit verlängern. In die Perfektionierung eurer Designs könnt ihr einiges an Zeit stecken.

"Die Kriegsführung an sich ist gut ausgearbeitet, andere Bereiche hingegen fanden leider nicht so viel Beachtung."

Meist reicht es aus, wenn ihr eure Flotte einfach warten und den Gegner kommen lasst.

Das macht durchaus Spaß und es ist schön, wenn man seine Schiffe am Ende auch in den Schlachten sieht und feststellt, wie effektiv sie sind - oder eben nicht. Die Gefechte selbst laufen in Echtzeit ab, lassen sich zwischendurch aber pausieren, wenn ihr neue Befehle erteilen wollt. Oftmals war es jedoch so, dass genau das nicht zwingend nötig war. Ich ließ meine Flotte mal das Feuer auf bestimmte Gegner konzentrieren, aber meist lehnte ich mich nur zurück und schaute dabei zu, wie der Gegner auf meine Flotte zu kam, während unzählige Geschosse und Raketen über den Bildschirm huschen. Je nach Rechner kann dabei schon mal die Framerate in den Keller rutschen, besonders bei größeren Flottenansammlungen. Diese defensive Haltung ist nicht die schlechteste, und wenn der Gegner nicht gerade eine deutliche Überzahl oder überlegene Technologien hat, reicht das völlig aus, da die Schiffe Gegner automatisch attackieren.

Alles in allem ist das nett anzuschauen, fühlt sich auf Dauer aber doch irgendwie unspektakulär an. Das gilt auch für die mitunter eingestreuten Bodenkämpfe, die ihr etwa absolviert, wenn ihr mysteriöse Wracks erkundet oder Planeten erobert. Es ist eine Art XCOM für Arme, bei dem es nicht wirklich auf eine großartige Taktik ankommt. Loadouts lassen sich zwar individualisieren und neue Technologien für Bodentruppen erforschen, am Ende zählt aber sowieso meist die Überzahl. Kurz gesagt: Die Bodengefechte sind so langweilig, dass ich hier meist auf den automatischen Kampf zurückgriff. Es ist ein Spielaspekt, das eigentlich nicht wirklich nötig ist, vor allem in der rudimentären Form.

Bei der Verwaltung der Kolonien setzt man unterdessen auf ein relativ simples System, das dem von Master of Orion 2 ähnelt. Für jeden Planeten gibt es drei Bevölkerungsgruppen, die sich um Landwirtschaft, Produktion und Forschung kümmern. Ihr könnt sie frei zuordnen und seid so flexibel, wenn ihr mal vorübergehend schneller bauen oder forschen wollt. Ebenso errichtet ihr dort Gebäude, wobei ihr aber darauf achten müsst, dass diese allesamt pro Runde Geld kosten. Baut ihr zu viele davon und nehmt im Gegenzug nicht genug ein, sinkt euer Konto aufgrund der Unterhaltskosten schnell in den Minusbereich. Und das ist alles andere als gut, denn das Spiel reißt automatisch Gebäude ab, um Schulden zu bezahlen. Ihr solltet also nicht automatisch überall einfach alles bauen, sondern schon einzelne Planeten spezialisieren und auf die Finanzen achten. Eine gute Möglichkeit, um an Geld zu kommen, ist übrigens der Verkauf von Technologien. Das gilt besonders für teure Technik, für die ihr mehrere Tausend Credits bekommen könnt. Mitunter stärkt ihr dadurch aber eben eure Kontrahenten, also müsst ihr abwägen, was euch mehr bringt.

Die Bodenkämpfe sehen nicht nur grausig aus, sie spielen sich auch recht anspruchslos.

Dabei solltet ihr zudem nicht den Fehler machen und eure Flotten im freien Raum platzieren. Ihr habt nämlich eine bestimmte Zahl an Kommandopunkten zur Verfügung, die ihr durch das Errichten von Raumstationen und speziellen Gebäuden steigern könnt. Jedes Schiff verbraucht Kommandopunkte und wenn ihr die Maximalzahl überschreitet, müsst ihr ordentlich Unterhaltskosten obendrauf zahlen. Aber da kommen eben die Kolonien im Spiel, denn solange sich eine Flotte im Orbit eines eurer Planeten befindet, gibt es einen ordentlichen Stationierungsbonus. Es hat ein Weilchen gedauert, bis ich das herausgefunden hatte, nachdem ich mich wunderte, warum die anderen Rassen zum Teil wirklich gewaltige Flotten finanzieren konnten. Solange sich die Flotten also im Planetenorbit aufhalten, könnt ihr problemlos mehrere größere Kampfverbände aufbauen. Ihr solltet nur darauf achten, über genügend Finanzen zu verfügen, wenn ihr sie denn mal einsetzen müsst, denn das kostet dann ordentlich Geld.

Ansonsten solltet ihr unbedingt darauf achten, möglichst bald ein paar Spione anzuheuern. Denn eure Nachbarn setzen sehr viel auf Spionage und wenn ihr nichts dagegen tut, klauen sie euch regelmäßig eure neu erforschten Technologien. Rekrutiert ihr eigene Spione, werden diese, sofern ihr sie nicht selbst auf Missionen schickt, automatisch für die Gegenspionage eingesetzt, wodurch sie Infiltratoren eigenständig eliminieren - aber nicht mit einer hundertprozentigen Erfolgsrate. Auch hier wären ein paar passende diplomatische Optionen wünschenswert gewesen. Man hätte anderen Rassen etwa anraten können, ihre Spionage möglichst bald einzustellen, sogar Anti-Spionage-Abkommen wären denkbar.

Was das Spiel euch ebenfalls abnimmt, ist der Handel. Ihr baut Frachter wie ganz normale Schiffe, anschließend befördern sie aber selbstständig Nahrungsmittel zu Kolonien, auf denen keine Landwirtschaft möglich ist, oder kümmern sich um den Handel mit euren Nachbarn, wenn ihr entsprechende Verträge vereinbart. Obendrein braucht ihr sie, um eure Truppen zu transportieren. Das nimmt euch einiges an Arbeit ab.

Zu Beginn könnt ihr ein bisschen Gott spielen und einige Parameter des Universums festlegen.

Weiterhin könnt ihr spezielle Anführer rekrutieren, die euch verschiedene Boni bescheren, wenn ihr sie zum Herrscher über eine Kolonie macht. Zudem sind sie - abhängig vom Charakter - als eigenständige Kämpfer in Bodenkämpfen mit dabei oder bringen schon mal ihr eigenes Raumschiff mit. Macht euch dabei auf ein paar witzige Designs gefasst. Von einer kleinen, Eulen-ähnlichen Kreatur mit großer Kanone - Rocket Raccoon lässt grüßen - bis hin zum riesigen Weltraumelefanten ist so ziemlich alles vertreten.

An mehreren Tagen erwischte ich mich dabei, als ich beim Spielen von StarDrive 2 ein wenig die Zeit vergaß. Nur noch schnell diese eine Technologie erforschen, diesen einen Planeten besiedeln oder endlich die fertige Flotte in den Kampf schicken. Was, schon wieder eine Stunde vorbei? Wenn ein Spiel wie dieses genau das schafft, ist das schon ein gutes Zeichen. Aber dennoch liegt eben auch einiges im Argen, das mich derzeit davon abhalten würde, einen weiteren Durchgang in Angriff zu nehmen. Die diplomatischen Möglichkeiten sind viel zu begrenzt, der Krieg steht wiederum zu sehr im Vordergrund und die Schlachten sind auf Dauer zu unspektakulär, sodass man irgendwann doch eher aufs automatische Kämpfen zurückgreift - erst recht bei den grausigen Bodenkämpfen. Ansonsten macht StarDrive 2 aber durchaus Spaß, wenn ihr mit den genannten Dingen leben könnt. Für ein wirklich dauerhaftes Spielvergnügen fehlt ihm jedoch mehr Variation bei den Siegbedingungen und im Spielverlauf.

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Benjamin Jakobs Avatar
Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

StarDrive 2

PC, Mac

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