StarMade - Meine Basis, mein Schiff, mein Universum
To boldly build what no man has built before. Außer die Enterprise, die haben sie schon gebaut.
Wow. Das ist das Anti-Assassin's-Creed. Das Anti-folge-dem-Quest-Marker. Für viele wahrscheinlich sogar eine Art Anti-Spiel. Und ja, auch ich hätte beinahe nach der ersten Stunde die Hände hochgerissen, "ach Du kannst mich mal" gebrüllt und StarMade nie wieder angefasst. Bin eh durch Zufall drüber gestolpert, dachte mir sieht nett aus und reichte die 10 Euro über die virtuelle Theke. Kann ja keiner ahnen, dass dahinter etwas liegt, das Minecraft geradezu einsteigerfreundlich wirken lässt. Und das ein ganzes Universum beinhaltet.
Erst einmal muss natürlich der Grafikschock verdaut werden, denn nicht nur bastelt hier eine tapfere Seele namens Robin Promesberger seit fast zehn Jahren praktisch solo an einer Engine, der Anfang ist das Hässlichste, womit euch ein Spiel seit langem begrüßte. Nehmt es nicht so schwer. Erst einmal hat es später fast atemberaubende Momente zu bieten und außerdem ist es die Version 0.19irgendwas, also noch weit, weit davon entfernt, den sicheren "Early Access"-Hafen zu verlassen. Wird schon noch hübscher und vielleicht wird dann das Tutorial auch etwas freundlicher. Aber immerhin, es gibt eines und das ist auch lebenswichtig. Es erklärt nämlich, worum es zunächst überhaupt geht: Ein Raumschiff bauen. Aus Klötzen.
Das Herzstück ist der Kern, ein Block, der nicht zugebaut werden sollte, da er auch als Cockpit dient. Daran werden dann Energie-Blöcke, Computer und Waffen getackert. Genug Ressourcen vorausgesetzt, sind dem Kreativ-Drang dabei keine Grenzen gesetzt, wie bei der Inspiration Minecraft gibt es wenige Limits, was ihr da basteln dürft, solange ihr es euch im Spiel leisten könnt. Meine Erstkreation sieht allerdings noch etwas bodenständiger aus als einige der Kunstwerke, die man so im Netz findet, Es besteht aus einem Dutzend Blöcken, hat die Kanonen falsch angeschraubt und würde höchstens als eine Blaupause für eine neue Doctor-Who-Alien-Gattung herhalten können, die nach Mitleid strebt. Aber egal, fliegt, auf geht es.
So oder ähnlich dürfte jedes der zahlreichen Abenteuer in StarMade begonnen haben und das eine oder andere endete hier auch vielleicht schon wieder. Erst mal passiert... nicht viel. Man fliegt halt so rum, sieht weit entfernte Objekte, weiß damit nicht so richtig etwas anzufangen. EVE Online hat mehr Richtung für Neueinsteiger zu bieten. Dann beginnt die Orientierungsphase und der Blick auf die komplexe Sternenkarte. Nach Gutdünken wird eine Raumbasis angesteuert. Leer. Verlassen. Irgendwie unheimlich und mit ihrer Blockarchitektur, die einem auf verstreuten Bildschirmen nur seltsame Fehlermeldungen anbietet, fast ein fremdartiges Objekt, bei dem man in jedem Moment damit rechnet, dass einen etwas anfällt. Passiert aber nicht. Es gibt (noch) keine Monster. Also weiter.
Wenig später habe ich Erstkontakt und so nett auch die Erkenntnis ist, dass ich hier nicht allein im Universum bin, wünschte ich mir doch, dass die Gegenseite nicht gleich geschossen hätte. Weltraumpiraten machen als KI-Gegner den Weltraum etwas aufregender, vor allem, da meine eh schon kaum flugtaugliche Perversion der Raumschiffbaugrundsätze in Sekunden zerbröselt. Zurück zum Ausgangspunkt, ein besseres Schiff muss dringend her und so begann ich zu bauen. Man kann sagen, dass dies, nach mehreren Stunden mit dem Spiel, exakt der Punkt war, an dem mein Interesse wirklich geweckt wurde. Etwas hat mich zerballert und das erfordert eine Antwort.
Diesmal machte ich mir wirklich Gedanken, wo was hinkommt, welche Waffen wo Sinn machen, was es bei diesem komischen Händler überhaupt gibt, wie man neue Ressourcen beschafft. Kurz: Wie man ein echtes Raumschiff baut. Schön war das Ergebnis immer noch nicht, aber die El Destructor 2 hatte Panzerung, Waffen, die auch dahin schossen, wo ich das wollte und überhaupt würde sie das Universum beherrschen. Selbst wenn ich mir noch nicht so sicher war, ob das überhaupt das Ziel des Spiels war.
Zwei Dinge klärten sich schnell. Ja, es ist das Ziel des Spiels, aber nur wenn ich das möchte und nein, El Destructor 2 würde wohl nicht das Schiff sein, um es umzusetzen. Auch 3 und 4 wohl nicht, aber das war ab diesem Punkt längst egal. Ich handelte ein wenig, ballerte ein wenig, besuchte Planeten und Raumbasen und wagte mich schließlich in das große Unbekannte, die Online-Server. Manche kämpfen, manche bauen, manche handeln und das alles vom ganz kleinen bis hin zu gewaltigen Ausmaßen.
Ich wurde leider noch nicht Zeuge so richtig wilder Massenschlachten, aber mit theoretisch bis zu 1.000 Spielern auf einem Server wird da sicher was gehen. Durch die dedizierten Server unterscheidet sich StarMade allerdings von echten MMOs. Hier finden sich weit mehr kleinere Grüppchen zusammen und gehen ihren Interessen gemeinsam nach, tragen Kämpfe aus, basteln gewaltige Raumstationen oder terraformen ganze Planeten. Andere Server wieder sind dann doch eher MMO, mit wechselnder Dynamik der Fraktionen und Ziele der einzelnen Spieler. Die Fluktuation der Server ist allerdings noch gewaltig. Fand ich zuerst gut gefüllte, war danach wieder kaum etwas los. In einer festen Gruppe zu sein, hilft derzeit gewaltig, wenn ihr größere Ambitionen habt, und kann auch, was das eigene Verständnis des Spiels angeht, nichts schaden. Es ist ungeheuer komplex, vielseitig und -schichtig und meine Ausflüge waren das Kratzen an der Oberfläche eines Touristen, der einen Eindruck bekommt, wie verdammt groß die Welt eigentlich ist.
Wer jetzt enthusiastisch loslegen will, den will ich von nichts abhalten. So viel Weltraum und Klötzchen gibt es nicht jeden Tag für einen Zehner. Aber bedenkt bitte auch, dass hier vieles wirklich und ernsthaft noch Early Access ist. Ich hatte ein paar Abstürze, seltsamste Grafik-Glitches, das Interface ist nicht nur etwas umständlich, es ist auch potthässlich. Es spielt sich derzeit noch alles andere als rund. Aber das ist der Preis des Pionierdaseins und so fühlt sich StarMade auch an. Ihr entdeckt etwas, wo eben noch nicht jeder unterwegs ist - okay, so wenige sind es dann auch nicht, aber trotzdem -, das sich immer wieder so anfühlt, als wäre alles möglich, und wo es eine echte Chance gibt, dass es das auch ist.