Skip to main content

Steam Decks härtester Gegner: Die Illusion vom Wunschlos-Glücklich-Handheld

Valve versprach den perfekten Gaming-Begleiter - jetzt müssen wir uns auf Einschränkungen gefasst machen. Tut weh, ist aber normal, sagt Alex.

Das kollektive Zähneknirschen der Steam-Deck-Vorbesteller konnte man gestern durchs halbe Internet vernehmen. Die Illusion vom perfekten Gaming-Begleiter ohne Abstriche hat wohl ihren ersten Riss bekommen, als einer der für die zugrundeliegende Software verantwortlichen Leute eine kleine, aber nicht unwichtige Tatsache richtigstellen musste.

Entgegen der Erwartungshaltung vieler laufen zwar die meisten, aber längst nicht alle Spiele problemlos auf dem potenten Mini-PC. Anhand von Aussagen wie "Ihre Steam-Bibliothek - jederzeit und überall" auf der offiziellen Homepage und dem Versprechen, auch die "neuesten AAA-Spiele problemlos laufen" zu lassen, haben wohl viele einen anderen Eindruck gewonnen.

Wo ist der Haken?

Fakt ist, die Kommunikation hier ist schwierig. Sie wird immer Erwartungen wecken, die gelegentlich mit der Realität aufeinanderprallen - und dann fliegen schon mal Scherben und Schrapnell durch die Luft und punktieren die Vorfreude der Spieler an empfindlichen Stellen. Ja, die Hardware ist stark genug für so gut wie jedes Spiel. Ja, der Gedanke bei der Entwicklung dieses attraktiven Stücks Hardware war definitiv, seine komplette Steam-Bibliothek immer dabeizuhaben. Ein Täuschungsversuch seitens Valve liegt hier meiner Meinung nach also nicht vor.

Der "Ja, aber..."-Faktor

Aber ein Gerät für PC-Spiele ab Werk ohne Windows auszuliefern - aus verständlichen Performance-Gründen - bringt fast automatisch Kompatibilitätsprobleme mit sich. Schließlich müssen Games ohne native Linux-Version ihren Weg durch die Compatibility Layer Proton nehmen. Die Probleme, die dabei auftreten, betreffen oftmals nicht mal eines der betroffenen Spiele direkt. Meist zickt auch Dritt-Software herum, Anti-Cheat-Programme zum Beispiel. Das sind Sachen, an denen man arbeiten kann und das auch tut, nicht nur bei Valve. So greift Garry's-Mod-Legende Garry Newman zumindest den Easy-Anti-Cheat Leuten wohl schon unter die Arme, damit ihr Mogelschutz auch auf Proton läuft. Damit wäre schon sehr geholfen.

Doch die neuerliche Meldung ist nur das erste Anzeichen, dass wir uns ein Stück weit von einer wunschlos glücklich machenden Gaming-Lösung für unterwegs verabschieden sollten - und sei es nur, um unsere Erwartungen an dieses zweifellos immer noch sehr attraktive Gerät ein wenig im Zaum zu halten und am Ende nicht enttäuscht zu werden. In euren Träumen, mit der Steam Deck zu spielen, kommt der Eindruck, in 30fps (manchmal vermutlich weniger) und dynamisch herunter skalierender, unscharfer Auflösung nicht die beste Version zu erleben, genauso wenig vor, wie so manche andere Erkenntnis, auf die wir uns gefasst machen sollten.

Kompatibilität ist ein 'Moving Target', hier kann sich bis zum Start noch viel ändern.

Was ist mit Spielen, deren Schrift oder Icons auf dem Handheld-Bildschirm zu klein sein werden, um sie krampflos zu spielen? Was mit Maus-und-Tastatur-Titeln, die Valve zwar immer toll auf den Steam-Controller portierte, der aber oft nur wie eine Notlösung schien, bei der man erleichtert war, wenn man zum "real deal" zurückkehren konnte? Und wenn dann der erste Indie laut Pressemeldung oder Blogeintrag "nicht zum Start auf Steam Deck laufen wird", wird einem auch das einen Stich versetzen.

Die Erdung der Erwartungen - oder wenn Ratio wehtut

Keiner sagt, dass es so kommen muss, aber all das sind Szenarien, auf die man sich einstellen sollte. Und das macht naturgemäß so gar keinen Spaß. Die Vorfreude auf dieses Gerät stützte sich zum gewaltigen Teil auf den Gedanken einer eierlegenden Wollmilch-Spielesau, die PC-Gaming auch um einige ihrer unerfreulicheren Komplexitäten erleichtert. Jegliche Einschränkungen diesbezüglich bremsen empfindlich den Schwung, mit dem Teile des Internets vor zwei Monaten ein Switch-förmiges Grab freischaufelten - und der einen Run auf die Vorbestellungen befeuerte, der dafür sorgte, dass Neubesteller mittlerweile erst Mitte 2022 mit einem Gerät rechnen können.

Es wird viele, viele Spiele geben, für die Steam Deck perfekt ist und ich bin sicher, Valve liefert am Ende ein Gerät, das sein Geld wert sein und die Kundschaft zufrieden stellen wird. Ich wäre aber nicht überrascht, wenn die allgemeine Haltung Steam-Deck gegenüber vorerst ein wenig zurückhaltender würde. Der Druckverlust dieses speziellen Hype-Ballons war unausweichlich und liegt in der Natur der Sache. Für gewöhnlich verliert so einer nur nicht schon vor dem Release an Höhe.

Schon gelesen?

Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
Verwandte Themen