SteelSeries Apex M800 Keyboard - Test
Kurze Wege für den schnellen Profi.
Hey, eine mechanische Tastatur fürs Gaming, das gibt es ja kaum auf dem Markt... Also gut, here weg go again. Im Inneren der Steelseries Apex M800 befinden sich wie immer die Cherry-Tast... Halt, das sind keine Cherrys, jedenfalls keine, die ich je benutzt hätte. Was steckt da drin, was ist anders?
Um die Frage gleich zu beantworten, in der Apex wurden der von Kalih stammende SteelSeries QS1 Switch verbaut, und die sind kurz gesagt sehr eigen. Falls ihr von der Firma noch nie etwas gehört habt, dann ist das euer Problem (oder es ist euch einfach latte), nicht ihres. Die Chinesen von Kalih sind seit fast 25 Jahren im Geschäft der Schalter und auch, wenn sie anfangs, wie es das Klischee erfordert, in erster Linie andere Technologie nachbauten, haben sie sich deutlich weiterentwickelt und die QS1 sind ein sehr spannender Schalter.
Sie geben der Apex einen linearen, sanften und vor allem sehr kurzen Anschlag. Es sind keine 4mm Hub-Distanz, für das Auslösen reicht sogar schon die Hälfte. Dazu kommt ein Auslösegewicht von gerade mal 45 Gramm, normal sind zwischen 50 und 60 Gramm. Ihr habt kein Klicken beim Auslösen, ihr könnt bei entsprechendem Geschick mit den Tasten also mit weniger Kraft kürzere Wege nutzen, um schneller anzuschlagen. Aber lasst euch gesagt sein: Das ist gewöhnungsbedürftig. Keine Stunde nach dem Anschließen - gespielt habe ich da noch nicht, nur getippt - habe ich die Apex erst mal abgesteckt, da ich fertig werden wollte, und das nicht mit 100 Prozent mehr Tippfehlern. Eine Woche später raffte ich mich dann auf, steckte die alte Cherry ab und zwang mich, mit der Apex zu arbeiten, bevor es ans Spielen ging - walk before you strafe oder so.
Nach und nach setzte die Gewöhnung ein. Nach drei Tagen wurden wir miteinander warm und aktuell fällt es mir nicht mehr auf, aber wenn ich mich darauf besinne, dann merke ich doch, dass der sanfte, kurze Anschlag das Tippen leichter macht, als ich es von allen anderen mechanischen Gaming-Keyboards gewöhnt bin. Sogar die überdimensionierte Space-Taste wurde mittlerweile mein Freund, wenn man vage in die Richtung haut und Treffer garantiert sind. Das hängt allerdings von der Handhaltung ab. Mein Handballen liegt etwas weiter weg, als es bei den meisten der Fall ist, daher kommt man sich hier nicht ins Gehege. Bei anderen kann es durchaus sein, dass das gelegentlich ein Leerzeichen extra auftaucht. Am ehesten lässt sich das Tippen mit einer idealen Mischung aus Rubberdome- und Scheren-Switches vergleichen. Sehr präzise, aber weich. Nur in viel besser, weil der lineare Weg im Gegensatz zu den allermeisten Rubbers absolut präzise verläuft.
Der kurze Weg erfordert allerdings auch Präzision. Die Tastenfläche ist zwar normal groß und die Abstände sind nicht kleiner als sonst auch, aber es reicht ja schon etwas mehr als ein Millimeter Senkung der benachbarten Taste, um diese mit auszulösen, und bei dem echten N-Key-Rollover wird dieser Tastendruck auch garantiert erfasst. Aber wie gesagt, wenn ihr wisst, dass ihr schnell und präzise seid, dann würde ich sagen, dass es derzeit keine bessere Mechanische für euch gibt. Der einzige, winzige Haken, der sich feststellen ließ, ist der Anschlag der großen, aber im Gegensatz zur Space-Taste nicht stabilisierten Tasten wie STRG, WIN oder ALT. Erwischt ihr die nur leicht am Rand, dann sind sie etwas schwergängiger. Das merkt ihr im echten Leben aber eigentlich nie, da diese Tasten in der Regel gehalten werden und die ausgewirkte Kraft automatisch höher ist als der übliche Sekundenbruchteile andauernde Anschlag. Das ist also Nörgeln auf allerhöchsten Niveau.
Das Tippen ist auch deutlich leiser, selbst als die ruhigen Cherrys. Es gibt ein weichen Klacken, das, spürt man nicht gleichzeitig den Anschlag, kaum seine mechanische Herkunft verrät. Leiser sind dann nur noch gute Rubberdomes. Gut ablesbar sind die durchweg beleuchteten Tasten auf jeden Fall auch. Die Bauweise der QS1-Switches erlaubt eine große LED und es macht sich mit einem augenfreundlichen Licht bemerkbar. Der kurze Abstand der LEDs erlaubt eine weit bessere Ausleuchtung, als es bei praktisch allen mechanischen Konkurrenten der Fall ist. Nur an den das Licht auffressenden Kappen muss noch gefeilt werden, was die numerischen Tasten oben gut zeigen. Hier sind die Symbole deutlich kleiner als bei den erfreulichen großen Buchstaben und sie sind merklich dunkler. Aber wiederum, Nörgeln auf einem Niveau, das nicht mehr an pedantischem Gehabe grenzt, sondern sich darin suhlt.
Was mir persönlich jedoch nicht zusagt - ich sage hier ausdrücklich „persönlich" -, ist die generelle Verarbeitung des Gehäuses, um jetzt mal von den Tasten zum Rest zu kommen. Es ist ordentlich verarbeitet im eigentlichen Sinne, hier gibt es kein Spiel, es klappert nicht oder leistet sich ähnliche Sünden. Ich finde nur, dass das sehr offensichtliche matte, harte Plastik sich haptisch „billig" anfühlt. Hält man das Aluminium eines Das Keyboard 4 dagegen, liegen da für mich Welten dazwischen. Das Ding sieht auf dem Schreibtisch nicht nach den 200 Euro aus, die es kostet (Straßenpreis ab 180 Euro), und das wurmt mich. Da helfen auch die seitlich beleuchteten Rally-Streifen nicht, ich kann das Ding beim Angucken nicht liebhaben. Gut also, dass das Licht der Tasten umso angenehmer ausfällt, da kann ich das verzeihen.
Klein ist das Geschoss auch nicht. 60 Zentimeter Breite sind eine Ansage, da muss sich die Hand deutlich mehr als am Laptop und auch als bei anderen Keyboards bewegen. Den Rand machen davon links und rechts nur je etwas mehr als 2 Zentimeter aus, es sind also sehr vollformatige Tasten. Echtes N-Key-Rollover erlaubt euch, davon gleichzeitig so viel zu drücken, wie ihr irgendwie erreichen könnt. An der Rückseite habt ihr noch zwei USB-2.0-Ports, die für Gamepads und USB-Sticks gut, seitlich aber eigentlich immer bequemer aufgehoben wären. Aber da leuchtet es ja hier. Auf der linken Seite habt ihr die einzigen Zusatztasten: sechs programmierbare Makro-Keys für alles, was sonst keinen Platz hat. Sonst findet ihr nur ein paar rudimentäre, per FN-Taste zu nutzende Media-Funktionen. Scroll-Räder oder andere Extras gibt es nicht, was ich schade finde, denn statt übergroß SteelSeries hinzuschreiben, wäre genau da noch Platz gewesen.
Während das aber mehr eine persönliche Ansicht als eine echte Schwäche ist, gönnt man sich dann doch noch eine wortwörtliche Achillesferse. Es gibt keine Aufstellfüße. Stattdessen müssen zwei große Gummifüße gegen zwei hohe, große Gummifüße getauscht werden. Das ist weder elegant noch gewinnbringend, sondern wirkt erneut einfach etwas billig. So, als wäre erst, nachdem alles fertig war, aufgefallen, dass da was fehlt. Weil wir gerade von Das Keyboard 4 sprachen: Dieses leistet sich einen ähnlichen Schnitzer. Leute, es ist einfach: If it's not broken, dann macht es einfach, wie es schon immer wunderbar funktioniert hat. Eine bessere Idee sind diese Lösungen sicher nicht. Wenigstens kann das Apex für sich reklamieren, dass es mit diesen Monstergummifüßen seine 1,3 Kilo nicht ohne guten Grund verrutscht. Bleiben noch 2 Meter textilumwickeltes, relativ schlankes und flexibles Kabel zu erwähnen, dann geht es zur Software.
Die SteelSeries Engine, hier in der aktuellen Version 3, ist durchaus bewährt und habt ihr mehr als ein Produkt der Firma, werden sie alle über eine Software verwaltet, was definitiv ein Plus ist. An Zusatzfunktionen über den Standard hinaus findet sich das Gamesense-Feature. In derzeit Minecraft, CS:GO und Dota 2 - weitere sollen schnell folgen - könnt ihr euch per Farben auf der Tastatur Lebensenergie oder andere Werte andeuten lassen. Wird das Keyboard und andere angeschossene SteelSeries-Produkte zum Beispiel rot, wisst ihr, dass Vorsicht im Spiel geboten ist. Ein nettes Gimmick mit derzeit noch begrenztem Einsatzgebiet. Der Makro-Editor ist nicht der komplexeste seiner Art, erlaubt es aber, komfortabel auch nachträgliche Veränderungen vorzunehmen. Jede einzelne Taste lässt sich definieren, wie ihr lustig seid, und in entsprechenden Templates ablegen. Ihr könnt beliebig viele Templates für Spiele festlegen und natürlich jede Taste in einer anderen Farbe aufleuchten lassen. Nur die Blinkeffekte lassen sich dabei nicht beliebig mischen, aber ein Keyboard ist ja auch kein Weihnachtsschmuck aus China und somit kein Makel. Da das Ganze auch durchaus intuitiv in der Benutzerführung ausfällt, habe ich an der Software wirklich nur zu bemängeln, dass sie bei einer so teuren Tastatur nicht das gewisse Extra bietet. Welches das ist, weiß ich nicht, aber es bleibt halt das Gefühl, dass da etwas hätte sein sollen.
Trotz der handelsüblichen Software ist die SteelSeries Apex M800 in gewisser Weise eine elitäre Angelegenheit. Damit meine ich gar nicht mal den Preis, der für die Verarbeitung und vor allem die exotischen, aufwändig ausgeleuchteten Switches gerade noch im Rahmen des Üblichen für solche Extravaganz liegt, sondern die Präzision und das Tempo, das dieses Keyboard erlaubt. Wenn ihr denn gut genug seid. Die flachen Tasten mit ihrem kurzen Hub und ihrem leichtgewichtigen Anschlag erfordern eine hohe Genauigkeit, damit ihr alles aus ihr herausholen könnt. Das ist kein Keyboard, um mal eben die Pranken auf den Keys ruhen zu lassen, hier müssen die Bewegungen sitzen. Dann jedoch ist es ein leichteres, eleganteres Tippen und auch Spielen. Man muss sich ein daran gewöhnen, aber gelingt euch das, ist an dem zunächst etwas seltsam anmutenden Werbespruch von SteelSeries, dass dies das schnellste Keyboard der Welt sei, wirklich zumindest ein wenig was dran.