Storm & D&D: Chronicles of Mystara - Test
Elemente beherrschen, Bäume pflanzen und Königreiche retten. Genug zu tun für ein Wochenende.
Storm
Die kleinen Ideen sind es, die so selten für das dreifache A und dessen Budgets reichen. Wer würde schon ein Spiel für die Disc entwickeln, das keine Geschichte erzählt, sondern in dem ihr in vier Jahreszeiten Fruchtsamen mit den Elementarkräften von Wind, Wasser und Blitz zu nahrhaftem Boden führt? Keine Texte, keine Gründe, kein Sinn, aber welches echte Puzzlespiel braucht den schon? Wir lösen sie, weil man sie uns gab, so wie wir Berge besteigen, weil sie da sind.
Für die ersten drei Viertel von Storm, dem bereits im Februar auf dem PC erschienen und nun für XBLA und PSN verfügbaren Spiels der Indie-Entwickler Eko Software und IndiePub, gilt das absolut. Ihr holt eine Frucht mit Wind oder Wasser aus einem Baum und müsst sie damit indirekt zum Zielpunkt lenken, wo ein Baum daraus erwächst und das Spiel von vorn beginnt. Der Weg ist natürlich mit Hindernissen gespickt, tödliche Dornenbüsche lauern und es ist leicht, die Frucht an einen Fleck zu manövrieren, an dem ihr nicht mehr an sie herankommt.
Um Klippen zu überwinden und hohe Plattformen zu erreichen, erhaltet ihr nach und nach immer mehr Varianten der drei Kräfte. Der Wind wird zu einem Orkan, löst ihr alle Punkte für ihn aus, und der sanfte Regenfall wird zum Sturzbach. Die Blitze hingegen können Gras entzünden, dessen Funken ihr wiederum mit dem Wind vorantreibt, um morsche Holz-Reste abzufackeln und so den Weg freizuräumen. Das richtige Kombinieren der Elemente und das Erkunden eines geeigneten Weges ist der Trick, an dem ihr in jedem der 50 Stages immer härter arbeiten müsst. Dabei wird für die ersten beiden Jahreszeiten Frühling und Sommer praktisch ausschließlich euer Hirn strapaziert, Geschick mit dem Cursor, der die Elemente lenkt, ist kaum gefragt. Im Herbst beginnt jedoch die Trauer.
Es gibt kaum etwas Nervigeres als ein Rätsel nicht zu beenden, weil ihr in der falschen Millisekunde den Stick nicht ganz genau ausgerichtet hattet.
Immer mehr kommt ein unschöner Geschicklichkeitsfaktor dazu. Ihr wisst, wie es geht, aber die Tornados sind nie genau genug zu lenken, als dass es sicher wäre, dass ihr das eigentlich schon gelöste Rätsel auch hinbekommt. Im Winter nimmt das teilweise extreme Züge an und hier muss ich sagen, dass es sich auf dem PC zumindest etwas besser spielt, da ihr mit der Maus einfach schneller seid. Mit dem Stick erst extrem präzise Blitze lenken, dann einen Tornado dirigieren und schnell noch mal weiter, damit auch Wasser dort ist, wo es hin muss. Es gibt kaum etwas Nervigeres als ein Rätsel nicht zu beenden, weil ihr in der falschen Millisekunde den Stick nicht ganz genau ausgerichtet hattet. Der Frustfaktor wäre geringer, wenn man mit dem Rücksetzknopf nicht nur die Frucht, sondern alle Umgebungselemente wie Steine oder Baumstämme zurücksetzen könnte. Das würde zumindest den später so häufigen Weg in das Menü ersparen.
Trotzdem will ich Storm und seine Idee in keiner Weise verteufeln. Die ersten zwei Drittel oder auch noch etwas mehr ist es ein kontemplatives Denkspiel mit verträumter Grafik, betörender Musik und abschaltbaren Soundeffekten. Die Idee ist klein, aber definitiv war sie es wert, ausprobiert und von euch gespielt zu werden. Hätte man noch der Versuchung widerstanden, zum Schluss auf ein wenig Action zu setzen, wäre es das perfekte Meditations-Gehirnverrenker-Spiel, das euren Verstand martert, aber nie zur Verzweiflung bringt. Gebt ihm vor allem auf dem PC, aber auch auf den Konsolen eine Chance, euch erst zu verzaubern und dann zu ärgern. Manchmal gehört das dazu. Nicht hier, aber was will man machen. Wetter und Jahreszeiten kommen und gehen halt wie sie wollen.
Dungeons and Dragons: Chronicles of Mystara
Wie gern würde ich euch zutexten, was es mit Mystara auf sich hat, diesem fast vergessenen Kampagnen-Setting aus D&D. Die Savage Coast, die Hollow World, sogar Darkmoor passt da irgendwo rein, es war eines der großen Settings und ich hör ja schon auf. Mitte der 90er war ich also ganz schön sauer, dass D&D: Shadow over Mystara zum einen kein Rollenspiel war und zum anderen, weil es nie die in Deutschland schon Mitte der 90er praktisch nicht mehr vorhandenen Arcades verlies. Ok, es war auf der japanischen 99er Saturn-D&D-Compilation, aber man kann ja nicht alles wissen. Das Internet war noch Neuland. Sorry. Manche Witze sind zu billig, um sie liegen zu lassen.
Es ist der perfekte Koop-Brawler, vielleicht der technisch beste, den Capcom in seiner 2D-Zeit je produzierte.
Das war alles ärgerlich, und zwar umso mehr, als dass ich mit meinem Bruder in einem Kino öfters die Chance hatte, für ein paar Mark ein paar Runden zu spielen. Es war nämlich super und zu groß, um es nach Hause zu tragen. Es ist der perfekte Koop-Brawler, vielleicht der technisch beste den Capcom in seiner 2D-Zeit je produzierte. Schön gezeichnete Hintergründe, große, gut animierte Sprites, vor allem aber eine fast perfekte Balance.
Allein ist es spielbar, aber wirklicher Spaß ist etwas anderes. Während ein Golden Axe oder Final Fight auch als einsamer Streiter noch ok war, ist hier endgültig Teamwork der Schlüssel. Ein wichtiger Teil ist das gegenseitige Aushelfen und das entfällt ohne einen Mitstreiter nun mal. Ab zwei Spielern geht es los, drei ist ideal, vier fast schon ein wenig zu chaotisch, aber man kann sich daran gewöhnen. Der Rest ist eine Taste für den Angriff, eine zum Hüpfen, eine, um die Specials auszuwählen, und die Letzte, um diese Angriffe wir Pfeile, Wunder und Zauber auch zu benutzen. D&D-typische Helden wie Krieger, Kleriker oder Magier stehen zur Auswahl, mit denen ihr dann ebenso D&D-typische Widersacher wie Owlbears, Skelette oder auch Groß-Vieh wie ein Displacer-Beast bekämpft.
Ab zwei Spielern geht es los, drei sind ideal, vier fast schon ein wenig zu chaotisch, aber man kann sich daran gewöhnen.
Alle sechs haben kleine, aber feine Unterschiede. Krieger und Zwerg prügeln gut, haben aber praktisch keine Magie. Elf und Magier genießen diese fast im Überfluss, aber ist sie alle, sind sie schwache Kämpfer. Es sind diese Unterschiede, die einen Hauch von Taktik und Strategie mit einbringen, zumindest mehr, als es in den meisten anderen Genrevertretern der Fall war. Geprügelt wird von links nach rechts, aber nicht ganz so linear, wie es sonst üblich ist. An ein paar Stellen entscheidet ihr gemeinsam und basisdemokratisch, ob ihr lieber noch ein paar Dörflern aushelft, direkt dem Bösen folgt, den vermeintlich sicheren Flussweg oder lieber den kürzeren, aber gefährlichen über Land abklopfen wollt. Es sind diese kleinen Einsprengsel oder auch die Shops, in denen ihr den Waffen kauft oder die gelegentlichen Zwischensequenzen, in denen euch Dörfler um Hilfe anflehen oder nach getaner Arbeit danken, die dafür sorgen, dass sich bei Spiel nach D&D anfühlen.
Beide Spiele, weil in dem Pack auch noch der 93er Vorgänger des 96er Mystara, Tower of Doom, enthalten ist. Nicht ganz so groß, nicht ganz so hübsch, nur vier Charaktere und noch nicht ganz so austariert ist er immer noch ein würdiger Vertreter seiner nicht ganz ausgestorbenen Zunft. Macht euch aber nichts vor: Dank unendlicher Continues seid ihr in 90 Minuten durch beide Episoden durch. Es geht hier um High-Scores, das Ausprobieren der Charaktere und den Spaß, den es immer wieder macht mit drei bis vier Leuten, am besten auf einer Couch aber notfalls auch online, alle möglichen Bestien zu vertrimmen.
Capcom glänzte zuletzt schon mit Darkstalkers, mit Mystara übertreffen sie sich noch einmal, wenn es um die Aufbereitung des Original-Materials geht. Ihr habt die Wahl aus drei Grafik-Filtern - zwei tauglich und authentisch, einer furchtbar weichgezeichnet -, verschiedenen Zoomstufen und auch wieder dem Blick auf das imaginäre Arcade-Kabinett. Da kommt es gerade recht, dass das Spiel praktisch jedes Arcade-Board unterstützt und ihr auch frei die Tasten belegen dürft. Für beide Spiele könnt ihr optional eine Reihe von Hausregeln aktivieren, wie zum Beispiel dass ihr bei jedem besiegten Gegner ein wenig Lebensenergie zurückerhaltet. Mit dieser kleinen Änderung wird das Spiel sogar für Solo-Kämpfer fast fair. Auch Online-Matches lassen sich entsprechend definieren und jede Menge Statistiken, Herausforderungen - töte X Gegner mit Waffe Y und Ähnliches - runden ein perfektes Paket ab. Ich wüsste zumindest nicht, was hier noch fehlen sollte.
Der Doppelpack Dungeons & Dragons: Chronicles of Mystara gehört zu den besten Vertretern der 90er-Generation der Spiele dieses Genres, ganz oben mit Turtles in Time. Erst Viewtiful Joe oder Castle Crashers erreichten wieder diese Qualität, wenn auch mit deutlich anderen - jedoch keineswegs weniger spaßigen - Mitteln. Es sind keine Spiele für euch, wenn ihr technische Brillanz nach modernen Maßstäben oder tiefgründiges Spieldesign sucht, aber das dürfte euch eh klar sein. Dieser Doppelpack ist ein Traum für alle, die dabei waren oder sich fragten, wie es denn war und von einer einfacheren Zeit träumen. Capcom beschränkte sich nicht auf einen halbherzig hingehusteten Release, sondern investierte Zeit, Ideen und Liebe, um diese Umsetzung hinzubekommen. Ihr wisst, was ihr grundlegend mit einem Brawler aus dieser Zeit bekommt. Ist es das, was ihr wollt, dann könnt ihr es kaum besser treffen als mit Shadow over Mystara.