Skip to main content

Stormrise

Mit Peitsche zum Erfolg?

Auf der Games Convention warf Creative Assembly Produzent Vispi Bhopti noch mit großen Worten um sich: “Wir wollen nicht nur das beste Konsolen-Echtzeitstrategiespiel produzieren, sondern den Heiligen Gral des Genres finden. Das erste Spiel, das sich mit dem Controller besser steuert als mit Maus und Keyboard.“ Nun, drei Monate später, backt er etwas kleinere Brötchen. In der ersten Hands On-Session von Stormrise spricht er von einem „ähnlich guten, vielleicht sogar besserem Interface“.

Er ist vorsichtiger. Ist sich bewusst, dass er viel versprechen kann, aber es nun auch einhalten muss. Denn aus eigener Erfahrung kann man beurteilen, ob hinter diesen hochgesteckten Zielen auch Substanz steckt. Mit dem Controller in der Hand werden aus Worten Tatsachen und aus Versprechungen Pflichten. Man kann sich endlich selbst ein Bild davon machen, ob die so genannte „Peitschen-Steuerung“ auch wirklich so gut funktioniert wie geplant.

Doch bevor wir uns in die Schlacht stürzen, ein paar Hintergrundinformationen zu diesem ungewöhnlichen Strategiespiel: In einer nicht allzu fernen Zukunft bekämpfen sich zwei Fraktionen auf einer postapokalyptischen Erde. Nach dem Zusammenbruch des Klimas und der Vernichtung der Zivilisation zog es die Wohlhabenden in abgeriegelt Habitate, während die restliche Bevölkerung zum Sterben verurteilt wurde. Doch nicht alle wurden dahingerafft. Einige passten sich an, mutierten und begannen, eine eigene Zivilisation aufzubauen.

Ein solcher Überblick ist für die Strategie-Planung Gold wert.

Viele Jahre später hat sich die Erde beruhigt. Das Klima hat sich wieder weitgehend normalisiert und die Menschen wollen ihr altes Territorium zurückerobern. Doch die Sai, wie sich die Überlebenden nennen, geben ihren Lebensraum nicht kampflos her. So entbrennt in den Ruinen der alten Zivilisation ein neuer Kampf, der mit Maschinen, Monstern und tödlichen Waffen ausgetragen wird.

Schon bei der ersten Session zeigte uns das Team hinter Medieval: Total War, wie die Einheiten automatisch Deckung suchen, wie man spezielle Energie-Knoten einnimmt und sich auf dem zerklüfteten Schlachtfeld zurecht findet. Die direkte Sichtlinie zum Gegner ist dabei von entscheidender Bedeutung. Auf den Schlachtfeldern findet man nur sehr selten weite Ebenen. Zerstörte Wolkenkratzer, mächtige Fabriken und ausgetrocknete Flüsse dominieren die Auseinandersetzungen. Aufklärung ist da von entscheidender Bedeutung.

Die Einheiten können auf Häuserdächern platziert werden, durch Unterführungen fahren und geheime Wege nutzen. Klassische Kartenlayouts gehören damit der Vergangenheit an. Einige Levels spielen in tiefen Höhlen, die mehr vertikale als horizontale Bewegungen erlauben. Eine „normale“ Steuerung wäre hier nahezu unmöglich umzusetzen. Cretaive Assembly hat sich deshalb einen interessanten Kniff überlegt, um die extremen Höhenunterschiede zu meistern: Ist die Kamera auf eine Einheit fixiert, werden die restlichen Truppen mit Symbolen am Bildschirmrand dargestellt. Um zu einer anderen Einheit zu wechseln, muss man nur noch den rechten Analogstick in die entsprechende Richtung drücken und der Blickwinkel verstellt sich automatisch. Kurze Bewegungen genügen, deshalb auch die Bezeichnung: Peitschen-Steuerung.

Die Sai setzen auf organische Einheiten, wie diesen fliegenden Flammenwerfer.

Anfangs etwas ungewohnt, entpuppt sich dieses Interface in der Praxis als sehr effektiv. Da man die Einheiten auch indirekt steuern kann, ist es ohne Probleme möglich, komplexe Strategien umzusetzen. Von einem Häuserdach aus kann man so zum Beispiel Zangenbewegungen durchführen und selbst hartnäckige Verteidiger aus dem Weg räumen.

Die Jagd nach der besten Ausgangsposition ist folglich genauso entscheidend wie die richtige Truppenzusammenstellung. Im späteren Verlauf vermisst man nur eine Pausenfunktion, um die Angriffe besser zu timen, da es ab einem bestimmten Einheitenlimit etwas unübersichtlich wird. Vispi betonte aber, dass man in normalen Gefechten nur über sehr wenige Truppen verfügt. Viel mehr Zeit blieb uns leider nicht. In einem Schnelldurchlauf bekamen wir noch ein paar spätere Levels mit wirklich gigantischen Ausmaßen zu sehen. Gewaltige Tunnelanlagen verwandelten die Gebiete in ein komplexes 3D-Puzzle, lieferten Dutzende Alternativ-Strategien und fordern damit Eurem dreidimensionalen Vorstellungsvermögen alles ab.

Trotz der recht einfachen Steuerung ist Stormrise so nichts für müde Freizeit-Generäle, sondern ein knallharter Brocken, der in diesem Bereich Zeichen setzen wird. Allein die recht übersichtliche Einheitenauswahl und die gerade mal zwei, wenn auch recht unterschiedliche Parteien, entsprechen noch nicht ganz dem Genre-Standard. Man muss abwarten, was Missionsdesign und Story am Ende noch für Überraschungen parat halten.

Beeindruckende Schauplätze machen den Charme von Stormrise aus.

Die Peitsche funktioniert. Mit dieser einfachen wie genialen Idee lassen sich die Einheiten blitzschnell auswählen und navigieren. Seine Aussage war aber trotzdem nicht ganz richtig. Denn eine normale Steuerung würde bei den extremen Höhenunterschieden sowieso versagen. Die Peitschen-Steuerung ist für das angedachte Gameplay die einzige Alternative und scheint wirklich erfolgsversprechend zu sein. Es ist umgekehrt kaum vorstellbar, wie man mit Maus und Tastatur die Truppen durch die dichten Häuserschluchten steuert.

Um das Interface muss man sich zumindest auf den Konsolen keine Sorgen machen, stattdessen bereitet mir die Komplexität schlaflose Nächte. Vom Spieler wird einiges abverlangt, um die vielen Ebenen und Möglichkeiten zu nutzen. Ohne Pause-Funktion werden vor allem untalentierte Strategen schnell das Handtuch werfen. Auch was Story und Missionsdesign angeht, gab es zu wenig zu sehen, um sich ein Urteil zu erlauben. Hoffen wir, dass Creative Assembly seinem Ruf gerecht wird und nicht nur bei Steuerung und innovativem Game-Design Maßstäbe setzt. Die Konkurrenz wartet nicht.

Stormrise erscheint im März 2009 für den Xbox 360, PS3 und PC.

Schon gelesen?