Storys, die ihr erlebt haben solltet
Und die, die ihr erlebt habt. (Gewinnspiel!)
(Fortsetzung I have no Mouth and I must Scream)
Solltet ihr versuchen, das Spiel zu kaufen, dann seht auf jeden Fall zu, dass ihr NICHT die deutsche Version in die Hand nehmt. Wegen des Nazi-Bezugs des einen Charakters wurde sein ganzer Handlungsstrang herausgeschnitten. Dummerweise muss man alle Episoden abschließen, um zum Ende zu kommen. Damit ist das Spiel nicht mehr lösbar. Regt euch also nicht zu sehr über den nächsten geschnittenen Blutspritzer auf. Es war schon mal viel drastischer. Trotzdem: Eine der besten Geschichten, die euch nicht unterhalten hat. Weil sie dafür zu niederschmetternd ist.
Metal Gear Solid 3: Snake Eater
2005 / Konami / PS2
Dieses Spiel dreht ganz zum Schluss seine Prämisse so gnadenlos um und stellt alles in Frage, was ihr das ganze Zeit über getan habt, dass man einfach nur sprachlos auf den Screen starrt. Zugegeben, das passiert in der langen Metal-Gear-Solid-Reihe gelegentlich, aber keines bekommt es so gut hin wie Teil 3, Snake Eater.
Die Geschichte bleibt dabei konstanter und geschlossener als es im Vorgänger der Fall war und ufert nicht ganz so weit aus wie in Teil 4. Metal Gear Solid 3 trifft das Idealmaß für die überlebensgroße Mischung aus Kitsch, Drama, Action, Verschwörung, Moral und ungefähr einem halben Dutzend weiterer Motive und Themen genau. An keiner Stelle driftet es zu weit vom roten Faden ab und die Zahl der Charaktere bleibt so überschaubar, dass jeder eine wichtige Rolle ausfüllen kann. Man kann Geschichten schneller und effizienter erzählen als Kojima das in Snake Eater tat. Aber es schöner und überraschender zu tun, wird schwierig.
Planescape: Torment
1999 / Black Isle Studios / PC
Unter P&P-Rollenspielern gilt: Die legendären Planescape-Boxen sind ein Schmuckstück, das perfekten Lesestoff für Ambitionierte abgibt, aber wirklich spielen kann das keiner. Dafür ist das sich komplett um Philosophien und Ideen, die sich (meta)physisch manifestieren, drehende Setting einfach zu durchgeknallt.
Black Isle allerdings sagte: Klar geht das und wir sind so cool, dass wir daraus sogar ein Computer-Rollenspiel machen können. Haben sie. Und wie sie das haben. In eine Welt, die auf der Idee beruht, dass alles, das existiert und sich wirklich manifestiert, woran genug Leute glauben, findet man sich nicht so leicht hinein. Insoweit darf man bei diesem Spiel nichts gegen endlose Texte haben, die in hervorragendem Erzählstil dem Spieler all die wilden Ideen der Zentralstadt Sigil und ihrer Umgebung näher bringen.
Seien es die Figuren, die Welt oder der Plot – selbst wenn er mit einer Amnesie anfängt, der billigsten Story-Ausrede überhaupt –, Planescape: Torment ist das Ergebnis dessen, was dabei herauskommt, wenn talentierte Leute einfach nur richtig gute Geschichten erzählen wollen. Bis heute in seinem Genre unerreicht.
Shadow of the Colossus
2005 / Team ICO / PS2 (hoffentlich bald PS3)
Wieder ein Setting, in dem kaum ein Wort fällt und das gerade daraus seine Kraft zieht. Wieder eine Geschichte, die erstmal banal klingt. Held will tote Frau wiederbeleben und muss dafür Monster töten.
Dass diese Geschichte zu weit mehr als nur das werden kann, liegt an dem Umgang mit dieser Prämisse. Statt enthusiastisch gen Koloss zu reiten, verströmt die Welt eine seltsam bedrückende Atmosphäre vollkommener Einsamkeit.
Nicht bedrohlich, trotz der Riesen, die sie bewohnen. Man spürt, dass diese Reise kein einfaches Ende haben kann. Einsamkeit, Verlust, Verzweiflung sind die Motive dieses Spielereignisses. Opferbereitschaft gehört auch dazu, aber das Heldenthema wird stark heruntergespielt.
Es hängt beinahe vollständig vom Spieler ab, ob er sich in die Untiefe dieser Atmosphäre und Handlung wagen möchte oder doch lieber einfach nur ein paar echt große, coole Monster killt. Das geht auch, aber dann verpasst man das, was Shadow of the Colossus wirklich einzigartig macht.
Wing Commander IV: The Price of Freedom
1996 / Origin Systems / PC
Den Krieg zu gewinnen heißt noch nicht den Frieden sicher in der Hand zu haben. So oder ähnlich könnte das Grundmotiv der nicht nur für damals sondern auch heute noch opulenten Filmszenen lauten. Ein Star-Ensemble – B-Stars, aber immerhin – liefert einen erstaunlich dichten Plot um vermeintlichen Verrat, fehlgeleiteten Patriotismus und Loyalitäten ab, den man der bis dahin epischen, aber handlungsmäßig recht konventionellen Wing-Commander-Saga so gar nicht zugetraut hätte.
Ich gebe zu, dass dies eine recht persönliche Wahl ist und vielen Leuten gefiel die Abkehr von dem klassischen „wehr die fiesen Außerirdischen ab“ nicht. Wing Commander Prophecy versuchte deshalb ja auch zurück in diese Richtung zu rudern. Was Teil 4 jedoch auf der Habenseite verbucht, ist ein echter Antagonist in Form des bösen Admirals mit eigenen Motiven, die über „Tötet alle Erdlinge“ hinausgehen. Die Besetzung der Figuren, schon bekannt und eingespielt aus dem Vorgänger, läuft zu Hochform auf und wenn man diese Leistungen mit anderen „Handlungs“passagen vergleicht, beispielsweise aus Halo, wird einem erstmal klar, wo das Space-Opera-Genre schon mal stand und was mit dieser Ausnahmeserie verloren ging.
Obwohl, wahrscheinlich besser so, dass es bald danach zu Ende war, schaut man sich mal Wing Commander: The Movie an. Oder besser man lässt es einfach bleiben und behält Chris Roberts für seine Spiele in Erinnerung.