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Stranglehold

Einen tödlichen Tequila, bitte

John Woo ist der König des Action-Kinos. Der Meister der Aneinanderreihung von sinnentleerten Gewalt-Szenen. Groß geworden abseits des Mainstreams mit hochstilisierten Kämpfen und ausufernden Zeitlupeneinstellungen, produziert er nun einen Hollywood-Blockbuster nach dem anderen. Doch in seinem tiefsten Inneren ist er noch immer der Anarchist, der mit bahnbrechenden Ideen das Hong Kong-Kino ins Rampenlicht der Weltbühne zerrte. Gerade sein erster Erfolg Hard Boiled scheint dem begnadeten Filmemacher weiterhin im Kopf herum zu schwirren. So wählte er nicht ein neues Meisterwerk als Einstieg in die Videospielbranche, sondern eben seinen Erstling mit dem knallharten Bullen Tequila alias Chow Yun-Fat. Er schickt ihn erneut in den Kampf gegen das Verbrechen, doch diesmal eben digital in Stranglehold.

Ausgestattet mit der omni-präsenten Unreal Engine 3 machte sich Midway daran, die Vision des Filmemachers in ein Spiel zu gießen. Neben der eigentlichen Geschichte trug John Woo vor allem bei den Zwischensequenzen seinen Teil dazu bei. In unserer Vorabversion gab es leider noch nichts von den zwei satten Stunden Filmerlebnis zu bestaunen. Stattdessen bekamen wir einen ganzen Level serviert, der die Essenz des Spiels vermitteln sollte und uns einen tieferen Einblick in die Spielmechanik gab. Also stürzten wir uns in die Action, die sich ähnlich der Filmvorlage nicht durchgängig an Logik und Realität messen lässt.

Action auf Sinnsuche

Der Einstieg erfolgt direkt und ohne Schnörkel. Die Bösewichter sind im Naturkundemuseum und wir müssen sie alle aus dem Weg räumen. Ohne den moralischen Unterbau, den uns später die Filmsequenzen geben sollen – die momentan aber noch fehlen – , springen wir unvermittelt in das wilde Action-Geschehen. Der Spieler verkörpert dabei den harten Cop Tequila, der seinem realen Vorbild Chow Yun-Fat bis auf die letzte Haar gleicht und somit Tanja im Nu in Verzücken brachte (ein Fan eben). Gesteuert wird unser Gesetzeshüter aus der Verfolgerperspektive. Zielen, abdrücken, springen. Im Prinzip geht es nur um das eigene Überleben. Ein einfaches, ein effektives Spielprinzip. Um das Geschehen taktischer zu gestalten und das filmische Erlebnis noch stärker auf den kleinen Bildschirm zu bannen, wurde auch John Woos geliebte Zeitlupe integriert. Ganz wie bei Vorreiter Max Payne, kann man entweder auf Knopfdruck oder automatisch beim Springen die so genannte Tequila-Time auslösen. Diese verlangsamt die Action, so dass der Spieler schneller und genauer agieren kann.

Solche Holzkästen bieten nur für Sekunden Deckung, danach bleiben nur Reste übrig.

Doch das war den Machern noch nicht genug. Es fehlte noch die Virtuosität, mit denen sich John Woos Helden durch den Film bewegen. So genügt ein einfacher Knopfdruck an der richtigen Stelle und Tequila schwingt sich an Sauriergebeinen durch die Luft, bemannt einen Servierwagen oder gleitet an dem Rückgrat eines gigantischen Pflanzenfressers hinunter. Nicht nur hier wollten die Entwickler die Flexibilität ihres Protagonisten in den Vordergrund stellen. Selbst einfachste Bewegungen, wie das Rutschen über einen Tisch oder das Umwerfen einer Deckungsmöglichkeit, wurden perfekt in das Repertoire eingebaut. Als weitere Konsequenz gestaltet sich die Umgebung komplett zerstörbar. Schließlich bleibt auch bei John Woos Filmen kein Stein auf dem anderen. Wenn am Ende eines ausufernden Feuergefechts dann das gesamte Interieur in Trümmern liegt, stellt sich eine enorme Befriedigung ein.

Special gefällig?

Hier sieht man schön, wie selbst massive Steinsäulen zerlegt werden können.

Die Zerstörbarkeit der Inneneinrichtung besitzt noch einen taktischen Nebeneffekt. Statt sich stundenlang hinter einer Säule zu verkriechen, um eine Feuerpause abzuwarten, steht Ihr schon nach kurzem Beschuss wieder im Freien. Selbst massive Steinsäulen können mit etwas Geduld bis auf ihren schmalen Kern reduziert werden. Sowohl Ihr als auch Euer Gegner müssen also damit rechnen, jederzeit angegriffen zu werden. Um noch etwas mehr Taktik in den sonst recht abwechslungsarmen Spielablauf zu pusten, bekommt Ihr bei jedem ungewöhnlichen Abschuss eine spezielle Energieleiste aufgefüllt. Per Digital-Pad könnt Ihr dann drei schicke Spezialangriffe und eine kleine Gesundheitsauffrischung auslösen. Auch hier haben sich die Entwickler eng an den typischen John Woo-Style gehalten. Löst man zum Beispiel den alles vernichtenden Rundum-Angriff aus, steigen während der Attacke weiße Tauben gen Himmel – ein Stil-Eelement, das der Action-Meister immer wieder bei seinen Filmen einsetzt. Zusätzlich gibt es noch für eine begrenzte Zeit unendliche Munition und einen wirklich ekelhaften Todesschuss, der - mit viel Blut garniert -, schon mal einen Hals aufreißt.

Mal abgesehen davon, dass das Spiel in dieser Form mit belohnten Abschüssen wohl kaum in Deutschland auf den Markt kommt, hinterließ der gezeigte Level einen zwiespältigen Eindruck. Der Spielablauf in den Hallen des Museums beschränkte sich auf kontinuierliche Feuergefechte. Wie bei einer Schießbude öffneten sich Türen und Fenster, spuckten ein paar Gegner aus und schlossen sich anschließend wieder automatisch. Kaum hatte man den Raum vom Abschaum befreit, ging eine andere Tür auf und das Spiel begann von vorne. Und was das Ganze noch abstruser machte: Selber konnte man die Türen nicht öffnen.

Allerdings muss auch gesagt werden, dass die komplette Story fehlte und dieser Level nur einen Vorgeschmack auf die satte Action liefern sollte. Das hat funktioniert. Laut Midway gibt es übrigens auch klassische Abschnitte mit fest definierten Zielen.

Stranglehold erscheint im August für den PC, die Xbox 360 und die Playstation 3.

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