Street Fighter 2: The Final Challengers - Test
So viel Street Fighter bekam man 1991 für 40 Euro dann auch wieder nicht…
Ja, da ist der Preis. 40 Euro. Keine Chance an ihm vorbei. Ihr zahlt für ein uraltes Spiel den Vollpreis, zumindest fast. Wurde genug Aufwand betrieben, um das automatisch zu rechtfertigen? Nein, nicht wirklich. Ist das Spiel gut genug, um das zu rechtfertigen? Ja, irgendwo schon, nur mit dem kleinen Haken, dass Turbo Remix HD vor fast zehn Jahren die Hälfte kostete und nicht wirklich das schlechtere Spiel ist. Oder ein großartig anderes.
Das ist so ziemlich auch das, was auf der Packung steht. Street Fighter 2. Ohne Frage eines der einflussreichsten Spiele der Gaming-Historie. Nicht das beste Prügelspiel, nicht das bestbalancierte, nicht das mit den meisten Kämpfern. Aber trotz allem eines, das sich bis heute ungebrochene Spielfreude bewahrt hat. Es auf dem kleinen Switch-Screen wie auch auf dem großen TV wiederzusehen, ist immer willkommen. Es spielt sich einfach so dermaßen gut. Die Moves sind nach heutigen Maßstäben gleichzeitig simpel wie kompliziert, je nachdem, welcher aktuellen Schule ihr da folgen möchtet. Aber sie gehen gut von der Hand, als wäre es 1991.
Street Fighter, auch mit den Final Challengers, ist das Spiel, das es immer war. Vielleicht eines der am besten gealterten Retro-Vergnügen, ob nun mit dem Remix-HD-Look oder im - leider nicht per Tastendruck direkt - umschaltbaren Original. Persönlich bevorzuge ich nach wie vor letzteren Modus. Auch wenn ich die Udon-Zeichnungen und -Animationen mag, es spielte sich immer ein klein wenig "off", ohne dass ich es genau beschreiben könnte. Aber das ist wahrscheinlich einfach nur eine Frage der Gewöhnung, schließlich steckte ich ein paar hundert Stunden in SF2 und SF2 Turbo, bevor Remix-HD nur angekündigt wurde. Es ist interessant, dass diese Mängel (?) auch hier nicht behoben wurden und Remix HD nicht einfach nur ein lose herangezogener Vergleich ist. Final Challengers in der HD-Optik ist schlicht Remix HD.
Was allerdings zur Turbo-Legende fehlt, ist der Turbo. Es gibt keine Tempowahl. Da ich persönlich immer das etwas behäbige Originaltempo bevorzugte, geht für mich keine Welt unter, aber das werden andere sicher anders sehen. Unschön wie seltsam ist auch, dass es keine Bonus-Stages gibt. Wiederum, ich vermisse sie nicht wirklich, aber wenn man schon irgendwas "Final" macht, sollte das auch "Complete" bedeuten. So wie "neue Kämpfer" auch "neue Kämpfer" bedeuten sollte. Weder Evil Ryu noch Violent Ken qualifizieren sich dafür. Ersterer ist Ryu mit ein paar Akuma-Moves gekreuzt. Nett, warum nicht. Das Beste an Violent Ken ist natürlich der legendär dämliche Name, der Rest ist ein Ken, der von Bison umgedreht wurde, was bedeutet, dass er nun einen Dash und buntere Feuerbälle hat. Immerhin, es kam ein neuer Überkopftritt dazu, der gut funktioniert. Aber neue Charaktere? Selbst in einem Genre, das gerne mal einen Farbtausch als neue Figur verkauft, ist das etwas dreist.
Apropos Farbwechsel: Das ist eines der neuen Features dieser Version. Es sind aber keine echten neuen Kostüme, sondern einfach nur ein paar Mix'n'Match-Farbschema, die ihr durchklickt. Bäh. Und Super-Ultra-Turbo-Bäh ist der Ego-Sichtmodus. Wer auch immer sich das ausgedacht hat... Ich verstehe, wo es herkam. Wir wollten damals alle SF in der Ego-Sicht spielen. Toll, dass du dir, wer auch immer du genau warst, diesen Kindheitstraum vornahmst und ihn gründlich entzaubern wolltest. Aber nein, Way of the Hado ist nicht das, was wir wollten. Das ist SF für die Wii. Ein simpler Arcade-Modus, in dem ihr Gegnerhorden mit ein paar so simplen wie miserabel umgesetzten Moves wegholzen sollt. Der schon kaum Spaß macht, wenn die Steuerung mal die Eingaben akzeptiert, die ihr euch denkt. Was selten genug passiert. Grausig. Etwas besser ergeht es dem Koop-Modus, in dem ihr euch einen Lebensenergiebalken teilt und sogar ein paar Kombo-Koop-Moves habt. Nett. Für eine halbe Stunde. Anfänger bekommen noch einen Lite-Modus mit simplen Wischgesten für die Moves, der so toll ist wie Miller-Lite-Bier. Wer das mag, hat auch Spaß mit Lite-Moves.
Bleibt noch der Online-Modus und der lief in 40 oder 50 Runden ungefähr so gut wie die Move-Erkennung des Way-of-the-Hado-Modus: Wenn es mal ohne Lags abläuft, was selten genug vorkam, war es klasse. Das hielt aber nie ein ganzes Match und die meisten Kämpfe grenzten an Unspielbarkeit. Das bessert sich hoffentlich mit Patches noch, aber derzeit darf das für euch kein Kaufgrund sein, wollt ihr dem Händler das Spiel nicht eine Stunde nach dem Kauf wieder auf den Tisch knallen. Oder es mit Schwung in die Amazon-Packung donnern, denn wer kauft schon noch im Laden.
Es ist frustrierend. Stellt es auf die Originaloptik, packt irgendwo Street Fighter für die Switch aus und ihr produziert, wo auch immer ihr seid, ein kleines, wundervolles Arcade-Kabinett. Freunde und solche, die ihr noch nicht kennt, können euch verprügeln, als wäre es ein Münzgrab aus den frühen 90ern. Und von der Warte gesehen: So viel Arcade-Street-Fighter konnte ich für das, was auch immer 40 Euro im Jahre 1991 wert waren, dann auch nicht spielen. Aber am Ende ist The Final Challengers eine Enttäuschung. Ich kann SF Turbo auf gefühlt hundert Arten spielen und 80 Prozent davon sind sehr viel günstiger. Die meisten nicht so portabel oder praktisch, das stimmt, aber teuer bleibt teuer. Praktisch alle Final-Challengers-exklusiven Features sind altbekannt - Remix-HD-Optik und Spielverhalten -, überflüssig - Koop, die "neuen" Charaktere - oder schlicht und ergreifend und so sehr mich das schmerzt: Schrott. Siehe Online-Modus und Way of the Hado. Ich will es nicht verteufeln, der Kern ist zu gut, aber würde ich es kaufen? Nein. Ich würde warten, bis es keiner kauft und man es für 15 Euro auf dem Grabbeltisch findet. Dann spielt ihr mit einem Kumpel, als wäre es 1991, wann und wo ihr wollt. Und ihr werdet glücklich sein.