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Strike Suit Zero - Test

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle: Old-school, hart, manchmal frustrierend, aber auch spaßig.

Bevor ich mit dem Schreiben dieses Artikels begann, überlegte ich mir, ob ich zu Anfang mal wieder von den guten, alten Zeiten schwärmen sollte. Damals, als es noch die vielen großartigen Weltraumspiele gab. X-Wing, Tie Fighter, FreeSpace, Wing Commander, Privateer, Colony Wars, Klingon Academy, etc... Ohne Frage ein goldenes Zeitalter für diese Art von Spielen. Warum ich das erwähne? Nun, ganz einfach: Strike Suit Zero schafft es, mich exakt an diese Zeit zu erinnern, mir wieder dieses tolle Gefühl beim Fliegen durch den Weltraum zu geben, was gerade in den letzten Jahren wenig neuen Spielen gelungen ist. Und das ist eigentlich das Beste, was Strike Suit Zero passieren konnte.

Hierbei stellt sich natürlich zugleich auch die Frage, was man vom Spiel will, was man erwartet? In unserer Vorschau kurz vor Weihnachten hatten die Entwickler angegeben, dass eben Spiele wie Wing Commander und Co. auf jeden Fall eine Inspirationsquelle waren, was man dem Spiel auch ganz klar anmerkt. Wenn ihr nun allerdings großartige Innovationen erwartet, die dieses Genre nach vorne bringen, seid ihr hier falsch. Das war nicht das Ziel der Entwickler. Und wisst ihr was? Das ist auch gut so! Ich mag Strike Suit Zero (größtenteils) schlicht so, wie es ist, ohne irgendwelchen modernen Schnickschnak, sondern old-school und simpel. Es funktioniert einfach.

Mitunter eine harte Geduldsprobe

Das Wörtchen „simpel“ bezieht sich dann aber doch eher auf die Steuerung und Handhabung des Spiels. Abgesehen davon kann euch Strike Suit Zero in manchen Situationen nämlich ziemlich fordern, ist manchmal regelrecht frustrierend, wenn ihr nicht exakt die perfekte Lösungsmöglichkeit für eine bestimmte Zielsetzung austüftelt. Zugegeben, das war in den früheren Titeln auch hin und wieder so, aber bei Strike Suit Zero hatte ich dann doch das Gefühl, dass man in puncto Balancing nicht ganz die perfekte Mischung gefunden hat. Einige Missionen sind wirklich kein Problem, bevor man dann plötzlich an eine Stelle kommt, an der man fast verzweifelt. Einen Vorteil gegenüber den Klassikern hat Strike Suit Zero dabei allerdings: Es gibt Checkpoints, also müsst ihr im Gegensatz zu früher nicht gleich die komplette Mission wieder von vorne spielen - das müsst ihr nur, wenn ihr sie ganz abbrecht.

Immer wieder gibt es solch tolle Ansichten zu sehen.

Dass ihr im Verlauf der Kampagne irgendwann einmal scheitern werdet, ist sehr wahrscheinlich. Und solange es nicht zu häufig vorkommt, ist das ja auch nicht unbedingt etwas Schlechtes. Jedenfalls besser als quasi auf Schienen und ohne Herausforderungen durch das Spiel gelenkt zu werden. Es stärkt letzten Endes sogar das Erfolgserlebnis, dass man dann empfindet, wenn man an einer Stelle zuvor vielleicht schon zwei- oder dreimal gescheitert ist. Aber wie gesagt: Leider ist das hier zuweilen einfach zu hart. Es geht dadurch ein bisschen Freiheit verloren, weil ihr euch auf ein festes Schema und auf einen ganz bestimmten Ablauf konzentrieren müsst, anstatt die Dinge ein wenig eigenständiger, vielleicht anhand von eigenen Ideen und Einfällen, anpacken zu können.

Diese harten Missionen betreffen allen voran Aufgaben, in denen ihr ein Schiff oder mehrere verteidigen beziehungsweise eskortieren müsst - ein Vorgehen, das man ja auch aus den Klassikern schon zu Genüge kennt. Ihr Zustand wird anhand eines Balkens dargestellt und wenn die fliegende Blechbüchse explodiert, war's das. Leider besteht hier nicht die Möglichkeit, wie damals in Wing Commander trotz des Fehlschlags eines Hauptziels oder einer Mission noch weiterspielen zu können. Das hätte diese Stellen zumindest ein wenig entschärft. Davon abgesehen bietet man euch an Missionen das an, was man im Grunde auch so erwarten kann: Angriffe auf feindliche Schiffe - ob mit Jäger oder Bomber -, Stationen, das Durchqueren eines dichten Nebels mit darin befindlichen Minenfeldern. Durch das Erfüllen optionaler Nebenaufgaben verdient ihr euch noch ein paar Upgrades mit minimalen Auswirkungen für eure Schiffe dazu. Kurz gesagt: So weit, so Standard und erfreulicherweise mit wenig Leerlauf. Ähnliches gilt für die Story. Sie ist solide, in dem Sinne nicht wirklich etwas Besonderes - die menschlichen Kolonien lehnen sich gegen die Erde auf -, aber auch nicht wirklich schlecht.

Dieses klassische, vertraute Spielgefühl stellt sich jedenfalls sofort ein, wenn ihr in Strike Suit Zero mit eurem Joystick loslegt - sofern ihr denn einen besitzt. Das Spiel reiht sich damit nahtlos in die Reihe dieser eher arcadigen Titel ein, spielt sich von der ersten Sekunden genauso gut und hinterlässt ein überwiegend vertrautes Gefühl beim Fliegen - als wäre diese goldene Ära der Weltraumspiele nie zu Ende gegangen. Die Entwickler orientieren sich weniger an realistischeren Vertretern dieses Genres, was für euch bedeutet: Schnelle Kurven, direkte Flugmanöver und jede Menge Action. Alternativ könnt ihr zwar ebenso zu Maus + Keyboard oder dem Gamepad greifen, ich würde euch aber wirklich das Spielen mit einem Joystick ans Herz legen. Fühlt sich einfach echter an.

Westen trifft Osten

Was Strike Suit Zero ein wenig von der Masse abhebt, ist einerseits der Mix aus westlichem und östlichem Design. Dieser entstand in Zusammenarbeit mit Junji Okubo, der zuvor schon an den Designs für Steel Battalion oder Appleseed gearbeitet hat. Daraus ergeben sich einige tolle Schiffsmodelle, die einerseits ein wenig vertraut, aber eben auch anders wirken. Das alles gipfelt in der namensgebenden Strike Suit, einer Art Mischung aus Kampfjäger und Mech. Auf Knopfdruck wechselt ihr in den Strike-Suit-Modus - sofern genügend Energie vorhanden ist, die ihr durch das Zerstören von Feinden sammelt - und schwebt dann regelrecht durchs All. Zugleich habt ihr hier Zugriff auf mächtigere Waffen, mit denen ihr ganze Jägergruppen blitzschnell zu Staub zerschießen könnt - aber auch eure Raketen hauen ordentlich rein.

Damit das Ganze nicht zu übermächtig wird und gänzlich zu einem God-Mode verkommt, gibt es neben der durch die Energie beschränkten Nutzungsdauer noch einen weiteren Nachteil: Dadurch, dass ihr nur noch durchs All schwebt, seid ihr für eure Widersacher natürlich ein besseres Ziel als ein Jäger, der sich kontinuierlich auch nach vorne bewegt. Ihr könnt zwar in alle vier Himmelsrichtungen manövrieren, aber das eher gemächlich. Die Strike Suit eignet sich daher in gewissen Momenten dafür, einfach mal kurz umzuschalten, einen oder mehrere Gegner in die Luft zu jagen und dann sofort wieder im normalen Modus weiterzufliegen. Gleichzeitig ist der Strike-Suit-Modus auch das Schlüsselelement, auf das ihr in den schwierigen Situationen meist setzen müsst, um erfolgreich zu sein. Eine Gruppe von eigenen Bombern lässt sich damit gegen mehrere Aggressoren jedenfalls besser verteidigen als im normalen Flugmodus - das ist eine Lektion, die ich nach drei gescheiterten Versuchen in einer Mission lernte.

Die Kämpfe an sich sind trotz allem relativ dynamisch und nicht selten zaubern die Entwickler einige große und spektakuläre Schlachten auf den Bildschirm, die sich allen voran aufgrund der Effekte sehen lassen können. Besonders das dichte Flakfeuer erinnert mit seinen vielen kleinen Explosionen an die Neuauflage von Battlestar Galactica, lässt euren Jäger erzittern und sorgt für Artefakte auf dem Bildschirm. Während ihr euch mitten in diesem Geschehen tummelt und euch zumeist zum Jäger kümmert, zischen außerdem die Energiestrahlen der mächtigen Bordkanonen der Großkampfschiffe über den Bildschirm - da werden Erinnerungen an FreeSpace wach -, während sie mit ihren Flaks, Plasmakanonen und Raketen die nähere Umgebung abdecken.

Eines der besseren Spiele

Es ist jedenfalls ein Grand-Canyon-breiter Unterschied zu jüngeren Spielen dieses Genres, um mit dem im letzten Jahr veröffentlichten Galaxy on Fire 2 HD und seinen absolut undynamischen Kämpfen nur mal ein Beispiel zu nennen. Man merkte dem Titel seine iPad-Wurzeln einfach in jeder Sekunde an. KI-technisch ist Strike Suit Zero diesem Beispiel zwar auch deutlich überlegen, aber gerade die Intelligenz eurer Flügelmänner könnte noch ein wenig besser sein, wie auch die Interaktion mit ihnen. Wirklich schade ist nämlich, dass man seinen Mitstreitern keine Befehle erteilen kann. Es würde manche Situation deutlich erleichtern, wenn man sie ein Ziel angreifen oder den eigenen Träger gegen Torpedos verteidigen lassen könnte - was sie ansonsten nicht wirklich tun -, während man sich selbst um etwas anderes kümmert. Das wäre definitiv einer der Punkte, der auf meiner Liste für einen etwaigen Nachfolger ziemlich weit oben stehen würden. Die Gegner fliegen auch auf einem relativ ordentlichen Niveau - nicht zu schlecht, nicht zu gut, besonders fähige Fliegerasse gibt es nicht. Wenn sie starken Schaden nehmen, versuchen sie etwa gerne mal, aus eurer Schussreichweite zu kommen, was ihr übrigens in brenzligen Situationen selbst tun solltet. Kurz mit dem Nachbrenner Abstand gewinnen, Schilde neu aufladen lassen und wieder hinein ins Geschehen. Ansonsten habt ihr es mit Feinden zu tun, die sich vereinzelt mit Vorliebe hinter euch setzen und euch auf Schritt und Tritt verfolgen, sofern ihr sie denn nicht abschüttelt oder gleich abschießt.

Wirklich schade ist, dass man seinen Mitstreitern keine Befehle erteilen kann. Es würde manche Situation deutlich erleichtern.

Im Strike-Suit-Modus richtet ihr ordentlich Schaden an.

Wie ich eben schon angesprochen hatte, überzeugt Strike Suit Zero allen voran durch sein Design und auch die Kämpfe sind nicht nur dank der tollen Effekte eine Augenweide. Da stört es auch nicht weiter, dass die Modelle vielleicht nicht das Detaillierteste sind, was auf dem PC derzeit möglich wäre - aber okay, das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau. SSZ sieht absolut stimmig aus - ein überzeugender, funktionierender Stil ist für mich immer noch wichtiger als die reine Polygonzahl - und bietet obendrein einige tolle Hintergründe, vor denen ihr während der Missionen kämpft. Von einem dunklen, tristen und gleichermaßen langweiligen Weltall kann hier wirklich keine Rede sein.

Cockpits sollen übrigens erst später via Update integriert werden. Eine entsprechende Option im Grafikmenü ist zwar schon vorhanden, bewirkt aber derzeit nichts. Für noch mehr Immersion soll später auch der angekündigte Support für das VR-Headset Oculus Rift sorgen - das könnte dann eine echte Innovation für das Genre darstellen. Man darf gespannt sein, wie das Resultat aussieht.

Was haben wir hier also? Einerseits ein durchweg gut spielbares Weltraum-Actionspiel, das besonders die Veteranen unter den Spielern, die noch mit den Klassikern aufgewachsen sind, in wohligen Erinnerungen schwelgen lässt. Außerdem sieht es so toll aus, wie es sich spielt (Joystick empfohlen!). Aber: Manchmal übertreibt man es mit dem Schwierigkeitsgrad ein wenig. An der einen oder anderen Stelle hätte ich mir etwas mehr Feingefühl beim Balancing gewünscht. Man darf gerne auch mal scheitern und ich habe auch absolut nichts dagegen, aber sollte das irgendwann in Frust umschlagen, ist leider etwas falsch gelaufen. Für die kniffligen Stellen werdet ihr aber immerhin mit rasanten und spektakulären Weltraumschlachten entschädigt. Sicherlich gibt es hier und da auch noch andere Dinge, die man verbessern könnte und definitiv auch hätte integrieren müssen - Befehle für die Flügelmänner oder ein Radar -, aber alles in allem ist das hier einer der besten Vertreter der Genres der letzten Jahre. Wenn ihr einen Faible für solche Spiele habt und auch ein wenig frustresistent seid, lohnt sich die Investition, meinen via Kickstarter investierten 15 Dollar trauere ich jedenfalls ganz sicher nicht nach.

7 / 10

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