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Stronghold 3

Fliegende Kühe

Waren es wirklich weniger als zehn Jahre, ist das schon eines der Zeichen der Altersdemenz? Es kommt mir weit länger vor, als ich Fireflys Stronghold spielte. Irgendwann wird die Vergangenheit zu einem undurchsichtigem Klumpen, der sich gar nicht mehr so leicht sortieren lässt.

Keine Sorge, da kommt ihr auch noch hin. Was ich noch genau weiß, ist, wie sehr ich dieses Spiel liebte. Als eines der wenigen bis zu diesem Punkt simulierte es leicht, flockig und doch mit viel Witz und taktischer Tiefe das Burgleben. Von der Grundsteinlegung bis zum letzten Schliff durch einrückende Normannenhorden.

Eigentlich wollte uns das Studio zuvor ja noch mit Dungeon Hero beglücken – was inzwischen irgendwie nach einem interessantem Spin-Off einer anderen populären Serie klingt –, doch das zerschellte durch Publisher- und Investorendilemmata an irgendwelchen finanziellen Klippen. Vorerst. Das gute an dieser Geschichte ist, dass Firefly – übrigens, ich will Season 2! – nun seit 2009 Zeit fand, sich endlich dem dritten Teil von Stronghold zu widmen. Und da der Zweite eine nervige und verbuggte Spielspaßwüste war, wirken die Einstiegsworte wie beruhigender Balsam.

Ganz poliert ist die eingekaufte Engine auch noch nicht, aber das kann ja noch werden.

Man hatte damals, wie beinahe jeder Entwickler, der frisch auf 3D umstieg, die Idee, unbedingt eine eigene Engine in die Welt zu setzen. Mal abgesehen davon, dass diese schon allein genug Probleme bereitete, blieben nicht mehr genug Ressourcen, um den Rest des Games auf die Beine zu stellen. Schade drum, Schwamm drüber, jetzt wurde zuerst eingekauft, dann angepasst und schon sieht das Ergebnis selbst in seinem derzeitigen Vor-Mittel-Zwischen-Alpha-Zustand deutlich gereifter aus.

Die Optik der Landschaft, wirkte zwar noch ein wenig steril, markiert jedoch einen deutlichen Sprung zu den etwas verunglückten Eindrücken des Vorgängers. Bäume, Flüsse und Hügel ergeben eine natürliche Umgebung, die schon in sich genug Möglichkeiten und Fallen bei der Platzierung der eigenen Festung bietet. Die Errichtung einer solchen wandelte sich endgültig vom 90-Grad-Winkelbau zum natürlichen und erstaunlich simplen Ziehen von Außenmauern, dem Einbinden von inneren Trennmauern und der Platzierung von Türmen und Treppen. Einfach einen Startpunkt anklicken und ziehen.

So schlicht und praktikabel wie das Straßenlegen eines Sim City. Das Herzstück markiert das Setzen der inneren Feste, die mit steigendem Reichtum stetig wächst und an Pracht gewinnt. Einmal gebaut, das Zentrum eurer Macht, einmal erobert und geschliffen, das Game Over dieser Runde.

Die gleiche Szene, diesmal von den Zinnen aus.

Die Gebäude passen sich dieser Feste an und zwar indem sie umso größer und schmuckvoller werden, je näher sie dem Zentrum stehen. Die Bewohner fühlen sich eben geschützter und investieren mehr. Nicht nur das, auch die Bevölkerungszahl wird auf diese Weise reguliert und limitiert. Fasst eine herrschaftliche Burgvilla zehn Leute, trauen sich in einen unbefestigten Waldvorposten nur ein oder zwei Gestalten.

So zieht ihr Häuser, Werkstätten und mehr hoch, tüftelt an der Verteidigung, versucht benötigte Ressourcen zu sichern und müsst euch um nichts weiter kümmern. Zumindest solange ihr in der Wirtschafts-Aufbau-Kampagne herumlungert. Die Militär-Story schickt euch genug Leute an die Mauern, meist weit mehr als das, um sie ordentlich zu schleifen. Da helfen meist nur geschickt angelegte Hinterhalte. Ölgetränkte Böden sind beliebt, Fallgruben und eine ganze Reihe mehr endgültige Ritterstopper sollen den Weg in fertige Game finden. Einige neue und wirklich überraschende wurden versprochen, nur leider nicht besprochen. Lassen wir uns überraschen, auf welch heimtückische Art und Weise wir die Ragdoll-Physiken der Kleinsoldaten bewundern dürfen.

Neben der Fallrichtung der Kämpfer wurde auch jeder andere Aspekt in das Physikmodell mit einbezogen. Wird ein Haus von einer Ballista getroffen, dann stürzt es zur Seite. Befanden sich ein paar unglückliche Wachen dahinter, müsst ihr wohl oder übel die Kasernen bemühen.

Dunkel wars, der Mond schien auch nicht helle. Hocken jetzt Normannen in den Wäldern oder nicht?

Der Steinflug und der Kuhflug sollen ebenfalls genau berechnet werden. Kuhflug? Kuhflug. Oder Schweine- und Schafsflug. Die Viecher sind Seuchenträger, mit deren Hilfe man Krankheiten per ebenso skurriler wie makaberer Luftpost ausliefert. Beim Auftreffen platzen sie weiträumig auf und verbreiten ihre tödliche Fracht. Glücklich der, der Ärzte anheuerte.

Nicht nur tagsüber droht Gefahr. Die neue Engine erlaubt fließende Übergänge der Tageszeiten und so wird es nach einem überraschend atmosphärischen und schlicht gesagt hübschen Sonnenuntergang tiefste Nacht. In den Häusern flackern die Kamine, Fackeln erhellen die Straßen. Dumm nur, dass der nächtliche Normannensturm in der Nacht als sichere Sache gilt. Irgendwo in den stockfinsteren Wäldern lauern sie bereits und sie sind schlau genug, ihre Position nicht durch ein Feuer zu verraten. Entweder schießt man jetzt brennende Strohbündel in den Wald – nicht ganz ohne Risiko, sollten die nahe an freundlicher Bebauung stehen – oder mutige Freiwillige wandern mit Fackeln los und suchen. Die Nacht ergänzt das Spielprinzip um eine zwar nicht gänzlich andere, dafür jedoch ausgesprochen stimmungsvolle Variante, die im Multiplayer sehr reizvoll werden könnte.

Das Problem dieser ersten Show von Stronghold 3, eines kleinen, unerwarteten Highlights der gamescom, war, dass bisher die Engine zwar weitestgehend steht und auch einen sehr ordentlichen Eindruck hinterließ, jedoch von den Missionen und den Ideen dafür nichts zu entdecken war. Jedoch bin ich zuversichtlich, vielleicht weil ich einfach ein positiv denkender Mensch bin. Sie wollen den Aufbau und Ablauf des ersten Strongholds als Vorbild nehmen und selbst für den Fall, dass es hier an den ganz zündenden Kampagnen-Ideen am Ende mangeln sollte, wäre das immer noch großartige Mittelalter-Bau-RTS-Strategie. Und zwar von der Sorte, die irgendwie jeder spielen und dann damit auch Spaß haben kann, selbst wenn er dafür sein sonst präferiertes Genre verlässt. Zumindest solange er sich mit dem Setting anfreunden kann. Und mal ehrlich: Wer mag denn bitte keine Ritter, fliegende Kühe und Burgerstürmungen?

Stronghold 3 soll nach aktueller Planung im späten Frühling oder frühen Sommer 2011 erscheinen. Nur für PC.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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