Stronghold Kingdoms Touch: Am PC anfangen, unterwegs weiterspielen
Kleine Idee, großer Effekt.
Während Firefly gerade fleißig am nächsten großen Stronghold für den PC arbeitet - erstmals ohne den Zeitdruck eines Publishers im Nacken -, erfreut sich der Free-to-play-Ableger Stronghold Kingdoms einer kleinen, aber treuen Spielergemeinde. Mittlerweile haben über fünf Millionen Spieler den Mix aus Burgenbau und spielerorganisierter Grand Strategy bereits ausprobiert und Firefly ist mit dem Titel sichtlich noch nicht am Ende.
Wir trafen uns vor Kurzem mit Firefly-Gründer Simon Bradbury ("not amused about that whole Brexit thing") in Berlin, um die kleine, aber geniale Idee zu diskutieren, die die Briten für das bereits seit fünf Jahren laufende Gratisangebot hatten: Eine Eins-zu-eins-Umsetzung für iOS und Android, die es ermöglicht, sein am PC begonnenes Spiel unterwegs weiterzuführen. Dass es diese mobile Ausgabe des Titels geben würde, ist bereits seit letztem Jahr bekannt. Aber es erstmals auf einem iPad in Aktion zu sehen, das machte doch schon den Eindruck, dass Firefly hier unter Umständen auf einer kleinen Goldgrube sitzt.
Es ist dieser neuerdings theoretisch ununterbrochene Zugang zu einem Spiel, in das man so schon viele, viele Stunden stecken kann. Die Gewissheit, kein Ereignis dieser mittelalterlichen, aber nahezu komplett unter den Spielern in Gemeinden und Ländern organisierten Welt zu verpassen, das ist die Sorte Free-to-play-Spirale, die einen gewaltigen Suchteffekt erzeugen könnte. In der Bahn auf dem Weg zur Arbeit noch sein Dorf etwas auszubauen, damit die Burg besser versorgt ist und ihre Verteidigung Schlimmerem standhält, oder nach einer Attacke schnell zu reagieren und Löcher in der Abwehr und den Mauern zu stopfen - alles Möglichkeiten, die fast die Frage provozieren, warum das Spiel nicht von vorneherein für Mobilgeräte konzipiert wurde, so gut passen sie zum Ablauf von Stronghold Kingdoms.
Anders als die Spiele der Hauptreihe verfügt Kingdoms zwar nicht über Echtzeit-Taktikelemente, weil die aufgebaute Armee die Verteidigung einer Burg komplett autonom auf Schwachstellen abklopft. Aber je schneller man über Angriffe im Bilde ist, desto mehr fühlt man sich Herr der Lage, auch wenn man mal wieder geplündert wurde. Das Überall-und-jederzeit-Gefühl tut einfach eine Menge für Kingdoms. Und wenn man sieht, mit wie viel Stolz und Verve Simon Bradbury die iOS-Version präsentiert, ist man überzeugt, er weiß das auch ganz genau.
Von selbst programmiert sich das Spiel aber auch dann nicht, wenn man genau weiß, wo man damit hin will. "Die größte Herausforderung war natürlich das Nutzerinterface. Das war Fluch und Segen zugleich", erzählt der Brite. "Wir mussten das Interface in der PC-Version nicht allzu sehr durchdenken, packten einige Sachen hierhin, andere dort." Bei einem Mobile-Titel gib es für derartig laxes Design aber keine Toleranz. "Wenn man die Leute nicht sofort ins Spiel zieht, sind sie weg. Das war für uns aber auch die Gelegenheit, die Handhabung zu streamlinen und viele Klicks zu entfernen, die eigentlich überflüssig waren."
Die bisher gezeigten, schön großflächigen und wunderbar lesbaren Menüs versprühen eine gewisse iOS-Sparsamkeit, die Übersicht verspricht und die knackscharf gezeichnete Sprite-Optik schön komplementiert. Sofort findet man sich auf der Weltkarte zurecht, hätte ich gewollt, ich hätte meinen Geburtsort Löningen südwestlich der Kreisstadt Cloppenburg selbst gründen können, um in der Spielermonarchie langsam vom Untertanen bis zum Kronprinzen aufzusteigen - ein so viel attraktiverer Gedanke als ein schnödes Level-Cap von 50 oder so zu erreichen. Derweil färbt ihr in Zusammenschlüssen mit anderen Spielern die Karte immer mehr in der Farbe eurer Fraktion ein oder seht zu, wie eure Gegner sie langsam, aber sicher fortwischen.
Auch die Politik spielt eine entscheidende Rolle, denn die einzelnen Dörfer werden zu Gemeinden, Grafschaften, Provinzen und Ländern zusammengefasst, und sogar Steuern sind zu entrichten. Wer sich zum Vogt einer Region hochspielt, übt durchaus einiges an Kontrolle über den Rest der Spielerschaft aus, denn durch ihn in der Hauptstadt gebaute Einrichtungen werten untergeordnete Siedlungen auf. Auch über Angriffe auf andere und die Verteidigung der Hauptstadt bestimmt er. Fast weht ein Hauch von Eve durch diese Spielermonarchie. Und natürlich geht in einem mittelalterlichen Szenario nichts ohne die Kirche, von der man tatsächlich exkommuniziert werden kann und dann alle Boni vorher errichteter Glaubenseinrichtungen verliert.
Es ist ein feingliedriges, elegantes Netzwerk vieler Spieler und deren Entscheidungen. Klar, dass Free-to-play da ein bisschen gefährlich dazwischengrätscht, wenn man die so wirksamen Taktikkarten und Premium-Tokens für Bau- und Forschungsautomatisierungen, wenn man offline ist, auch einfach so kaufen kann. Wie findet man die richtige Balance in Free-to-play? "Als wir hiermit anfingen, haben wir uns viele Gedanken darüber gemacht. Hatten Angst, dass wir den Spielern zu viel kostenlos geben würden und kein Geld verdienen würden", erinnert sich Bradbury. "Heute sehen wir das deutlich entspannter. Die beste Art, damit umzugehen, ist einfach einzusehen, dass es ein paar wenige Leute geben wird, die sehr viel Zeit und schließlich auch Geld in das Spiel stecken werden. Sie nutzen das Kartenelement einfach sehr gerne."
Das habe wiederum ermöglicht und im Sinne der Balance gewissermaßen auch erfordert, ebenfalls den nicht zahlenden Spielern mehr kostenlose Taktikkarten zu spendieren. "Wir haben sogar festgestellt, dass Leute, die die Karten einmal ausprobiert haben, auch mit größerer Wahrscheinlichkeit irgendwann zu zahlenden Kunden werden. Insgesamt ist es also besser, mehr Gratis-Dinge zu verteilen."
Am Ende ist es aber das neue Format, das in Stronghold Kingdoms viel neues Potenzial freisetzt. Viele User beklagten sich über die Frequenz, mit der man sich ins Spiel einloggen musste, um neue Forschung und Bauprojekte anzuregen. Zugang zur Warteschlange gibt es im PC-Original nämlich nur gegen Mikrotransaktionen, was natürlich zu Pay-to-win-Vorwürfen führte. Dank der neuen Touch-Version kann man auf dem Smartphone auch unterwegs mal eben in sein Reich lunzen und mit wenigen Handgriffen den Fortschritt weiter vorantreiben.
Es ist einer dieser seltenen Fälle, in denen alleine die veränderte Form schon das Design großzügig nach vorne bringt. Darin steckt eine gewisse Eleganz, zu der man Bradbury ruhig gratulieren darf. Wenn mit Kingdoms Touch im Herbst alles richtig läuft, sieht die Zukunft für das Studio - und die Weiterführung von Stronghold - wirklich rosig aus.