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Sudden Strike 4 - und plötzlich war es wieder da

Taktisch lehrreich kehrt der Geheimtipp von einst zurück.

Ich bin nicht sicher, wo das auf einmal herkam, aber da ist es nun: Sudden Strike 4, das - wie Kalypso sich zu betonen Mühe gibt - in der Tradition der ersten beiden Teile der Reihe steht. Ihr wisst schon, der beiden, die gut waren. Sudden Strike, das war anno 2000 ein frischer, realistischer und taktikbeflissener Gegenentwurf zum Zerging und Tankrush anderer Echtzeitstrategiespiele vor historischen Szenarien des Zweiten Weltkriegs.

Fein gezeichnete Einheiten-Sprites, wuselige Soldaten, die man in verfallenen Häusern Heckenschützenposition beziehen lassen konnte, und viele, viele listige Winkelzüge direkt aus dem Handbuch echter Armeekommandanten verbreiteten das Gefühl, dass hier mit jedem einzelnen Klick mehr auf dem Spiel stand als anderswo. Genau hier will Kalypso wieder ansetzen und gab den Budapestern von Kite Games, die sich zu guten Teilen aus ehemaligen Entwicklern von Codename: Panzers rekrutieren, die Zügel in die Hand.

Jedes einzelne Fahrzeug ist kostbar, Materialschlachten gibt's woanders.

Nach gut einer Dreiviertelstunde auf Kalypsos Anspiel-Event in Berlin darf man sagen, dass der Look und Ton der Vorgänger gut getroffen wurde: Das hier ist problemlos als neuer Teil der Reihe zu erkennen. Als solcher gibt es wie gehabt drei Kampagnen - Alliierte, Deutschland, Sowjetunion -, die sich über 20 Missionen auf Basis historischer Ereignisse abspielen. Unsere Probiermission lief zum Beispiel vor dem Hintergrund Stalingrads ab. Schon zur Zeit des Seriendebüts warfen einige dem Spiel Distanzlosigkeit zur aufgeladenen Thematik vor. Was ich bisher sah, lief aber, soweit es ging, wertfrei ab. Einzig die arg überzeichnete Sprachausgabe wirkte unpassend und dem ernsten Szenario nicht angemessen.


  • Entwickler/Publisher:
    Kite Games/Kalypso
  • Erscheint für:
    PC, PS4, Mac, Linux
  • Geplante Veröffentlichung
    2. Quartal 2017
  • Angespielt auf: PC

Ohne historischen Ballast betrachtet machte das Spiel aber mit seinen offenen Schlachtfeldern, viel Flexibilität und der Pflicht für clevere taktische Manöver eine Menge her. Ein Minenfeld auf der Straße musste zuvor von Ingenieuren erkannt und schließlich entschärft werden. Die dahinterliegende Feindstellung war erst durch ein koordiniertes Flankiermanöver eines kleinen Trupps durch die Seitengassen zu knacken. Die dynamisch veränderlichen Sichtlinien halten bei jeder Bewegung die Spannung hoch und die Optionen, die sich durch mögliche Verbarrikadierung in Häusern ergeben, könnten einem auch nach mehreren Versuchen möglicherweise noch neue Herangehensweisen eröffnen.

Was eure Einheiten sehen - und was nicht -, ist von entscheidender Bedeutung.

Daneben gefiel auch der Gedanke, dass jeder Panzer, jedes Fahrzeug einen großen Wert für den traditionell überschaubaren und limitierten Kampfverband hat. Basenbau und eine tendenziell umfassende Herstellungskette für eventuellen Nachschub gibt es hier nämlich nicht. Ab und an schiebt einem das Oberkommando Ergänzungseinheiten aufs Feld, aber das war es dann auch. Liegengebliebene Fahrzeuge sollte man demnach schleunigst von den Reparatureinheiten flottmachen, solche, denen die Munition ausging, von Versorgungstruppen neu befüllen lassen. Ebenso übernimmt man schon mal außer Gefecht gesetzte Fahrzeuge des Feindes, was wiederum ganz eigene taktische Überlegungen ermöglicht.

Sudden Strike war nie das zugänglichste RTS, der vierte Teil will hier nachhelfen, indem ein im Hintergrund laufendes System fortwährend alle Aktionen des Spielers evaluiert. Für geschicktes Flankieren und Umzingeln setzt es im Rahmen eines Medaillensystems zügig Belohnungen. So will man dem User gute Taktik beibringen, zu der unter anderem auch das Attackieren der Schwachpunkte von Panzern gehört. Dafür gibt's dann Multiplikatoren auf den finalen Punktestand. Nett. Es bleibt, wenn alles so läuft, wie sich Kalypso und Kite Games das vorstellen, auch 16 Jahre nach dem ersten Teil eines der überlegteren und langsameren, dafür aber vielschichtigeren Echtzeitstrategiespiele, das einmal mehr Erkundung und maßvolles Taktieren über "Shock and Awe" stellt. Darauf soll auch die KI angemessen reagieren, Verstärkung anfordern und sich aus aussichtslosen Gefechten zurückziehen, um sich neu zu formieren.

Im Schnee geht es langsamer voran als bei schönem Wetter.

Für weitere Facetten sorgen das dynamisch veränderliche Wetter, das die Unity-Engine mit wild umherpeitschenden Bäumen und wunderbaren Regenschwaden nicht nur stimmungsvoll in Szene setzt, sondern sich auch auf die Manövrierfähigkeit der Fahrzeuge auswirkt. Dazu je Fraktion drei unterschiedliche wählbare Kommandanten, mit denen ihr bei eurem Taktikstil zwischen Infanterie und schwerem Geschütz eigene Schwerpunkte setzt. Ein Mehrspielermodus für acht Teilnehmer rundet ein Taktikspiel ab, das großen Wert auf Wiederspielbarkeit legt.

Jetzt muss alles am Ende nur noch in spannenden Missionen so aufgehen, dass das Spiel das Versprechen dynamischer und hauptsächlich mit dem Kopf geführter Schlachten auch in vollem Umfang einlöst und am Ende nicht alles nur Augenwischerei ist. Im ersten Eindruck macht Sudden Strike 4 in jedem Fall neugierig auf mehr. Fast findet man es ein bisschen komisch, dass man so ewig nichts mehr von dieser Reihe hörte. Platz ist für eines dieser hartgesottenen Sorte irgendwie noch immer. Heute vielleicht mehr denn je. Im zweiten Quartal 2017 wissen wir dann, ob das hier eine Schlacht wird, die es sich zu schlagen lohnt.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
In diesem artikel

Sudden Strike 4

PS4, Xbox One, PC, Mac

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