Suicide Squad: Kill the Justice League im Test - Hat sich die lange Wartezeit wirklich gelohnt?
Rocksteady kann es noch, war aber auch schon mal besser.
Eigentlich sollte Suicide Squad: Kill the Justice League so etwas wie ein Selbstläufer sein. Erst recht, wenn man all die Vorschusslorbeeren bedenkt, die das Entwicklerstudio Rocksteady mit seiner Batman-Arkham-Trilogie gesammelt hat. Doch Suicide Squad hatte im Vorfeld nicht den besten Ruf. Live-Service-Spiel, Post-Launch-Inhalte, Mikrotransaktionen und alles andere, was damit zu tun hat. Die kritischen Stimmen der Fans und Interessierten waren laut und man muss sich ernsthaft die Frage stellen, ob sich Rocksteady hier nicht einfach - auch angesichts einer sehr langen Entwicklungszeit - verzettelt hat? Den aktuellsten Branchentrends hinterherzulaufen, geht in vielen Fällen jedenfalls nicht gut. Und bei Suicide Squad?
Erst einmal: Worum geht's hier? Um die andere Seite des Arkhamverse. Ihr spielt nicht Batman, Flash oder sonst einen Superhelden, nein, es geht um ein Viererteam aus Schurken. Die Task Force X aka das Suicide Squad wird eher unfreiwillig nach Metropolis geschickt – was hat man schon für eine große Wahl, wenn einem Sprengsätze in den Kopf implantiert werden? Jedenfalls belagert gerade Brainiac die Stadt und versucht Helden wie Batman und Green Lantern auf seine Seite zu ziehen oder gleich zu erledigen. Eure Aufgabe besteht erwartungsgemäß darin, Brainiac zu stoppen. Und wenn ihr dafür die Justice League aus dem Weg räumen müsst, dann ist das eben so.
Wer braucht schon Helden?
Euer Einsatzteam besteht aus Harley Quinn, Deadshot, Captain Boomerang und King Shark. Wenn ihr also schon immer mal einen Hai auf zwei Beinen spielen wolltet, habt ihr euer Spiel gefunden. Ihr könnt Suicide Squad alleine in Angriff nehmen und dabei stets zwischen den einzelnen Charakteren wechseln (der Rest bewegt sich immer um euch herum und kämpft mit) oder ihr agiert mit weiteren Spielerinnen und Spielern im Koop-Modus. Was euch dann erwartet, ist einerseits eine im Kern rund zwölf Stunden lange Kampagne. Rundherum gibt's noch einiges mehr zu tun.
Picken wir uns die Hauptkampagne heraus, sehen wir dort vieles von dem, was Rocksteadys frühere Batman-Spiele ausgezeichnet hat. Erstklassige Zwischensequenzen und Charaktere, eine Story voller Wendungen, spannende Momente und dank dieses Quartetts an Hauptcharakteren, von denen jeder seine eigenen Motivationen hat, aber zur Zusammenarbeit gezwungen ist, zugleich eine Menge Humor und Situationskomik. Tatsächlich ist das Spiel weit humorvoller, als ich es im Vorfeld dachte. Es wechselt sich jedoch recht gelungen mit ernsthafteren Szenen ab. In solchen Momenten vermag Suicide Squad durchaus zu glänzen und zeigt, was Rocksteady auf dem Kasten hat.
Macht Suicide Squad Spaß?
Auf der anderen Seite der Medaille haben wir einen Third-Person-Shooter, der sich mitunter sehr mechanisch präsentiert. Es gibt lineare und zugleich sehr gute Missionen, doch bei der großen Mehrheit müsst ihr mit eurem Team einfach nur irgendwelche Punkte verteidigen, NPCs eskortieren, Dinge zerstören oder Stellungen einnehmen. Und meistens wirft das Spiel dabei eine Gegnerwelle nach der anderen in eure Richtung. Auf Dauer überwiegt dabei die Eintönigkeit, während ihr einen Auftrag nach dem anderen abarbeitet und abschließend den Belohnungsbildschirm seht, euren Loot einsackt und etwaige Stufenaufstiege begutachtet. Das kennt man zwar aus Online-Spielen, doch es wirkt inmitten der spannenden, coolen Momente von Suicide Squad immer wieder wie eine Art Fremdkörper.
Macht das dann alleine überhaupt Spaß? Ja, durchaus. Wenngleich es für mich eher ein Spiel ist, mit dem ich in kleinen Dosen meine Freude haben kann. Spiele ich länger als eine Stunde am Stück, kickt schnell die Eintönigkeit rein. Was je nach Spieler oder Spielerin aber wahrscheinlich höchst individuell ist. Wenn ihr kein Problem damit habt, kann Suicide Squad eine tolle Freizeitbeschäftigung für euch sein. Und mit menschlichen Mitstreiterinnen oder Mitstreitern an eurer Seite macht das alles noch einmal einen Tick mehr Spaß. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Ja, das war jetzt ein bisschen gemein.
Abhängig davon, wie man das nun genau betrachten möchte, könnte durchaus der Eindruck entstehen, dass Rocksteady hier ein cooles Singleplayer- oder Koop-Spiel machen wollte, dann aber vor der Aufgabe stand, alles eine Nummer größer zu gestalten. Für mich ist es ein Spiel der gemischten Gefühle, mit tollen Augenblicken, in denen ihr es zum Beispiel mit den von Brainiac umgedrehten Mitgliedern der Justice League aufnehmt, die wahrlich furchterregend sein können und zeigen, dass mit ihnen nicht zu spaßen ist. Allein das Pacing des Spiels wird all dem nicht gerecht. Schon aufgrund dessen, weil ihr zwischendurch immer diese Missionen mit den Standardaufgaben habt. Töte alle Gegner und so weiter. Es reißt mich zumindest immer wieder ein wenig raus. Und obendrein habt ihr wenig Zeit, um die Dinge mal ein wenig sacken zu lassen. Das Spiel macht direkt weiter mit der nächsten 08/15-Aufgabe, nachdem ihr gerade etwas Beeindruckendes erlebt hat. Und das ist eine Achterbahnfahrt voller Höhe- und Tiefpunkte, die sich durchs ganze Spiel zieht.
Funktioniert denn das Gameplay?
Wie sieht es denn auf der spielerischen Seite aus? Ziemlich gut! In diesem Spiel wird auf jeden Fall eine Menge geschossen und geprügelt, egal ob mit Pistolen, Schrotflinten, Scharfschützengewehren, Hämmern oder Fäusten. All das geht super reaktionsschnell von der Hand und hat man erst einmal die ganzen Möglichkeiten verinnerlicht, die zur Verfügung stehen, macht ihr mit Feinden kurzen Prozess. Dabei müsst ihr mitunter auf Dinge wie Konterschüsse oder blau leuchtende Feinde achten. Erledigt ihr Letztere mit einem Nahkampfangriff, gewinnt ihr Schildenergie zurück. Im Eifer des Gefechts solltet ihr das nicht vergessen, denn ihr werdet häufig buchstäblich aus allen Richtungen beschossen.
Herausragend umgesetzt ist die Fortbewegung im Spiel. Jeder Charakter hat seine eigene Möglichkeit, sich zu Fuß schnell von einem Ort zum anderen zu bewegen. Bei Captain Boomerang ist es die Speed Force, Deashot fliegt mit seinem Jetpack herum, Harley Quinn schwingt sich mithilfe der Bat Drone durch die Gegend und King Shark verfügt über übernatürliche Sprungkräfte. Das bringt euch nicht nur bei der Fortbewegung von A nach B etwas, sondern ist gleichermaßen im Kampf sehr nützlich, da ihr zum Beispiel häufiger auf verschiedenen Ebenen kämpft und so ohne große Pausen im Kampffluss bleibt. Im Idealfall reiht ihr so Attacken, Sprünge, Ausweichmanöver, Konter und alles andere aneinander, erstellt gewissermaßen eure eigene Kampfchoreographie und pflügt euch durch die Gegnerwellen.
Auf einer ganz grundsätzlichen Ebene ähneln sich die vier Figuren, sind nicht zu unterschiedlich. Was nicht die schlechteste Idee ist, so könnt ihr wechseln, ohne euch erst wieder umgewöhnen zu müssen. Die Unterschiede findet ihr dann im Detail. Unter anderem eben bei der Fortbewegung, den Fähigkeiten und der Bewaffnung. Was das Reisen anbelangt, konnte ich mich zum Beispiel eher mit King Shark und Deadshot anfreunden. Letztlich ist jede Figur auf ihre eigene Art gut zu spielen, wenn es ums Detail geht, findet aber sicherlich jeder seinen eigenen Liebling. Ihr seid auch nicht gezwungen, zwischen ihnen zu wechseln, wenn ihr nicht möchtet. Und mithilfe der Waffen, Talentbäume, Mods und mehr könnt ihr sie noch genauer auf euren eigenen Spielstil einstellen.
Apropos Ausrüstung. Die bietet definitiv ausreichend Spielraum für Zahlenspiele, jeder Gegenstand verfügt über verschiedene Werte. Da kann man sich wirklich hineinsteigern und auf jede noch so kleine Zahl achten oder sich einfach an den grünen (besser als das ausgerüstete) oder roten (schlechter) Indikatoren orientieren. Ganz wie ihr möchtet. In der Halle der Gerechtigkeit, die als eure Operationsbasis dient, nehmt ihr obendrein die Hilfe von Ivy und Pinguin in Anspruch, um eure Kampfkraft zu verstärken.
Kooperativer Spaß
Während die Belohnungs- und Endbildschirme in der Kampagne noch eher nervig sind, erfüllen sie beim gemeinsamen Spielen durchaus noch ihren Zweck und dienen als kleiner Ansporn. Wer sich nämlich am besten schlägt, wird zum Anführer und kann für alle die nächste Mission auswählen. Wenn ihr am oberen Ende der Rangliste stehen möchtet, müsst ihr die Punktrichter beeindrucken. Führt besondere Moves aus, erzielt Kombos, sammelt möglichst viele Punkte und beweist so, dass ihr das Zeug zum Anführer habt.
Das Zusammenspiel mit anderen klappt dabei recht einfach und Rocksteady hat hier ein paar angenehme Funktionen integriert. Einerseits gelten Spielfortschritte für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ihr müsst also, wenn ihr alleine zur Kampagne zurückkehrt, nichts wiederholen. Ihr könnt sogar Charakterprofile von Freundinnen und Freunden der KI zu weisen, wenn ihr alleine spielt. Dadurch werden sie mit der entsprechenden Ausrüstung eurer Bekannten ausgestattet, diese wiederum erhalten dafür sogar eine kleine Belohnung, wenn sie sich beim nächsten Mal einloggen. Gleichermaßen gilt jedoch, dass gemeinschaftliches Vorgehen nie zu stark in den Mittelpunkt rückt. Ja, ihr kämpft zusammen, aber letzten Endes ballert jeder nur einfach auf die Feinde und es muss zum Beispiel nicht explizit Harley Quinn eine bestimmte Aktion ausführen, damit Deadshot einen Feind ausschalten kann. Dahingehend bleibt es relativ simpel.
Wie schon erwähnt, präsentieren sich viele Aufgaben/Missionen in Suicide Squad eher nach dem Muster 08/15. Bei den Incursion-Missionen, die ihr als Endgame-Content nach dem finalen Boss freischaltet, verhält sich das nicht anders. Da fehlt einfach das i-Tüpfelchen obendrauf, etwas Abwechslung bei den Gegnern und ein höherer Schwierigkeitsgrad alleine reichen leider nicht aus. Dafür läuft technisch alles sauber, zumindest auf der Xbox Series X, auf der ich spielte. Und wenn man einzelne Serverprobleme und dergleichen ausklammert. Suicide Squad spielt sich super flüssig und sieht gut aus, wenngleich man sich natürlich einiges einspart, indem es außer Gegnern in Metropolis keinerlei aktive NPCs gibt. Alle Bewohnerinnen und Bewohner wurden nämlich in Staub verwandelt und stehen in der Gegend herum. Berührt ihr sie, zerfallen sie.
Eine gute Nachricht ist, dass kommende spielerische Inhalte - Rocksteady hat mehrere Seasons geplant - komplett kostenlos sein sollen. Sie bringen neue Charaktere, Aufträge und dergleichen mit. Das Einzige, wofür ihr hier zahlen müsst, sind kosmetische Objekte im Battle Pass oder im Store. Was nicht heißt, dass ihr im normalen Spielverlauf wenig bekommt. Es gibt schon einige Outfits und kosmetische Objekte, die sich zum Beispiel durch Riddler-Rätsel freischalten lassen. Somit präsentiert sich Suicide Squad im Kern durchaus spendabler als manch andere Spiele. Wer seinen Spaß am Spiel hat und die Entwickler zusätzlich mit ein paar optionalen Käufen unterstützen möchte, kann das auf die Art tun. Ebenso könnt ihr sicher sein, dass ihr noch ein Weilchen gratis mit Nachschub versorgt werdet.
Suicide Squad: Kill the Justice League – Fazit
Was bleibt also am Ende? Ein Spiel, das nicht einfach zu bewerten ist. Eines, dessen Gameplay im Hinblick auf die Kernmechaniken wunderbar funktioniert, das jedoch inhaltlich und in Sachen Präsentation nie so konstant ein hohes Niveau halten kann wie Rocksteadys Arkham-Trilogie. Es hat zweifelsohne seine tollen Momente, die jedoch immer wieder durch sich wiederholende 08/15-Missionen beziehungsweise -Aufgabenstellungen verwässert werden. An manchen Stellen wird Suicide Squad aufgrund seiner Natur einfach zu mechanisch, statt euch etwas Luft zum Atmen zu geben.
Uneingeschränkt empfehlen würde ich Suicide Squad den Arkham-Fans daher nicht. Man muss sich darauf einlassen können und damit zurechtkommen, dass das alles so ist, wie ich es beschrieben habe. Es kann zudem nicht schaden, wenn ihr es regelmäßig gemeinsam mit anderen spielt, das erhöht den Spaßfaktor. Und davon könnt ihr in den besten Momenten eine Menge haben, wenn ihr das Gameplay genießt, euch durch die Gegnerhorden wälzt und gemeinsam alles platt macht, was sich euch in den Weg stellt. Oder um es anders zu sagen: Suicide Squad ist nicht so schlecht, wie es im Vorfeld befürchtet wurde. Auf der anderen Seite jedoch auch nicht so gut, wie man es angesichts der Vergangenheit von Rocksteady erwartet hätte. Es fesselt mich durch die ganzen Unterbrechungen nie so sehr vor den Bildschirm, wie die Arkham-Spiele es taten. Für mich ist es daher kein Muss-man-spielen-Spiel, aber ein Kann-man-spielen-Spiel.
Suicide Squad: Kill the Justice League | |
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PRO | CONTRA |
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Ihr könnt Suicide Squad: Kill the Justice League auf Steam, im PlayStation Store und im Xbox Store kaufen.