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Super Mario 3D World für Wii U - eine Intervention

Gegen gelegentliche Kostümierung habe ich nichts einzuwenden, aber dieser Klempner übertreibt es.

In Ordnung, Leute, das war's. Ich kann den Elefanten im Raum nicht mehr totschweigen. Lieber Mario, dein Hang zu Ganzkörper-Tierkostümen artet mittlerweile aus. Die Leute fangen an zu tuscheln: Welcher Fetisch treibt diesen italienischen Klempner? Welchen Pelz trägt er als nächstes?

Verwandlung durch Pilze und Blumen? Zugegeben: wurde ein Klassiker. Dreh ich dir keinen Strick draus. Betraf eh nur deine Größe und die Farbe der Latzhose. Die Sache mit dem Blatt, dem Waschbärschwanz und den neckischen Ohren an der Kapuze in Super Mario Bros. 3? Jugendlicher Übermut. Wir alle kennen derartige Anarcho-Phasen. Der Tanuki-Anzug (Marderhund), die Hammer-Schildkröte oder das Froschkostüm im selben Spiel? Vielleicht ein erstes Warnsignal. Hätte ich das damals kritischer sehen sollen?

Nun also Katzen. Marderhunde, Frösche, Schildkröten, Bienen, Waschbären und Pinguine waren nicht genug.

Dein Cape in Super Mario World? Du nennst dich "Super Mario", da war so etwas irgendwann zu erwarten. Ein bisschen Exzentrik sei dir gegönnt - wer so viele Spiele für Nintendo verkauft, darf sich das leisten. Oder neulich die Propellermütze in New Super Mario Bros. Wii - noch so ein modischer Ausrutscher. Passiert selbst stilsicheren Hollywood-Promis gelegentlich. Kein Grund, Karl Lagerfeld anzurufen.

Doch was ist mit deinem Bienenkostüm (Super Mario Galaxy) oder dem Pinguin-Anzug (New Super Mario Bros. Wii)? Und dann schon wieder dieses Tanuki-Fell in Super Mario 3D Land, für das dich PETA sogar aufs Korn genommen hat. Haben die Tierschützer recht? Wird dein Pelz-Faible langsam zur Manie?

Jetzt also ein Katzenklempner

Haben die Tierschützer recht? Wird dein Pelz-Faible langsam zur Manie?

Der Anlass für meine Besorgnis ist Super Mario 3D World für Wii U, das ich neulich in Frankfurt auf dem Post-E3-Event von Nintendo ausprobieren durfte und das im Dezember 2013 erscheinen soll. War mehr ein Appetithäppchen von vier Leveln und einem Endboss, das sich wahlweise per Wii-U-Pad oder Wiimote steuern lies. Ein typischer 3D-Mario möchte man meinen.

Zu viert macht der Titel mächtig Laune - auch dank der unterschiedlichen Fähigkeiten.

In Sachen räumlicher Bewegungsfreiheit kein Quantensprung wie Super Mario 64 oder Super Mario Galaxy, aber nach wie vor butterweich spielbar. Vor allem mit dem Pad und den Analogsticks klappt die Steuerung bestens, auch wenn ich mangels Übung den ein oder anderen Block zunächst verfehlte. Nach ein paar Minuten saßen die Sprünge aber sicher und mein innerer Entdecker war geweckt. Ob Münzen, Geheimräume oder die obligatorischen drei Sterne - die Macher haben viele Schätze versteckt. Der Timer am oberen Bildrand tickte mehrmals gefährlich gen null. Wie gut, dass man unterwegs auch Uhren zum Auffüllen desselben findet.

Wahlweise hätte ich die Perspektive durch das neigen des Pads verändern können, deaktivierte das Feature aber relativ bald, weil mir das Handling zu unruhig wurde. Das Feature, auf dem Wii-U-Controller mit dem Finger Gegner in der Bewegung einzufrieren oder unsichtbare Blöcke und Münzen zu enttarnen, nutzte ich eigentlich nicht. Die versteckten Goodies findet man auch durch bloßes Drüberlaufen oder kann sie durch eine nahe Stampf-Attacke aufflackern sehen. Ansonsten ist der Handbildschirm praktisch, wenn man mal abseits des Fernsehers zocken möchte.

Dem Schlangenboss aufs Dach zu steigen wird dank Kletterfähigkeit zum Klacks.

Kaum hatte ich die erste Demo-Welt (2-1) gestartet, wies mich der freundliche Nintendo-Mitarbeiter auf einen Baum hin, in dem sich ein Glöckchen versteckte. Kannst du dir mein Entsetzen vorstellen, als du nach dem Aufsammeln desselben plötzlich im Katzenkostüm vor mir standest? Ein flauschiger, schnurrender Klempner, der sich auf allen Vieren fortbewegt, seine Gegner zu Tode kratzt und Wände senkrecht nach Oben klettert? Bin ich der einzige, den das befremdet?

Wobei ich zugeben muss, dass vor allem die Kletterfähigkeit sehr praktisch sein kann. Sie ergänzt deinen Mauersprung perfekt und ermöglicht längere vertikale Passagen. Du kannst nicht unbegrenzt deine Klauen in Wände schlagen - nach ein paar Metern verlierst du den Halt - womit deine Schöpfer das mächtige Feature ein bisschen entschärfen. Aber warum musst du dich dafür als eine Katze verkleiden? Hätten es nicht auch ein Tirolerhut und Steigeisen an den Stiefeln getan? Oder ein Ninja-Anzug mit Klauen?

Freunde, die den Fetisch teilen

Ich muss zugeben, dass vor allem die Kletterfähigkeit sehr praktisch sein kann. Sie ergänzt deinen Mauersprung perfekt.

Dass deine Familie und Freunde diesen Mummenschanz unterstützen, finde ich übrigens auch nicht gut. Luigi, Peach und Toad mögen das witzig finden, aber wenn bis zu vier Katzen gleichzeitig auf dem Bildschirm herumtollen, nimmt es für mich überhand. Jeder von euch bringt besondere Fähigkeiten mit, die auch in feliner Gestalt erhalten bleiben: Luigi springt höher, Toad rennt schneller und Peach kann für ein paar Sekunden schweben. Das kennt man schon aus Super Mario Bros. 2 (dem Remake von Yume Kōjō: Doki Doki Panic). Ansonsten erinnert mich das Mehrspieler-Gewimmel an New Super Mario Bros. Wii: Man trägt einander über schwierige Passagen oder hilft als Plattform aus, kann sich jederzeit in eine Seifenblase einhüllen und zu den Kollegen fliegen - was auch passiert, wenn man sich allzu weit vom Primärspieler mit dem Controller entfernt.

Daneben! Ich gebe zu, dass so ein Katzenkostüm auch Vorteile hat.

Die besonderen Eigenschaften der Charaktere verleihen dem Mehrspielerpart zusätzliche Tiefe. Außerdem kann es sinnvoll sein, je nach Level mit einem anderen Helden loszuziehen. Der Schlangen-König (Boss von Welt 4) war zum Beispiel schnell besiegt, dank des Schwebe-Manövers von Prinzessin Peach. Man klettert im Katzenkostüm die Helfer-Schlangen hoch, die um den Fiesewicht herum senkrecht aus dem Boden schießen, nutzt sie als Plattform, und hüpft der Oberschlange dreimal aufs gekrönte Haupt. Klappt auch per Wiimote gut - trotz fehlenden Analogsticks.

Doch zurück zur Intervention. Lieber Mario: Ich hoffe, dass du dir meine Besorgnis zu Herzen nimmst und deinen Tierkostümfetisch zurückschraubst. Denke an deine Vorbildfunktion! Weder muss es im nächsten Spiel einen Hunde-, Sittich- oder Hasenklempner geben, noch eine gewagte Neuinterpretation des "Italian Stallion". Es wird wieder Zeit, sich etwas zu erden. Erinnere dich an deine Intermezzi als Bäcker (Yoshi's Cookie), Arzt (Dr. Mario) oder Reinigungsfachkraft (Super Mario Sunshine). Ich will dir nicht den Spaß am Verkleiden verleiden, aber es muss nicht immer Fell sein. Manchmal reichen auch Latzhose, Mütze und ein Schnauzbart. Back to the roots!

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