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Super Mario Bros. Wonder im Test: Ein Wunder, dass ihr euch noch wundert!

Ein Perpetuum Mobile des Einfallsreichtums.

Rundherum aufgefrischt und endlos einfallsreich steckt Mario bei seinem nächsten 2D-Abenteuer voller Überraschungen. Näher an ein neues Super Mario World kommen wir so schnell nicht.

Im Anlauf auf diesen Test trieb mich vor allem eine Frage um: Fair war das nicht gerade, oder? Als Spieleredakteur mit tief bis in die 1990er zurückreichender Laufbahn ist man einer mit derart nostalgischer Macht ausgestatteten Marke wie Mario beinahe komplett ausgeliefert. Ich kann diese Brüder einfach nicht nicht mögen. Es ist eine der wenigen Serien, bei denen ich mich bisweilen sorgte, wie man das unvoreingenommen bewerten kann.

Irgendwann merkte ich jedoch: Eigentlich ist es die falsche Frage. Denn wenn der Charme so entwaffnet, die Hüpfmechanismen und Klempnerphysik in vier Dekaden dermaßen poliert wurden und die Technik so unerreicht solide ist – dann ist es eben so, dass ein Spiel schlichtweg wenig Angriffspunkte bietet. Egal, wie gerne man auch eigentlich kritteln würde. Insofern nehmen wir doch einfach mal das Resultat vorweg: Viel besser kann man 2D-Hüpfer nicht machen!

In Elefantenform darf man sogar Röhren verschieben. Ich dachte eigentlich, die hielten die Welt zusammen.

Super Mario Bros. Wonder steht damit in einer Reihe mit den großen Spielen dieser Art, viele davon natürlich aus der eigenen Firmenhistorie, aber auch die letzten beiden Raymans kommen einem in den Sinn oder Indie-Klassiker wie Celeste. Für mich steht es deutlich vor New Super Mario Bros. und insbesondere dem zweiten Teil (auch wenn der eine oder andere das Multiplayer-Chaos vermissen wird. Hier schubstm an sich schließlich nicht mehr durch die Gegend!). Vor allem beschleicht einen das Gefühl, endlich einen echten Nachfolger zu Super Mario World bekommen zu haben. Die Ähnlichkeit des Titels ist vermutlich weniger Zufall als ein verstecktes Signal, was man hier bekommt.

Es ist Mario, aber nicht, wie ihr es kennt

Auf der anderen Seite spielt Super Mario Bros. Wonder natürlich mit dem offensten Blatt Karten, das man sich vorstellen kann: Es ist einfach das, was ihr erwartet, wenn euch jemand ein bis zur Perfektion poliertes 2D-Jump-and-Run verspricht. Und alle, die sagen, das brächte ihm keine neuen Freunde ein, haben noch keinen Sechsjährigen beim Erstkontakt mit diesem Spiel erlebt. Aber natürlich: Stand man dieser Reihe bisher indifferent oder ablehnend gegenüber, dürfte sich das hiermit nicht ändern.

Mal ist das Licht aus, mal der Hintergrund der Boden. Das Blumenkönigreich will euch auf jedem Meter überraschen.

Aber es stimmt schon: Das vertraute Gefühl, das sich einstellt, wenn man diese quietschbunte Oberwelt nach und nach entschlüsselt, und die Art, wie die Kontrollen binnen weniger Minuten ins Blut übergehen, als liefe man eigenen Fußes durch diese Level, erzeugen bisweilen einen ungerechten Reflex. Nämlich den, die Güte dieses Spiels als selbstverständlich anzusehen. Dabei sind die Abwesenheit von Irritationen, die Natürlichkeit, mit der man sich hier bewegt und auf jedem Meter ohne speziellen Grund guter Laune ist sowie der “was passiert wohl, wenn ich…”-Effekt, eben nicht zufällig oder gar aus nostalgischer Verklärung entstanden.

Solche Dinge sind Teil einer von Spielerseite beinahe ungreifbaren Qualität. Allüberall vorhanden und spürbar, verflüchtigt sie sich beinahe komplett, wenn man den Controller weglegt, und hinterlässt wenig mehr als ein wohliges Gefühl über eine gut verbrachte Zeit. Das macht es nicht einfacher, über dieses Spiel zu schreiben – und die Einschränkungen, worüber ich vor Verkaufsstart reden darf, sind nicht gerade hilfreich – aber das soll euer Problem nicht sein.

Seid ihr schneller als die Schwerkraft die Kugel den Hügel runterzieht?

Das Wunder vom Blumenkönigreich

Also, von vorn: Super Mario wagt in Wonder seinen ersten Ausflug ins Blumenkönigreich, was wohl der interessanteste Twist an diesem Spiel ist, denn der sorgt dafür, dass hier ein paar Dinge anders laufen. Das gilt nicht nur für die Optik, die nach dem mittlerweile arg angestaubten und vergleichsweise gedeckten New Super Mario Bros. endlich wieder “knallt”, als gäbe es kein Morgen. Auch, was den Ausdruck der Helden und ihrer Gegner angeht, gibt es eine Menge zu sehen und viele kleine, oft sogar klitzekleine Animationen erinnern daran, dass HD etwas Feines ist, wenn die Entwickler etwas damit anzufangen wissen.

Ich lache über aufgebrachte Grimassen von Peach, Mario und Konsorten, freue mich über die Art, wie der Klempner seine in der Luft stehende Mütze hinter sich herzieht, nachdem der Rest von ihm gerade den Abgang durch eine Röhre machte. Oder wie sich Elefanten-Daisy durch eine Tür quetscht. Grundgütiger, ist das lustig! Es gibt Stachelblöcke mit Schnullern im Mund, die sich darüber freuen, hin und her zu rutschen, wenn der Boden unter ihnen Schieflage bekommt. Watschel-Feinde mit Riesenmäulern, die verdattert in die Leere gucken, wenn sie euch nicht erwischen, und die sich erschrecken, wenn einer von diesen Gegnern plötzlich ihnen nachstellt. Es steckt so viel Persönlichkeit in jeder Bewegung – alle Verwandlungen in alternative Mario-Formen sind Animationskunst sondergleichen. Und all das passiert vor lebhaften Hintergründen, die aus Bonbons, Schokolade und Zuckerwatte gestaltet zu sein scheinen.

Nicht immer wartet am Ende einer Welt ein Bosskampf.

Doch das ist nur die eine Seite: Auch inhaltlich bricht man mit ein paar Regeln und untergräbt die Erwartungen von Spielern und Spielerinnen, die diese Reihe schon länger kennen. Das beginnt bei Gegnern, die unvorhergesehene Dinge tun, etwa Extras oder andere Feinde zu fressen und Panzer in eure Richtung zurückkicken und erstreckt sich auch auf die neuen Formen, die Mario und seine Entourage annehmen können. Als Mariofant eine grüne Röhre seitlich durch die Gegend zu schieben ist als Fan dieser Reihe ein unfassbar cooler Moment. Seifenblasen zu verschießen, die kurzzeitig als Plattform dienen können und so den Sprung verlängern, ist ebenfalls sehr nett.

Super Mario und die wundersamen Wundersamen

Zentral dafür, wie das Spiel seinen User kalt erwischt, sind aber vor allem die Wonder-Effekte. Wichigste Währung für das sukzessive Entschlüsseln der Weltkarte sind nämlich Wundersamen. In regulären Levels bekommt ihr einen davon für das Erreichen des Ausgangs, einen zweiten dafür, wenn ihr eine Wunderblume findet und den folgenden Wundereffekt übersteht. Und hier kann so einiges passieren, was maßgeblich verändert, wie ihr einen Level erlebt. Es geschehen zum Teil Fiebertraum-artige Sachen, die geschickt mit eurer Wahrnehmung eines Mario-Levels spielen oder anderweitig an den Stellschrauben der Welt drehen. Man weiß nie, was als Nächstes passiert und es ist sehr motivierend, auch die besser versteckten Wunderblumen zu finden. Die Welt spielt einfach komplett verrückt, wenn man eine Wunderblume findet und das ist jedes Mal aufs neue toll, toll, toll.

Zu wissen, wo die Wunderblume ist, reicht nicht. Manchmal ist das Rätsel, wie ihr an sie herankommt. An dieser Stelle habe ich es nicht herausgefunden.

Überhaupt gibt es eine Menge gut versteckte Geheimnisse sowohl in den Levels selbst als auch auf der Oberweltkarte. Wie oft ich mich auf Verdacht in einen Abgrund stürzte oder auf sprichwörtlich jeden Stein in einem Bildschirm umdrehte, vermag ich nicht zu zählen. Folgende Einschätzung ist zwar ein wenig gefährlich, weil ich nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob mir nicht ein paar sehr gut verborgene Sachen durch die Lappen gegangen sind. Ich hatte aber den Eindruck, dass Super Mario World seine geheimen Ausgänge und versteckten Stages eine Ecke raffinierter vor mir verbarg. Ist vielleicht einfach auch der neuen, inklusiveren Zeit geschuldet. Nicht schlimm, denn es gibt so viel, was überrascht oder auf falschem Fuß erwischt oder einfach mit seinem Charme komplett um den Finger wickelt. Im Fall der neuen Mumsies-Feinde ironischerweise, während man diese Mumien abwickelt, um sie zu besiegen.

Neu sind auch die Abzeichen, die euch zum Teil stärken oder sogar mit neuen Moves einhergehen. Zwischen den Levels oder zwei Versuchen wechselt ihr sie unkompliziert per Druck auf R, um euch auf eine neue Situation vorzubereiten oder den Gegebenheiten einer Stage zu entgegnen. Der Delfin-Kick, der einen extrem schnellen Schwimmzug ermöglicht, ist in trockenen Welten eher weniger zu gebrauchen. Aber diverse Aktionen sind deutlich universaler: eine Ranke, mit der ihr euch an Wände zieht, ist ebenso fast überall praktisch, wie der Klimmsprung, der euch an einer Wand Höhe gewinnen lässt, bevor ihr von ihr abspringt. Auch ein an Yoshis Strampelsprung erinnernder Move, eine Fallschirmmütze oder der Hochsprung aus der Hocke sind mit dabei. Mein einziger Kritikpunkt an dem System wäre wohl, dass im lokalen Mehrspielermodus alle das gleiche Abzeichen tragen müssen.

Wer auf die Schatten anderer Spieler achtet (hier nicht im Bild), erhält oft Hinweise, wie versteckte Wunderblumen und andere Geheimnisse zu entdecken sind.

Das In-Game-Lädchen und der Online-Modus von Super Mario Bros. Wonder

Ein anderer Kritikpunkt hat mit der neuen Blumenwährung zu tun und der erschöpft sich darin, dass ich selten allzu große Lust hatte, mir etwas in dem Poplin-Shops damit zu kaufen. Natürlich nimmt man angebotene Wundersamen gerne mit oder kauft hier und da einen der Aufsteller, die im Online-Modus andere Spieler wiederbeleben. Aber im Grunde wird es zur Routine, nur gelegentlich einmal hereinzuschneien, um zu kaufen, was man noch nicht hatte. Vereinzelt kommt ein Abzeichen hinzu, das durchaus hilfreich ist, aber die besten verdient man sich in einfachen Prüfungs-Levels dazu. Die wirtschaftliche Seite dieses Mario – wenn man sie denn so nennen will – ist also nicht so wahnsinnig interessant. Nicht schlimm oder störend, aber es wirkt ein wenig unterentwickelt.

Das dachte ich zuerst auch über den Online-Modus, in dem andere Spieler, anders als lokal, nur als Schatten auftauchen oder als Pappaufsteller, die sie hinterlassen, damit man sich nach einem Absturz an ihnen wiederbelebt. Mit der Zeit liebte ich aber, dass mir die Umrisse der anderen auch subtile Hinweise auf versteckte Blöcke oder geheime Wege gaben. Das gilt vor allem für die Suchtrupp-Levels, in denen man fünf gut versteckte Blumenmarken finden muss, wenn man den Wundersamen bekommen möchte. Eine schöne, unaufdringliche Art, online zu spielen.

Mache ich, es sei denn, ich vergesse es. Was gut passieren kann.

Interesse? Super Mario Bros. Wonder gibt es im Nintendo eShop für Switch für 59,99 Euro


Super Mario Bros. Wonder Test – Fazit:

Der Name ist eigentlich doppelt Programm. Einerseits, weil er eine berechtigte Nähe zu Super Mario World sucht, die das Spiel selbst längst gefunden hat. Andererseits, weil das Verwundert-sein, wundersame Ereignisse, das “Sich-wundern-ob…” die Gefühlswelt der Spielenden derart dominieren, dass sich das “Wonder” im Titel einfach richtig anfühlt. Super Mario Bros. Wonder ist ein Jump-and-Run, das sich im Verstecken von Geheimnissen, im Neuerfinden seiner eigenen Formel ergeht und damit schön auf den Punkt bringt, was Fans im Herzen lange wissen: So vertraut Mario auch sein mag, so wandelbar und anders ist er doch immer wieder. In Super Mario Bros. Wonder stimmt das Level um Level aufs Neue. Toll!

Super Mario Wonder
PROCONTRA
  • Gewohnt fantastisches Spielgefühl
  • Überraschende Wundereffekte mit viel Humor
  • Wunderbarer neuer Look
  • Viele gut versteckte Geheimnisse
  • Überaus charmante Animationen
  • Abzeichen-System könnte flexibler sein
  • Oberweltkarte etwas zu klein für den Handheld-Bildschirm
  • Spielwährung und Läden sind eine Dreingabe ohne große Tragweite

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