Super Night Riders - Test
Wie schwierig kann ein solider Rip-off eines über 30 Jahre alten Arcade-Spiels schon sein?
Sei vorsichtig, was Du Dir wünscht. Sei vorsichtig, wenn jemand sagt, er hätte es und es kostet nur 10 Dollar. Und sei um Himmels willen vorsichtig, wenn es auf dem Xbox-Rating-System, wo selbst Turbo-Gurken noch 2,5 von 5 willkürlichen Sternen bekommen, auch noch das Komma und die Fünf wegstreichen muss. Willkommen bei Super Night Riders.
Ja, ich wollte immer mal ein neues Hang On haben. Es war einer der ersten Automaten, die ich überhaupt mal sah und spielte - damals gab es zwar noch Arcades, aber das „ab 18" wurde leider beachtet - und ich wünschte mir immer eine neue Version davon. Ein simpler Arcade-Motorrad-Racer mit einer guten Sega-Steuerung und einem modernen Look. Zugegeben, diesen bekam ich letztes Jahr mit DriveClub Bikes auf der PS4, aber hey, einer mehr geht meistens. Und was sind schon 10 Dollar - ich bin gerade sowieso auf US mit meinem Region-Setting, zumindest bis Microsoft in der Lage ist, Sprache und Land getrennt zu betrachten, was sie einen weiteren Schritt von Trump und AFD abheben würde. Eine Menge Geld, wie sich herausstellte. Wäre das ein Gratis-Werbespiel von einem Motorrad-Hersteller, würde man mit den Schultern zucken und denken, dass die wohl nah an der Pleite manövrieren, wenn sie nicht mehr als 100 Dollar in die Entwicklung stecken. Auf der anderen Seite, zu erwarten, dass mehr als Zehn Leute das Spiel kaufen, damit es kostendeckend ist, ist schon ein mutiges Geschäftsmodell.
Was ihr bekommt, ist zumindest vom Aufbau her Sega-Arcade. Sechs Abschnitte in jedem Rennen, entweder alle Regionen - sechs gibt es - in Folge oder eine Region mit wechselnden Tageszeiten. Macht summa summarum sieben Spielrunden. Das ist okay. Für 1985. Und die Spielhalle. Und eine Spielhallenumsetzung. Heutzutage, bei dem aktuellen Indie-Markt? Dünn. Aber kein Problem, wenn das Spiel so gut ist, dass es immer wieder Spaß macht. Was es für keine Sekunde tut.
Es beginnt schon mit der Grafik. In einer Indie-Welt, die sich damit überbietet, einen Retro-Look nach dem anderen rauszuhauen, mal mehr, mal weniger erfolgreich, da muss doch etwas Anderes drin gewesen sein als das hier. Das sieht schlimmer aus als Segas traurige 3D-Remakes auf der PS2 und die waren schon grausig. Das hier ist viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel schlimmer. Viel Schlimmer. Okay, eins noch. Viel schlimmer. Das genügt. Mehr wäre ungerecht. Ich weiß ehrlich nicht mal, wie ich es beschreiben soll. Guckt euch die Videos an, es ist, als hätte jemand das 3D Construction Kit von 1991 auf die Xbox portiert und damit die Objekte hier erstellt. Und den Rest des Spiels gleich mit.
Das ist nämlich das größte Problem. Der Ablauf, einfach nur allem auszuweichen und die Strecke abzuschließen bevor die Uhr ausläuft, ist kein Thema, das ist nur nah am Original. Dieses ließ sich aber gut steuern, was dann den Spielspaß ausmachte. Das hier nicht. Es ist absolut grausig. Hektisch, unpräzise und gleichzeitig geradezu primitiv, wenn es dann an irgendwelche Manöver geht. Diffiziles Anbremsen ist nicht, Gänge, nicht mal die üblichen zwei, sind Fehlanzeige. Flash-Rennspiele der einfacheren Art sind anspruchsvoller als das, was auch erklärt, dass ich in einer Stunde meinen Gamerscore deutlich erhöhen konnte. Das Spiel schmeißt mit den Punkten um sich, als wären es Bonbons zum Karneval. Die ersten gibt es dafür, dass ihr das Spiel startet! Wie billig kann man eigentlich sein?
Der Sound furzt konsequent dazu vor sich hin und selbst Hang On für das Sega Master System hatte authentischeren Motoren-Sound. Und besseren Sound generell, denn selbst wenn die vier Musikstücke noch das sehr relative Highlight dieses Machwerks sind, in meinem Chiptune-verwöhnten Ohren sind sie bestenfalls Stangenware.
Gibt es denn gar nichts Gutes über Super Night Riders zu sagen? Doch, natürlich. Ich brauche mich nicht länger zu fragen, was ich mit diesen 13 Dollar Guthaben anfangen soll, das gibt mir inneren Frieden. Gut ist auch, dass PS4-Spieler sich im Anschluss mit DriveClub Bikes trösten können und es dann gleich noch besser finden als zuvor. Schlecht ist, dass es noch keine Super-Hang-On-Version im Sega Classic Pack auf Steam gibt. Und sonst alles, was direkt mit Super Night Riders zu tun hat. Es ist primitiver, unglaublich hässlicher Anti-Spaß, der wunderbar zeigt, dass auf jedes gute Indie-Spiel mittlerweile auch ein paar Dutzend solcher Machwerke kommen. Also, Augen auf im Straßenverkehr und wenn euch jemand die Erfüllung eurer Wünsche für 10 Dollar verspricht.