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Super Paper Mario

Das Warten hat sich gelohnt

Der Clou jedoch ist, dass diese vermeintlich zweidimensionalen Welten durchaus eine dritte Dimension besitzen, die Mario per Knopfdruck für einen gewissen Zeitraum besuchen kann. So weicht er nicht nur Hindernissen und Gegnern mit einem einfachen Schritt zur Seite aus, sondern findet versteckte Wege und Items, die in der Seitenansicht aufgrund davor platzierter Level-Elemente nicht sichtbar sind.

Und dieser Trick, etwas Überraschendes hinter etwas Offensichtlichem zu verbergen, zieht sich durch das gesamte Spiel: Da seien zum Beispiel die Kämpfe genannt, die im Grunde wiederum wie in einem Jump'n'Run ablaufen. Auf einen Widersacher hüpfen und fertig.

Fast. Denn tatsächlich ist es so, dass jeder Kontrahent eine bestimmte Anzahl an Lebenspunkten besitzt, so dass ein einfacher Sprung häufig nicht ausreicht. Wie groß der Schaden ist, den er verursacht, kann Mario im Gegenzug beeinflussen, indem er den Level seiner Angriffskraft steigert. Oder indem er geheime Karten sammelt, die den Schaden für einen Gegnertyp verdoppeln. Auch Mario segnet nicht bei der ersten Feindesberührung das Zeitliche: Er besitzt gleichermaßen Lebenspunkte, die er per Item (gibt’s in Läden gegen Münzen) jederzeit wieder auffrischen und bei einem Level-Up sogar erhöhen kann.

Ein weiteres Highlight sind die so genannten Pixls und die Rätsel, welche sie in Verbindung mit der vertrackten Welt ermöglichen. Pixls stellen im Prinzip das Pendant zu den Begleitern aus den Vorgängern dar, nur kämpfen sie nicht mit, sondern stellen Euch jeweils eine besondere Fähigkeit zur Seite. Tippi etwa, der erste Pixl, analysiert Teile der Umgebung, wenn Ihr die Wiimote auf den Bildschirm richtet. Davon abgesehen steuert Ihr Mario übrigens, indem Ihr den Controller waagerecht haltet, mit Steuerkreuz und vier Tasten. Aber weiter im Text: Platto, ein anderer Pixl, sorgt dafür, dass Ihr durch engste Spalten schlüpfen könnt, Kawummso sprengt Euch den Weg frei, mit Sörfa könnt Ihr knapp über dem Boden schweben und das ist nur der Anfang.

Bowser übt hier schonmal für Super Mario Galaxy.

Je weiter Ihr im Spiel fortschreitet, desto mehr Pixl stehen Euch zur Seite und desto schwieriger werden die Aufgaben - weil Ihr auf immer mehr Details in der Umgebung achten müsst: Ist das nicht eine schmale Lücke im Gemäuer, durch die man kriechen könnte? Und war da nicht ein Riss im Felsen, den man sprengen sollte? Hinzu kommt, das die vier Hauptcharaktere ebenfalls unterschiedliche Eingenschaften besitzen: Nur Mario kann die dritte Dimension besuchen, nur Peach mit ihrem Schirm über breite Abgründe schweben, nur Bowser Feuer spucken und nur Luigi wirklich hoch springen. An einigen Stellen müsst Ihr deshalb ganz schön nachdenken.

Den Überblick verliert man dennoch selten, was in erster Linie dem überragenden Leveldesign zuzuschreiben ist; sinnigerweise linearer und doch so voller unerwarteter Einfälle. Jedes kleine Kapitel ist ein bisschen anders, sowohl von der ohnehin einzigartigen Optik als auch vom Ablauf her. Mal kämpft Ihr in der Wüste gegen einen Boss im Stile von Shadow of the Colossus, mal erkundet Ihr eine vollständig in schwarz-weiß gehaltene Dimension, mal jagt Ihr durch eine Kästchenwelt einen Nerd. Dann müsst Ihr Zwangsarbeit für eine Haushälterin leisten, deren kostbare Vase Ihr zerbrochen habt, später als Quizmaster herausfinden, wer ein möglicher Helfer und wer sein fieser Doppelgänger ist. Ein anderes Mal findet Ihr Euch mit Peach in einer Art Dating-Simulation wieder.

Der Gegner rollt vorbei: Wozu 3D nicht alles nützlich sein kann...

Ich könnte viel mehr erzählen, aber ich will nicht alles vorwegnehmen, denn Super Paper Mario ist eines dieser wenigen Spiele, bei denen man beim besten Willen nicht einmal erahnen kann, was einen hinter der nächsten Ecke erwartet. Genau das ist letztendlich wahrscheinlich auch das Problem dieser ominösen Anfangsminuten: Man weiß nicht, wohin sich das Spiel bewegen wird und es hat den Anschein, als habe es das Spiel selbst ebensowenig. Als könne es sich nicht entscheiden, ob es ein unglaublich simples Rollenspiel oder ein viel zu lahmes Jump'n'Run sein will. Aber, um es erneut zu betonen: Dieser Eindruck trügt glücklicherweise und spätestens wenn Mario seinen zweiten Pixl gefunden hat, offenbart sich das wahre Super Paper Mario.

Und dieses wahre Super Paper Mario ist es, auf das wir in den letzten Monaten zu Recht gewartet haben. Es ist nicht das waschechte Jump'n'Run, das manch einer erhofft haben mag, und es ist nicht das waschechte Action-Rollenspiel, das manch einer erwartet hat. Aber es pickt sich das Beste aus beiden Genres und verbindet diese Mischung mit wahnwitzigen Ideen, anspruchsvollen Rätseln sowie einem genialen Leveldesign und Grafikstil. Was will man mehr?

Super Paper Mario für die Wii ist im Handel erhältlich.

9 / 10

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