Surgeon Simulator 2 und warum Games mehr Dummheit wagen sollten
Nun ist das alberne Chirurgenspiel auch auf der Xbox und Steam erhältlich. Alex erinnert das daran, warum er vermeintlich dumme Games so liebt.
Surgeon Simulator 2 ist da! Schon wieder! Soll heißen, nach dem letztjährigen Release im Epic Game Store dürfen ab sofort auch Xbox-Spieler und Steam-User die alberne OP-Simulation als Access-All-Areas-Version erleben, Game-Pass-Abonnenten sogar, ohne noch extra Geld über den Tresen zu reichen.
Der erste Teil war einer der prominentesten Vertreter des Genres, das man teils liebevoll, teils ein bisschen abschätzig Fumblecore nennt: Ein Spiel, das seine Kontrollen absichtlich überkomplex oder unintuitiv anlegt, um den Spieler in eine Slapstick-Maschine zu verwandeln und für maximales Pläsier beim Zuschauer zu sorgen. QWOP wäre einer der Pioniere, Octodad ein anderer Artgenosse, den der beziehungsweise die eine oder andere kennen dürfte. Spiele also, die sich ohne Scham an eurem Leid ergötzen.
Wie der Name schon sagt, geht es in Surgeon Simulator 2 in eine Reihe karikierter Operationssäle, diesmal zu viert - und macht euch bloß keine Gedanken um Sterilität, nicht mal das Wohlergehen des Patienten scheint im Vordergrund zu stehen [bloß nicht vergessen, einen Witz über unser profitorientiertes Gesundheitssystem an dieser Stelle einzufügen!]. Hier wäre es schon ein Wunder, dem Patienten beim Festhalten des Arms zur Amputation per Säge das gute Stück mal nicht komplett aus dem Gelenk zu reißen.
Surgeon Simulator 2 lebt davon, den Spieler mit blöden, physikbasierten Überraschungen wie dieser und steuerungstechnischer Überforderung aufs Glatteis zu führen. Und wenn dann drei Mitspieler hysterisch und dezent ungelenk eure Katastrophe wieder auszubügeln versuchen und dabei alles natürlich nur noch schlimmer machen, geht nicht selten das große Gelächter los. Es ist einfach zu blöde, um nicht ein paar Mal laut loszuprusten - und dank guter Community-erstellter Schöpfungen (eine Capture-the-flag Variante, war für ein, zwei Runden gut, ein digitales Piano überraschte, wie potent die Tools doch sind) und umfassendem DLC nicht länger nur auf eine Serie aus Operationen beschränkt. Die Surgeon-Simulator-Community hatte in dem Jahr seit dem ersten Launch ein paar wundervoll dämliche Ideen.
Ich bin nicht sicher, wie oft oder lange ich über Surgeon Simulator 2 lachen werde - und das ist dank Game Pass auch ein Stück weit egal -, aber die paar Male, die ich es bis jetzt spielte, gelang ihm das ziemlich zuverlässig. Ungeachtet der Frage der spielerischen Langzeitmotivation - die man besser nicht erst stellt - ist es ein nettes Hang-out-Erlebnis für zwischendurch, das man dank Game Pass am besten mit ein paar Freunden und Freundinnen ausprobiert. Und wenn es dann zwei, drei beschwipste Abende waren, an denen man dem leidgeprüften Computermenschen Bob den Brustkorb zur Transplantation seines gebrochenen Herzens mit einem Hackebeil zertrümmert und das zu transplantierende Organ noch zwei Mal fallen lässt, bevor man es einsetzt, dann ist das auch ok und damit gut gewesen.
Das Bein lag schon dort, als ich hereingekommen bin, ich schwöre!
Tatsächlich hat mir Surgeon Simulator gezeigt, dass ich Spiele vermisse, die sich in ihrer eigenen kindischen Blödheit suhlen. Denn auch das muss man erstmal überzeugend hinbekommen! Ich will damit nicht sagen, dass jedes Spiel so sein sollte und liebe nach wie vor Spiele wie Outer Wilds, Portal oder Kerbal Space Program. Titel, die von vorne bis hinten so clever sind, dass es einem Ehrfurcht vor diesem Medium einflößt. Aber Sachen wie Genital Jousting, Donut County, Katamari Damacy, EDF oder eben Surgeon Simulator haben eine Existenzberechtigung, die nicht so einfach wegzudiskutieren ist.
Sie sind so herrlich einfach gestrickt, absurd und entwaffnend losgelöst jeglicher Eitelkeiten, dass sie mich immer wieder daran erinnern, nicht alles im Leben so ernst zu nehmen. Neben gut gemachter Nostalgie sind sie der kürzeste und effektivste Weg, in mir so etwas wie kindliche Freude zu wecken. Und dafür bin ich dankbar. Kann man zwischendurch auch mal ruhig so sagen.
Und jetzt entschuldigt mich, ich muss Bossa Studios ein neues Franchise pitchen: Den "Sturgeon Simulator", in dem ein Stör sein Zuhause am Meeresgrund gen Festland verlässt, um sich per Anhalter auf die Suche nach der Liebe zu machen. In Schottland nimmt ihn eine Spitzenpolitikerin in ihrer Limousine mit, die sich entscheiden muss, mit ihm durchzubrennen oder die Loslösung ihres Landes von Großbritannien durchzusetzen. Ein interaktives Drama über Herkunft, Sehnsucht und darüber, dass ein hässlicher Knochenfisch manchmal alles ist, was zwischen Fortbestand und Niedergang des britischen Empire steht.