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Tales from the Borderlands, Episode 5: The Vault of the Traveler - Test

Der König ist tot, lang lebe der König.

Eurogamer.de - Herausragend Badge
Ein wunderbarer Abschluss einer wilden Achterbahnfahrt. Die erste Staffel von Tales from the Borderlands ist Telltales bislang bestes Werk.

Bislang galt die erste Staffel von The Walking Dead gemeinhin als Telltales bislang bestes Werk. Aber das war einmal. Dontnods Life is Strange ist zwar auch nah dran, doch mit Tales from the Borderlands hatte ich in den Monaten seit dem Start Ende 2014 einfach den meisten Spaß - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Tatsächlich ist diese wilde Achterbahnfahrt das lustigste Spiel, das ich je gespielt habe.

Das liegt zum einen daran, dass sich Tales from the Borderlands im Gegensatz zu The Walking Dead oder Life is Strange nicht im geringsten Maße ernst nehmen muss - will es auch gar nicht. So laut wie hier an vielen Stellen der einzelnen Episoden musste ich bei einem Videospiel noch nie loslachen. Gleichzeitig ist es den Autoren gelungen, wirklich sympathische Protagonisten zu erschaffen, mit denen ihr trotz all der Absurditäten, in die sie immer wieder geraten, mitfiebert und mitleidet, die euch mit jeder Episode ein kleines bisschen mehr ans Herz wachsen. Ganz egal, ob das nun Menschen oder Roboter sind. So unterschiedlich sie zu Beginn sein mögen, am Ende sind daraus echte Freundschaften entstanden.

Brenzlige Situation.

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie wunderbar Telltale hier der Wechsel zwischen ernsthaften, emotionalen Augenblicken und dem nächsten Lacher gelingt - und solche Sachen sind umso effektiver, wenn ihr nicht damit rechnet. Ihr glaubt, das Spiel drückt gerade so richtig auf die Tränendrüse, doch im nächsten Augenblick habt ihr schon wieder ein Lächeln auf den Lippen, ob nun durch irgendeinen Kommentar, eine Geste oder schlicht Situationskomik. Manchmal braucht es dafür gar keine Worte und Tales from the Borderlands hat dieses Wechselspiel im Verlauf der ersten Staffel perfektioniert.

Berücksichtigt werden beim finalen Showdown zugleich diverse eurer Entscheidungen aus der gesamten Staffel, wodurch sich das Finale zum Teil recht unterschiedlich spielt. Auf wessen Unterstützung ihr hier bauen könnt, hängt direkt von eurem vorherigen Handeln ab. Habt ihr zum Beispiel Zer0 im Staffelauftakt beeindruckt, hilft er euch hier gerne weiter. Das Gleiche gilt für Athena und Jenny Springs, wenn ihr dafür gesorgt habt, dass ihre Beziehung nicht in die Brüche geht. Gleichermaßen führt man euch so vor Augen, wie viele Personen Fiona und Rhys auf ihrer abenteuerlichen Reise beeinflusst haben - manchmal zum Positiven, manchmal zum Negativen - und wie sie dabei vorgegangen sind. Das, was ihr getan habt, vergessen die anderen nicht - und wenn ihr sie unterstützt habt, revanchieren sie sich mit Freude. Geht ja schließlich um eine Vault, wer wäre da nicht gerne dabei?

Na? Überrascht, wer hinter der Maske steckt?

Es ist schlicht und ergreifend dieses Gesamtpaket aus einer im Grunde ernsten, aber mit sehr viel (schwarzem) Humor und Herz präsentierten Geschichte, die Tales from the Borderlands so derart unterhaltsam macht, dass die Zeit mit jeder Folge wie im Flug vergeht. Hinzu kommt die Sprache der Bilder, die perfekte Wahl des Soundtracks und ein Gespür für das richtige Pacing. Vor allem aber habt ihr das Gefühl, dass die Ereignisse in Tales from the Borderlands einen wirklich großen Einfluss auf das gesamte Borderlands-Universum haben - oder zumindest mal auf den Planeten Pandora. Zur Story der finalen Episode steuerte übrigens auch Borderlands-Autor Anthony Burch seinen Teil bei.

Und es ist verdammt schwierig, im Detail über die besten Momente dieser Episode zu sprechen, weil so ziemlich alles davon in den Bereich der Spoiler fallen würde. Und ich möchte hier wirklich niemandem den Spaß verderben. Rätseltechnisch hält sich Vault of the Traveler jedenfalls stark zurück und lässt die Geschichte dafür umso mehr glänzen. Klar, das ist spielerisch nicht sonderlich anspruchsvoll, aber bei dem Unterhaltungswert muss es das auch nicht sein. Der Höhepunkt ist zweifelsohne eine Sequenz, die an einen Arcade-Automaten erinnert. Und alleine das und die daraus resultierenden Szenen rechtfertigen schon, diese Episode zu spielen. Mehr noch als das Psycho-Rennen in der ersten Episode. In bestimmten Szenen lag ich fast am Boden.

Es ist zuweilen einfach nur extrem albern und absurd, mitunter gar richtig eklig, aber gleichzeitig urkomisch. Und weil man dabei stets das richtige Maß trifft, ist es eben so wundervoll und funktioniert einfach im Rahmen seiner Möglichkeiten. Trotz seiner augenzwinkernden Präsentation misslingt es den Entwicklern nicht, auf verschiedene ernstere Themengebiete einzugehen, etwa hinsichtlich Gier, Familie oder Freundschaft, gleichzeitig sind die Charaktere wohldurchdacht und harmonieren auf wunderbare Art und Weise miteinander. Jeder von ihnen hat seine ganz eigenen Glanzmomente, die inmitten all der Geschehnisse zum Tragen kommen. Zum Ende hin habt ihr das Gefühl, dass so ziemlich jeder von ihnen eine echte Entwicklung durchgemacht hat - eine, die ihr beeinflusst habt.

Ich hätte gerne eine echte Version von Gortys für zuhause. Sie ist einfach zu niedlich.

Auf die Finger hauen muss ich Telltale jedoch einmal mehr wegen der Technik. Wie schon in der dritten Episode zeigen sich auf der Xbox One im letzten Drittel des Finales stellenweise einige wirklich arge und nervige Nachladeruckler, was besonders in den Actionsequenzen mit ihren schnellen Szenenwechseln einen alles andere als guten Eindruck hinterlässt. Und mal wieder stelle ich mir dabei die Frage, ob das nun ein Problem der Entwickler oder doch der Engine ist? Andere Spiele bekommen schnelle Wechsel der Szenerie jedenfalls weitaus besser hin als Telltale. Es ist wirklich an der Zeit, dass hier mal etwas passiert.

Den Zweiflern, die Bedenken hatten, dass Telltale und Borderlands zueinander passen, hat das Entwicklerstudio mit Tales from the Borderlands eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen. Natürlich ähnelt es vom Aufbau her anderen Episodenspielen und bietet spielerisch wenig Anspruchsvolles, aber die Tatsache, dass es sich zu keiner Sekunde selbst ernst nimmt, befreit es von jedweden Restriktionen und gibt den Entwicklern die Möglichkeit, zu tun, was auch immer sie wollen. Und das machen sie auf eine oftmals sehr absurde, aber zugleich emotionale und in höchstem Maße unterhaltsame Art und Weise. Das hier ist kein kleiner Nebenschauplatz im Borderlands-Universum, den ihr getrost ignorieren könnt, es hat echte Auswirkungen auf Pandora und seine Bewohner - mehr, als man es im Vorfeld vermutlich erwartet hatte. Es sind Dinge, die die Zukunft des Planeten maßgeblich beeinflussen dürften. Tatsächlich ist es somit nicht nur Telltales bislang bestes Werk, sondern in puncto Story der mit Abstand beste Borderlands-Titel. Chapeau, Telltale!

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