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Tempest 4000: Auch auf Switch ein grandioser Trip - aber für mich noch nie ein richtig gutes Spiel

Lasst mich die Umsetzung von Tempest 4000 mal zum Anlass nehmen, um einen Klassiker zu sezieren.

Jeff Minter ist ja gar nicht dafür verantwortlich, dass es Tempest gibt, wurde das erste doch von Dave Theurer erdacht und programmiert. Minter fand das Konzept allerdings klasse, entwickelte 1994 das Remake Tempest 2000 und hält seitdem die Fackel der psychedelischen Röhren-Action in der Hand. Mit dieser entfacht er stets eindrucksvolle Pixelfeten, bei denen altmodische Vektorkunst im modernen Neon-Schick über den Bildschirm fetzt, als hätte es die letzten 20 Jahre nicht gegeben.

"Röhre" übrigens, weil man sein Raumschiff auf dem Rand eines Tunnels bewegt, während die Gegner auf dessen Innen- und Außenwand entlang kriechen. Nun ist der Tunnel in den seltensten Fällen tatsächlich eine Röhre, sondern ein in jedem Level anders gefalteter Querschnitt: mal ein Dreieck, mal eine Art Sichel und wenn man Pech hat eine Schleife - was deshalb nicht von Vorteil ist, weil man das Schiff immer in Relation zu dessen eigener Position bewegt. Ein Druck auf die Linkstaste bewirkt daher in den seltensten Fällen eine Ortsänderung von rechts nach links und genau da fängt der Ärger für mich an.

Denn eigentlich habe ich kein Problem damit, etwa Videospielautos aus der Vogelperspektive relativ zu ihrer Position zu bewegen. Doch in Tempest ist das aus irgendeinem Grund bedeutend schwieriger. Da will mein Kopf einfach nicht so wie das Spiel, weshalb ich in einigen der späteren Schlaufen entweder zu lange überlege oder umgehend in einen Gegner knalle. Dass beides denkbar ungünstig für das Vorankommen in einem rasanten Arcade-Shooter ist, versteht sich von selbst.

Sekunde, bitte! Sobald das visuelle Endorphin abgeklungen ist, darf man endlich kontrolliert weiterspielen.

Und wieso bewegt sich das Schiff eigentlich so träge? Es ist nämlich gar nicht so einfach, diese Kralle (engl. Claw) präzise vor einen Angreifer zu setzen, weshalb ich viel zu oft nur grob über die Gegner wische, anstatt Angreifer präzise aufs Korn zu nehmen. Und so eine träge Steuerung geht für mich gar nicht. Ich schaue dich an, Super Mario Bros.!

Richtig ärgerlich finde ich aber erst die Lesbarkeit des Geschehens bzw. deren gelegentliche Abwesenheit - bei einem Spiel dieser Kategorie eine durchaus empfindliche Einschränkung. Irgendwie scheint Minter das kunterbunte Spektralspektakel jedenfalls schon immer wichtiger zu sein als die Action und so zündet er auch mit Tempest 4000 ein retroinspiriertes Feuerwerk, in dem man mitunter kaum noch erkennen kann, was Freund und Feind gerade tun. Hauptsache Pixelparty! Wer braucht schon Continues?

Nicht mal das eigentliche Spiel empfinde ich als so richtig ausgereift. Dabei weiß Minter freilich, was er tut. Mit seinen fast 60 Lenzen hat er schließlich an einer ganzen Reihe solcher und ähnlicher Projekte gearbeitet, darunter Tempest-Derivate, die sich gefühlt nur namentlich vom Vorbild unterscheiden. Und trotzdem kann man hier in Situationen geraten, aus denen es praktisch kein Entrinnen gibt, was die darauffolgenden Bildschirmtode umso frustrierender macht. Erreichen die Feinde nämlich den Rand der Röhre, stellen sie fatale Fallen dar. Denen könnte man zwar ausweichen, nur ist das leider dermaßen fummelig, dass es spätestens dann zum frustrierenden Glücksspiel wird, wenn sich mehrere davon direkt nebeneinander befinden.

Frustrierend: Wer so in die Falle gerät, darf weiterspielen, wird mit Sicherheit aber ein Leben verlieren.

Gut, vielleicht verstehe ich Minter ja nur nicht, obwohl schillernde Arcade-Sachen genau mein Ding sind. Zumindest krame ich alle paar Jahre eine seiner Tempest-Varianten hervor und lasse mich eine Zeitlang in dem famosen Farbrausch samt coolem Soundtrack treiben. In dem frisch auf Switch erschienenen Tempest 4000 wählt man sogar zwischen drei verschiedenen Playlists, findet mit dem Survival-Modus eine alternative Spielweise und kann in der Classic-Variante nach jedem Level mit der zuletzt dort erzielten Highscore sowie den damals vorhandenen Leben fortfahren. Altmodische Idealisten starten hingegen im Pure-Modus jedes Mal komplett von vorne.

Das ist natürlich komfortabel, funktioniert auch auf Switch einwand- sowie ruckelfrei und motiviert zum Angriff auf die sowohl lokalen als auch weltweiten Punktelisten - so man sich hier grundsätzlich gut aufgehoben fühlt. Und ich will ja gar nicht verhehlen, dass ich den hippen Retro-Trip nicht ebenfalls sehr faszinierend finde. Nur habe ich für mich heuer wieder festgestellt, dass mir ein ebenso knalliges, spielerisch aber bedeutend griffigeres Geometry Wars oder Crimzon Clover dann doch um Welten lieber ist.

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