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Tenchu 4: Shadow Assassins

Stressed in Black

Trotz des Verzichts auf 480p – Shadow Assassins läuft in eigentlich sehr bescheidenen 480i Widescreen – gelang hier ein kleiner, sehr hübscher Kurosawa zum Durchspazieren, und Ihr solltet es genießen, selbst wenn die Musik sich einfach nicht so richtig einpassen mag.

Die meiste Zeit spielt sie einfach so, wie sie grad lustig ist. Kein Feind in der Nähe, das schreit doch geradezu nach einem Crossover aus China-Restaurant und J-Rock. X Japan meets Chu Hongs Tempel der sieben Köstlichkeiten in der wunderbaren Welt der Kitschmusik. Das klingt jetzt im Spiel bei weitem nicht so schlecht, wie es scheinen mag, und passen Situation und Soundtrack mal zusammen, ist auch alles gut. Leider scheint dieses Zusammentreffen ein wenig zufallsabhängig zu sein und mehr als einmal werdet Ihr Euch beim Schleichen nervös umschauen, warum denn jetzt die hektischen Action-Gitarren einsetzen.

Die grantelnd grummelnde Sprachausgabe von Freund und Feind fügt sich ganz ordentlich in einen nicht zu überraschenden Plot um Intrige und Verrat in Alt-Japan ein. Euer Ninja mag zwar ein eiskalter Killer sein, der Wächter mitunter auch im Schlaf meuchelt, aber er tut es auf der moralisch richtigen Seite und straft das Böse in der Welt. Ein wenig ausgefeilter, insbesondere bei der Absetzung der Figuren von den üblichen Abziehbildern, hätte es aber schon sein dürfen.

Letztlich dient das Ganze aber sowieso nur als Luxus-Ausrede, um Euch durch irgendwelche gut bewachten Objekte zu hetzen. Und auch wenn der Grundablauf sich natürlich stets ähnelt – schleichen, meucheln, Ausgang erreichen –, fühlt es sich nicht danach an. Es gelang einen Aufbau zu basteln, der Euch immer vor kleine und frische Variationen der geläufigen Situation „Wie komme ich an der Wache vorbei“ setzt.

Tenchu 4: Shadow Assassins - Rikimaru

Shadow Assassins verzichtet auf die früher teilweise weitläufigen Areale, größtenteils auf das Herumwandern auf Dächern und spielt sich mit der Zeit, und vor allem nach der widerspenstigen Zähmung der Kontrollen, noch weit taktischer als es früher der Fall war. Mit wilder Offensive gewinnt Ihr hier gar nichts, jede Bewegung will noch genauer geplant sein und jeder Einsatz der auf das notwendige reduzierten Items muss sitzen.

Statt Bergen an Krams, konzentriert es sich auf Essentielles wie Shuriken, eine Angel, um an Schlüssel oder ähnliches zu kommen. oder ein Bambusrohr zum Transport von Fackellöschwasser. Bei der Herangehensweise hilft Euch der Ninja-Blick per Z-Taste, der gleichzeitig auch als Rundblick fungiert. Die Blicke der Wachen, ihre Reichweiten, die Lichtquellen und schattigen Fleckchen sowie günstige Verstecke in Schränken oder Vasen werden hervorgehoben. Dank dieses Features fühlt Shadow Assassins sich wie eine Third-Person Version von Commandos oder eben nach den guten Passagen der frühen Metal Gear Solid–Teile an.

Es ist eine überzeugende Konstellation von Elementen, in der Ihr ab einem gewissen Punkt sogar aufhört über die Steuerung zu fluchen, sondern ihre Unzulänglichkeiten als weiteres Hindernis in die Planung miteinbezieht. Eine zu überhüpfende Kiste wird dann halt als ein „Könnte klappen“ in die Wahrscheinlichkeitsrechnung bei der Abschätzung des Planes hinzufügt. Nachdem Ihr mit Ninja Rikimaru die erste Hälfte in diesem Stil bestritten habt, erhaltet Ihr als zweiten Charakter die Ninja-esse Ayame. Ihre Abschnitte finden, ich möchte fast sagen leider, ein wenig mehr zum früheren Stil der Tenchu-Reihe zurück. Mehr Dächer, mehr Bewegung, letztlich bleibt aber auch sie dem frischeren Ansatz so weit treu, dass hier kein kompletter Rückfall in alte Tage stattfindet.

Frauen räumen halt gerne auf.

Profis werden monieren, dass es durch das Rücksetzen an den Anfang eines Abschnitts beim gleichzeitigen permanenten Ableben der Wachen sehr leicht möglich ist, das Ende des etwa ein Dutzend Missionen umfassenden und gut zehnstündigen Plots zu erreichen. Stimmt. Werdet Ihr aber ständig entdeckt, bestraft Euch das Spiel mit unterirdischen Rankings und verwehrt Euch den Zugang zu den knackigen und getimten Zusatzmissionen. Auf sinnlose Mini-Spielchen wurde verzichtet, das bedeutet aber nicht, dass Tenchu 4 nach dem ersten Durchspielen im Regal verschwinden wird. Durch das Ranking-System bleibt hier viel Anreiz, die Aufgaben richtig zu meistern und sich wirklich Ninja-Style durchzupirschen. Ungesehen. Ungehört. Unbesiegt.

Trotz all des Pixelblutes führt Tenchu 4: Shadow Assassins seinen brutalsten Kampf gegen die eigene Steuerung und trägt nur mit Mühe einen knappen Sieg davon. Selbst wenn Ihr den komplett missratenen Schwertkampf außen vorlasst, bleiben genug Mängel in der Handhabung, um ein geringeres Spiel ins vorzeitige Grab zu schicken.

Dank seines geschickten Levelaufbaus, die sehr taktische und spannende Konzentration auf einzelne Situationen und das, was es ausmacht, ein Ninja zu sein – oder was man als Normalverbraucher dafür hält –, kann man aber mit Geduld und Selbstbeherrschung diese Makel ein Stück weit in den Hintergrund drängen. Und dann entdeckt Ihr das beste Spiel einer Reihe, die scheinbar endlich zu sich selbst findet. Niemals gesehen werden, jeden Schritt genau kalkulieren, aus dem Schatten zuschlagen und wieder mit ihm verschmelzen. Ambitionierte und leidensfähige Hobby-Ninja können sich auf die Reise wagen, alle anderen packen zusätzlich zu den Shuriken noch einen Stressball mit ein.

Tenchu 4: Shadow Assassins ist ab sofort und ohne Jugendfreigabe für die Wii erhältlich. Eine PSP-Version ist geplant.

6 / 10

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